Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Investitionsklima
Mangelnde Rechtssicherheit belastet Investitionsklima
Vietnam ist weiterhin ein interessanter Investitionsstandort in Südostasien. Gerade im Hinblick auf die Bürokratie und Rechtssicherheit gibt es jedoch noch Verbesserungsbedarf.
09.01.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Vietnam hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformen auf den Weg gebracht, die das Geschäftsklima für ausländische Unternehmen verbessert haben. Allerdings sind Korruption und fehlende Rechtssicherheit weiterhin Hindernisse.
Firmenvertreter hoffen langfristig auf die Wirkung einer derzeit laufenden, verstärkten Antikorruptionskampagne. Aufgrund dieser schrecken aber viele staatliche Stellen auf allen Ebenen vor schnellen Entscheidungen zurück. Dringenden Entscheidungsbedarf gibt es aber, etwa bei der künftigen Ausrichtung des Energiesektors, beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und bei der Digitalisierung der Verwaltung.
Verwaltungsprozesse können langfristig und teuer werden
Die Umsetzung beschlossener Reformen wird durch eine ineffiziente und intern konkurrierende Verwaltung erschwert. Dies trifft vor allem ausländische Unternehmen. Um die eigene Industrie zu schützen, schreckt die Regierung nicht davor zurück, Einfuhren oder Investitionen in Einzelbereichen durch wenig transparente, ad hoc getroffene Regularien zu erschweren.
Die Beantragung und Änderung von Geschäftslizenzen sowie Arbeitserlaubnissen kann unberechenbar und zeitintensiv sein. Wegen einer vorgelagerten Investitionsprüfung ist die Lizenzierung für ausländische Firmen deutlich aufwendiger als für inländische. Insgesamt müssen Unternehmer mit circa 10.000 Euro und mindestens drei Monaten für den gesamten Lizenzierungsprozess rechnen. Außerhalb von Industrieparks kann die Suche und Zuteilung eines geeigneten Grundstücks eine Unternehmung um mehrere Jahre verzögern.
Auf der anderen Seite profitieren deutsche Firmen in Vietnam von geringen Lohnkosten und dem Freihandelsabkommen mit der EU. Anders als in anderen Ländern der Region gibt es in Vietnam zudem keine Quoten, wie viele vietnamesische Mitarbeitende für einen Ausländer eingestellt werden müssen. Auch können sich hundertprozentige ausländische Unternehmen in Vietnam ansiedeln und ihre in Vietnam versteuerten Gewinne ins Ausland transferieren. Ganze 81 Prozent der deutschen Unternehmen in Vietnam sind mit ihren Geschäften mindestens zufrieden und 35 Prozent beabsichtigen, weiter vor Ort zu investieren. Das ist das Ergebnis der Herbstumfrage 2024 der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) Vietnam.
Verarbeitende Industrie zieht Investitionen an
Großinvestoren kommen traditionell aus der asiatischen Nachbarschaft – vor allem aus Südkorea, Singapur, Japan, Taiwan, Hongkong und China. Auf sie entfiel bis Ende 2024 mehr als 70 Prozent des registrierten Investitionsbestands. Die Datenlage zu den tatsächlich realisierten Investitionen ist schlecht, aber die offiziellen Zahlen zu registrierten Investitionsprojekten dürften die Tendenz gut widerspiegeln. Demnach erhielt die verarbeitende Industrie mit 61 Prozent den Löwenanteil des investierten Kapitals. Etwa 15 Prozent des investierten Kapitals flossen in den Immobilienmarkt.
Namhafte deutsche Unternehmen produzieren in Vietnam
Die bisher realisierten Investitionen deutscher Firmen könnten sich nach Berechnung der Auslandshandelskammer bis Ende 2024 auf rund 3,6 Milliarden US-Dollar (US$) belaufen. Das sind 1,1 Prozent des gesamten Investitionsbestands von rund 323 Milliarden US$. Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen in Vietnam hat sich rund um Ho-Chi-Minh-Stadt niedergelassen.
Nach Daten der AHK Vietnam für 2024 unterhalten 530 deutsche Gesellschaften Niederlassungen in Vietnam. Etwa ein Drittel ist ausschließlich im Vertrieb tätig. Immerhin 110 Unternehmen haben Fabriken in Vietnam errichtet, darunter Bosch, Schäffler, B.Braun und Knauf oder – wie Stada – lokale Firmen übernommen. Im Jahr 2024 haben unter anderem Kärcher, Ziehl-Abegg, Freudenberg Performance Materials und SEW Eurodrive die Produktion im Land aufgenommen.
Die deutschen Firmen kommen aus verschiedenen Branchen. Ein Schwerpunkt besteht im Bereich Textil und -bedarf, unter anderem mit Fabriken von Seidensticker, Van Laack, Amann, Groz-Beckert und Wendler. Auch aus dem Bereich "Business Outsourcing" haben sich viele deutsche Firmen im Land angesiedelt. Größter Arbeitgeber unter den rund 70 Firmen ist Digi-Texx mit 1.200 Mitarbeitern. Die Firma hat Mitte 2024 eine neue Betriebsstätte fernab der Wirtschaftszentren in der Mekong-Provinz Hau Giang errichtet.
Unternehmen | Branche | Investitionssumme in Mio. US$ |
---|---|---|
Messer | Industriegase | 512 |
Bosch | Technologische Produkte und Lösungen aus dem Bereich Automotive | 450 |
HDI | Versicherungs- und Vorsorgelösungen | 260 |
Stada - Pymepharco | Pharmazeutika | 250 |
B.Braun | Arzneimittel und Medizinprodukte | 160 |
Schaeffler | Kfz-Teile | 117 |
Groz-Beckert | Nadeln für Textilindustrie | 113 |
Investitionsförderung: Die Regierung lockt mit Steueranreizen
In- und ausländische Investitionen sind in Bezug auf staatliche Fördermaßnahmen gleichgestellt. Die Förderlandschaft ist jedoch unübersichtlich und die Unterstützung hängt davon ab, als wie wichtig ein Projekt von der vietnamesischen Seite angesehen wird. Die Investitionsanreize beschränken sich auf folgende Formen:
Befreiungen oder Vergünstigungen von Körperschaftsteuer- und Einfuhrabgaben,
günstige Landnutzungsbedingungen,
beschleunigte Abschreibungen,
Zuschüsse für Forschungs- und Entwicklungszentren.
Der genaue Standort, der Umfang und die Branche der Investition bestimmen das Ausmaß der Förderung. Die Regierung möchte verstärkt die Ansiedlung moderner, nachhaltiger und technologisch fortgeschrittener Industrien unterstützen. Daher betreffen Fördermaßnahmen unter anderem die Informations-, Bio- und Automatisierungstechnologie sowie Halbleiter und Künstliche Intelligenz.
Regional werden insbesondere Projekte in wirtschaftlich benachteiligten Gebieten, vorwiegend im bislang hinterherhinkenden Hochland, gefördert. Industrieparks spielen eine Schlüsselrolle bei der Ansiedlung und bieten je nach Region unterschiedliche Anreize. Qualitativ unterscheiden sich die einzelnen Industrieparks erheblich – gerade im Hinblick auf Infrastruktur sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen. Rund um Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt werden die Zonen teurer und nehmen nicht mehr jeden Investor auf.
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