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Wirtschaftsumfeld | Ungarn | Investitionsklima

Gutes Investitionsklima für Industrieprojekte

Niedrige Steuern und großzügige Zuschüsse machen Ungarn für industrielle Ansiedlungen attraktiv. Hohe Energiekosten und knappe Arbeitskräfte sind wichtige Standortnachteile. 

Von Kirsten Grieß | Budapest

Trotz schwacher Konjunktur in Europa brechen die Nachrichten von ausländischen Großinvestitionen in Ungarn nicht ab. Ein besonderer Mix aus Standortfaktoren macht Ungarn selbst in Krisenzeiten attraktiv: Die Körperschaftsteuer liegt bei 9 Prozent, der Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben bei 13 Prozent. Das durchschnittliche Lohnniveau erreicht nur etwas mehr als ein Drittel des EU-Durchschnitts. Die EU-Mitgliedschaft macht den Standort nicht nur für europäische Unternehmen attraktiv, Drittstaaten eröffnet Ungarn den Zugang zum EU-Binnenmarkt. Die zentrale Lage in Mittelosteuropa und die gute Verkehrsinfrastruktur sind weitere Stärken.

Deutsche Investoren schätzen am Standort Ungarn vor allem die qualifizierten Fachkräfte, das Marktvolumen und besondere Investitionsanreize. Kostenvorteile und die staatliche Förderpolitik bieten ein günstiges Investitionsumfeld. Für Handelsunternehmen ist die Kundennähe in Ungarn ein wichtiger Pluspunkt.

Größte deutsche Investoren in Ungarn (Stand: Januar 2023)

Unternehmen

Branche

Umsatz 2022 in Mio. Euro

Audi HungariaAutomobilindustrie

8.515

Mercedes-Benz Manufacturing HungaryAutomobilindustrie

4.015

Lidl MagyarórszagEinzelhandel

2.485 *)

Bosch ElektronikaAutomobilzulieferer 

1.841

Magyar TelekomTelekommunikation

1.630

* 2023, keine Angaben zu 2021 und 2022 verfügbar.Quelle: EMIS (ISI Emerging Markets Group Company) 2023

Lösung für den Arbeitskräftemangel nicht in Sicht

Es gibt aber auch Nachteile, die je nach Branche stärker ins Gewicht fallen. So subventioniert Ungarn zwar die Energiekosten privater Haushalte, für die Wirtschaft lagen die Energiepreise indes 2023 europaweit an der Spitze. Das belastet die Industrie und ist für deutsche Investoren ein Standortrisiko. 

Die hohe Beschäftigungsquote hat außerdem zur Folge, dass in wirtschaftlich starken Regionen Arbeitskräfte knapp werden. Durch ihre erfolgreiche Ansiedlungspolitik schaffte die Regierung zuletzt jährlich über 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Es ist absehbar, dass sich der Arbeitskräftebedarf ohne Fachkräfteeinwanderung nicht mehr decken lässt. 

Weite Teile der ungarischen Bevölkerung lehnen Einwanderung ab. In einem neuen Gastarbeitergesetz verschärfte die ungarische Regierung Ende 2023 die Beschäftigungsbedingungen für Nicht-EU-Ausländer. Anfang 2024 legte das ungarische Wirtschaftsministerium außerdem eine Höchstzahl von 65.000 jährlich zu vergebenden Arbeitsvisa fest, rund 300 Berufe wurden im gleichen Zug von der Visavergabe ausgeschlossen. Führende deutsche Unternehmen im Land begegnen dem Fachkräftemangel, indem sie enge Kooperationen mit lokalen Bildungseinrichtungen aufbauen. 

Rechtsunsicherheit durch staatliche Eingriffe

Seit Anfang 2020 regiert Viktor Orbán Ungarn per Dekret. Der zunächst aufgrund der Coronapandemie verhängte Notstand wurde 2022 wegen des Ukrainekriegs verlängert. Der Notstand erlaubt es Orbán, geltende Gesetze aufzuheben und Zwangsmaßnahmen mit Verordnungen durchzusetzen. Das nutzte die ungarische Regierung, etwa um Preisdeckel für Lebensmittel festzulegen. Auch sektorale Sondersteuern für Unternehmen wurden so auf den Weg gebracht. Sondersteuern gelten unter anderem für den Einzelhandel, Telekommunikationsunternehmen, Arzneimittelhersteller und Banken. Betroffen sind vorrangig ausländische Unternehmen, was bei Investoren zu erheblicher Verunsicherung führt. 

Die Europäische Kommission macht die Auszahlung von EU-Mitteln von Verbesserungen der Rechtsstaatlichkeit, der öffentlichen Auftragsvergabe und der Transparenz bei der Verwendung von EU-Geldern abhängig. Nichtregierungsorganisationen kritisieren die weit verbreitete Korruption in Ungarn.

Jährlich neue FDI-Rekorde

Laut UNCTAD erreichte der Wert ausländischer Direktinvestitionen (FDI) in Ungarn 2022 umgerechnet knapp 100 Milliarden Euro. Für 2023 meldete die staatliche Investitionsförderagentur HIPA einen Rekordzufluss an FDI von 13 Milliarden Euro. 

Deutschland ist der größte Investor und wichtigste Handelspartner Ungarns. Das Gewicht asiatischer Investitionen nimmt seit einigen Jahren allerdings merklich zu. Nach China und Südkorea lag Deutschland 2023 nur auf Platz 3 der jährlichen Nettozuflüsse. Als Zielmarkt für deutsche Exporte belegte Ungarn 2022 Rang 13.

"Ungarn ist zur Begegnungsstätte von Investoren aus Ost und West geworden."

István Joó CEO, Hungarian Investment Promotion Agency (HIPA)

Investitionsförderung: Großprojekte, groß bezuschusst

Die ungarische Regierung setzt auf aktive Industriepolitik und lässt sich das auch etwas kosten. Ausländische Großinvestitionen ab einer Investitionssumme von 5 Millionen Euro können über Regierungsbeschlüsse individuell gefördert werden. Das umfasst Barzuschüsse von bis zu 50 Prozent der Investitionssumme, Steuerreduzierungen und Ausbildungsunterstützung. Außerdem verpflichtet sich die Regierung, für Großinvestitionen die erforderliche Infrastruktur bereitzustellen.

Die Förderintensität ist regional gestaffelt. Im Sommer 2023 wurde die entsprechende Regierungsverordnung zuletzt angepasst. In bestimmten Regionen sind bereits Investitionen von 3 Millionen Euro förderfähig, außerdem wurde der Höchstsatz auf 60 Prozent der Investitionssumme angehoben. Neu ist auch, dass Projekte im Komitat Pest, dem Umland der Hauptstadt Budapest, ebenfalls förderfähig sind. Die Förderquote beträgt dort 50 Prozent der Investitionssumme. Bei kleinen und mittleren Unternehmen kann die maximale Fördersumme unabhängig vom Basiswert um bis zu 20 Prozent überschritten werden.  

Ansprechpartner für Investitionsvorhaben ist die Hungarian Investment Promotion Agency (HIPA). Die nationale Investitionsförderagentur gehört zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Auswärtiges und Außenhandel. An erster Stelle berät sie potenzielle Investoren zur Standortauswahl, zu Fördermöglichkeiten und Steuervergünstigungen. HIPA agiert als wichtige Schnittstelle zwischen Investoren, zuständigen Ministerien, staatlichen Behörden und örtlichen Verwaltungen. Unterstützung beim Markteintritt in Ungarn bietet auch die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (AHK Ungarn).

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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