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Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Investitionsklima

Mangelnde Rechtssicherheit belastet Investitionsklima

Vietnam ist weiterhin ein interessanter Investitionsstandort in Südostasien. Gerade im Hinblick auf die Bürokratie und Rechtssicherheit gibt es jedoch noch Verbesserungsbedarf.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Vietnam hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformen auf den Weg gebracht, die das Geschäftsklima für ausländische Unternehmen verbessert haben. Allerdings sind Korruption und fehlende Rechtssicherheit weiterhin Hindernisse.

Firmenvertreter hoffen langfristig auf die Wirkung einer derzeit laufenden, verstärkten Antikorruptionskampagne. Aufgrund dieser schrecken aber viele staatliche Stellen auf allen Ebenen vor schnellen Entscheidungen zurück. Dringenden Entscheidungsbedarf gibt es aber, etwa bei der künftigen Ausrichtung des Energiesektors, beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und bei der Digitalisierung der Verwaltung. 

Verwaltungsprozesse können langfristig und teuer werden

Die Umsetzung beschlossener Reformen wird durch eine ineffiziente und intern konkurrierende Verwaltung erschwert. Dies trifft vor allem ausländische Unternehmen. Um die eigene Industrie zu schützen, schreckt die Regierung nicht davor zurück, Einfuhren oder Investitionen in Einzelbereichen durch wenig transparente, ad hoc getroffene Regularien zu erschweren.

Die Beantragung und Änderung von Geschäftslizenzen sowie Arbeitserlaubnissen kann unberechenbar und zeitintensiv sein. Wegen einer vorgelagerten Investitionsprüfung ist die Lizenzierung für ausländische Firmen deutlich aufwendiger als für inländische. Insgesamt müssen Unternehmer mit circa 10.000 Euro und mindestens drei Monaten für den gesamten Lizenzierungsprozess rechnen. Außerhalb von Industrieparks kann die Suche und Zuteilung eines geeigneten Grundstücks eine Unternehmung um mehrere Jahre verzögern. 

Auf der anderen Seite profitieren deutsche Firmen in Vietnam von geringen Lohnkosten und dem Freihandelsabkommen mit der EU. Anders als in anderen Ländern der Region gibt es in Vietnam zudem keine Quoten, wie viele vietnamesische Mitarbeitende für einen Ausländer eingestellt werden müssen. Auch können sich hundertprozentige ausländische Unternehmen in Vietnam ansiedeln und ihre in Vietnam versteuerten Gewinne ins Ausland transferieren. Ganze 81 Prozent der deutschen Unternehmen in Vietnam sind mit ihren Geschäften mindestens zufrieden und 35 Prozent beabsichtigen, weiter vor Ort zu investieren. Das ist das Ergebnis der Herbstumfrage 2024 der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) Vietnam.

"Das Werk ist so geplant, dass schnell erweitert werden kann"
Daniel Henn, Managing Director, Fuchs Lubricants Vietnam, Neues Fuchs-Werk in Vietnam Daniel Henn, Managing Director, Fuchs Lubricants Vietnam, Neues Fuchs-Werk in Vietnam | © Antonina Kulbakina - www.tonyaseye.com

Daniel Henn ist Managing Director bei Fuchs Lubricants Vietnam. Der Schmierstoffhersteller aus Mannheim ist 2007 mit einem Vertriebsbüro in Vietnam gestartet. Im September 2023 eröffnete die Firma ihre erste eigene Produktionsstätte im Land und beschäftigt Ende 2023 insgesamt 35 Mitarbeitende.

 

Dieses Interview haben wir erstmals im November 2023 veröffentlicht.
 

Warum hat sich Fuchs Lubricants für ein Werk in Vietnam entschieden?

Als ausländische Firma darfst du in Vietnam keine auf Mineralöl basierenden Produkte verkaufen. Somit mussten wir unsere im Ausland gefertigten Produkte immer über lokale Distributoren vertreiben. Mit unserem lokalen Joint-Venture-Partner und der eigenen Produktion können wir den Markt nun auch direkt bedienen. Die Investitionen in die Produktionsstätte kamen für unsere Firma zu einem recht frühen Zeitpunkt, doch mit dem rasanten Wachstum des vietnamesischen Marktes wird sich das in den kommenden Jahren auszahlen. Zurzeit produzieren wir nur für den lokalen Markt, doch schon in den kommenden Jahren planen wir auch zu exportieren.

 

Was stimmt Sie so zuversichtlich?

Zurzeit ist das Land noch sehr stark vom Export abhängig. Doch mit der wachsenden Mittelschicht dürfte sich zukünftig auch der inländische Markt gut entwickeln. Auch die Nähe zu China und die gute Anbindung an internationale Seewege sind ein Plus. Es ist zurzeit noch möglich, gut ausgebildete Mitarbeitende zu bekommen. Die wirklich guten kosten aber richtig Geld! Doch wir brauchen Leute, auf die man sich wirklich verlassen kann. Ich denke, das zahlt sich am Ende aus.

 

Welches sind für Sie die größten Herausforderungen in Vietnam?

Was am meisten Zeit gekostet hat, insgesamt mehr als ein halbes Jahr, war die Geschäftslizenz zu erhalten. Dagegen ging beispielsweise die Mehrwertsteuererstattung für die Baukosten sehr unkompliziert, zügig und komplett digital vonstatten. Etwas anderes, was uns Zeit gekostet hat, waren die strengen Brandschutzvorschriften und Umweltauflagen. Insgesamt könnte die Infrastruktur im Süden besser sein. Da haben wir aber Glück mit unserem brandneuen Industriepark, der mit einem Binnentiefseehafen sehr gut angebunden ist. 

 

Haben Sie Tipps für andere deutsche Firmen, die sich in Vietnam engagieren wollen?

Es ist wichtig, sich den Markt und die Industrieparks im Vorfeld genau anzusehen. Die Firmen müssen sich darüber im Klaren sein, was sie mit einem Investment in Vietnam erreichen wollen und dann prüfen, ob das zum Markt passt. Wichtig ist eine gute Beratung für den Markteinstieg. Uns hat zudem sehr geholfen, einen lokalen Minderheits-Joint-Venture-Partner zu haben. Damit ging alles beim Werksaufbau viel leichter und schneller. Ohne lokale Mitarbeitende kommt man hier nicht weiter. Expats sollten Erfahrungen aus Asien, bestenfalls aus China, mitbringen und eine Brücke zwischen Deutschland und Vietnam schlagen können.

 

Verarbeitende Industrie zieht Investitionen an

Großinvestoren kommen traditionell aus der asiatischen Nachbarschaft – vor allem aus Südkorea, Singapur, Japan, Taiwan, Hongkong und China. Auf sie entfiel bis Ende 2024 mehr als 70 Prozent des registrierten Investitionsbestands. Die Datenlage zu den tatsächlich realisierten Investitionen ist schlecht, aber die offiziellen Zahlen zu registrierten Investitionsprojekten dürften die Tendenz gut widerspiegeln. Demnach erhielt die verarbeitende Industrie mit 61 Prozent den Löwenanteil des investierten Kapitals. Etwa 15 Prozent des investierten Kapitals flossen in den Immobilienmarkt.

Namhafte deutsche Unternehmen produzieren in Vietnam

Die bisher realisierten Investitionen deutscher Firmen könnten sich nach Berechnung der Auslandshandelskammer bis Ende 2024 auf rund 3,6 Milliarden US-Dollar (US$) belaufen. Das sind 1,1 Prozent des gesamten Investitionsbestands von rund 323 Milliarden US$. Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen in Vietnam hat sich rund um Ho-Chi-Minh-Stadt niedergelassen. 

Nach Daten der AHK Vietnam für 2024 unterhalten 530 deutsche Gesellschaften Niederlassungen in Vietnam. Etwa ein Drittel ist ausschließlich im Vertrieb tätig. Immerhin 110 Unternehmen haben Fabriken in Vietnam errichtet, darunter Bosch, Schäffler, B.Braun und Knauf oder – wie Stada – lokale Firmen übernommen. Im Jahr 2024 haben unter anderem Kärcher, Ziehl-Abegg, Freudenberg Performance Materials und SEW Eurodrive die Produktion im Land aufgenommen.

Die deutschen Firmen kommen aus verschiedenen Branchen. Ein Schwerpunkt besteht im Bereich Textil und -bedarf, unter anderem mit Fabriken von Seidensticker, Van Laack, Amann, Groz-Beckert und Wendler. Auch aus dem Bereich "Business Outsourcing" haben sich viele deutsche Firmen im Land angesiedelt. Größter Arbeitgeber unter den rund 70 Firmen ist Digi-Texx mit 1.200 Mitarbeitern. Die Firma hat Mitte 2024 eine neue Betriebsstätte fernab der Wirtschaftszentren in der Mekong-Provinz Hau Giang errichtet. 

Die größten deutschen Investoren in Vietnam kommen aus unterschiedlichen Branchen

Unternehmen

Branche

Investitionssumme in Mio. US$

MesserIndustriegase

512

BoschTechnologische Produkte und Lösungen aus dem Bereich Automotive

450

HDIVersicherungs- und Vorsorgelösungen 

260

Stada - PymepharcoPharmazeutika

250

B.BraunArzneimittel und Medizinprodukte

160

SchaefflerKfz-Teile

117

Groz-BeckertNadeln für Textilindustrie

113

Jeweils nur Stammkapital.Quelle: Auslandshandelskammer Vietnam 2024

Investitionsförderung: Die Regierung lockt mit Steueranreizen

In- und ausländische Investitionen sind in Bezug auf staatliche Fördermaßnahmen gleichgestellt. Die Förderlandschaft ist jedoch unübersichtlich und die Unterstützung hängt davon ab, als wie wichtig ein Projekt von der vietnamesischen Seite angesehen wird. Die Investitionsanreize beschränken sich auf folgende Formen: 

  • Befreiungen oder Vergünstigungen von Körperschaftsteuer- und Einfuhrabgaben,

  • günstige Landnutzungsbedingungen,

  • beschleunigte Abschreibungen,

  • Zuschüsse für Forschungs- und Entwicklungszentren.

Der genaue Standort, der Umfang und die Branche der Investition bestimmen das Ausmaß der Förderung. Die Regierung möchte verstärkt die Ansiedlung moderner, nachhaltiger und technologisch fortgeschrittener Industrien unterstützen. Daher betreffen Fördermaßnahmen unter anderem die Informations-, Bio- und Automatisierungstechnologie sowie Halbleiter und Künstliche Intelligenz. 

Regional werden insbesondere Projekte in wirtschaftlich benachteiligten Gebieten, vorwiegend im bislang hinterherhinkenden Hochland, gefördert. Industrieparks spielen eine Schlüsselrolle bei der Ansiedlung und bieten je nach Region unterschiedliche Anreize. Qualitativ unterscheiden sich die einzelnen Industrieparks erheblich – gerade im Hinblick auf Infrastruktur sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen. Rund um Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt werden die Zonen teurer und nehmen nicht mehr jeden Investor auf.

GermanyTrade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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