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Künstliche Intelligenz treibt US-Strombedarf nach oben

Die Datencenter von Alphabet, Meta und Amazon haben ein zunehmendes Energieproblem. Bis neue Kraftwerke ans Netz gehen, können energieeffiziente Lösungen für Linderung sorgen.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Künstliche Intelligenz lässt den Strombedarf von Rechenzentren in den USA rapide ansteigen. Dabei stoßen die Erzeugungs- und Verteilungskapazitäten bereits jetzt an ihre Grenzen. Zugleich geraten die Klimaziele der Unternehmen durcheinander. Sie suchen ihr Heil in erneuerbaren Energien, aber auch in der Atomkraft und Kernfusion. Doch Planung und Bau neuer Kraftwerke und Leitungen brauchen viel Zeit. Kurzfristig können Innovationen in Sachen Energieeffizienz das Problem lindern.

Effizientere Kühlung von Hard- und Software

So können die Center selber einen Beitrag zur Energiesicherheit leisten. Denn sie erzeugen große Wärmemengen. Allerdings entfällt rund 35 Prozent ihres Energiebedarfs auf die Kühlung. Dabei gibt es noch viel Raum für Energieeinsparung durch innovative Effizienzmaßnahmen.

Das bietet Chancen für ausländische und auch deutsche Unternehmen. US-Anbieter von energieeffizienten Systemen hinken technologisch oft hinterher. Es fehlen zudem entsprechende Fachkräfte. Darüber hinaus können auch Computerhard- und -software stärker aufs Energiesparen getrimmt werden. Beispiele dafür sind selbst kühlende Mikrochips.

Die US-Techunternehmen investieren massiv. Im 1. Halbjahr 2024 haben allein Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta mehr als 100 Milliarden US-Dollar in die Hand genommen, berichtete das Wall Street Journal im Oktober 2024. Ein bedeutender Teil des Gelds floss in die Entwicklung künstlicher Intelligenz und den Bau von Datenzentren. Dabei entpuppt sich insbesondere die Energieversorgung als Engpassfaktor. Eine Suche auf Chat GPT generiert einen bis zu zehnmal so hohen Strombedarf wie eine klassische Google-Recherche.

Anteil der Datencenter am Stromverbrauch droht rapide zu steigen

Laut einer Studie des Electric Power Research Institute dürfte der von Rechenzentren in den USA generierte Strombedarf alleine zwischen 2023 und 2030 um 80 Prozent steigen. Dabei handelt es sich um den Durchschnittswert von vier Szenarien. Im Extremszenario ist sogar ein doppelt so hohes Wachstum möglich. Der Anteil der Datenzentren am landesweiten Stromkonsum lag 2023 laut dem Analysehaus bei 4 Prozent. Er dürfte bis 2030 auf 6,5 Prozent steigen, im Extremfall sogar auf 9 Prozent.

Hungrige Datenzentren lassen Strombedarf in die Höhe schnellen
Anzahl Datencenter, davon *)

5.400

  exklusive Unternehmensdatencenter

1.100 bis 1.600

  Hyperscale Center (Amazon, Google usw.) 

3.200 bis 3.800

Stromverbrauch 2023 (in Mio. MWh)

152,1

Anteil am nationalen Stromverbrauch 2023

4,0

*) März 2024.Quelle: Electric Power Research Institute 2024

Virginia und Texas haben besonders viele Rechenzentren

In einzelnen Bundesstaaten liegt der Anteil der Rechenzentren am Stromverbrauch sogar im zweistelligen Bereich. Datencenter siedeln sich in der Regel in Regionen mit einer guten Interkonnektivität sowie niedrigen Strom- und Grundstückspreisen an. Virginia an der Ostküste hat sich dabei zum Vorreiter entwickelt. Die dortigen Datenzentren waren 2023 für gut ein Viertel des Stromverbrauchs verantwortlich. Bis 2030 könnte die Quote – je nach Szenario – auf 30 bis 46 Prozent steigen.

Strombedarf von Rechenzentren in ausgewählten US-BundesstaatenStromverbrauch (in Millionen Megawattstunden pro Jahr), Anteil am gesamten Stromverbrauch in Prozent
 

2023

 

2030 *)

 

Bundesstaat

Verbrauch (in Mio. MWh)

Anteil

Verbrauch (in Mio. MWh)

Anteil

Virginia

33,8

25,6

61,8

36,2

Texas

21,8

4,6

39,8

7,5

Kalifornien

9,3

3,7

17,0

6,1

Oregon

6,4

11,4

11,7

17,7

Iowa

6,2

11,4

11,3

17,8

Nebraska

4,0

11,7

7,2

18,2

North Dakota

3,9

15,4

7,1

23,3

Nevada

3,4

8,7

6,2

13,8

* Auswahl; 2030: Durchschnitt der vier prognostizierten Szenarien.Quelle: Electric Power Research Institute 2024

Doch immer mehr lokale Stromanbieter können für neue Projekte keine ausreichende Versorgung mehr garantieren. In manchen Fällen werden Anfragende auf die nächste Dekade vertröstet. In Salt Lake City (Utah) gibt es ein Moratorium für neue Datencenter. In Santa Clara (Kalifornien) werden keine Anträge für Stromanschlüsse mehr angenommen. Virginia müsse teilweise zu Rationierungen greifen, berichtete das Wall Street Journal im September 2024.

Stromhunger durch KI gefährdet Klimaziele

Laut Goldman Sachs benötigt der Sektor zusätzliche Erzeugungskapazitäten im Umfang von 47 Gigawatt. Das entspricht der Leistung von rund zwei Dutzend großen Gaskraftwerken. Zusätzlich müssen die Verteilungskapazitäten ausgebaut werden. Utility Public Arizona beispielsweise peilt für die kommenden zehn Jahre den Ausbau bestehender und den Bau neuer Leitungen mit einer Länge von zusammen rund 1.300 Kilometern an.

Die großen Techunternehmen sorgen sich nicht nur um die Stromversorgung ihrer Rechenzentren, sondern auch um ihre Klimaziele. Die von vielen für Anfang der 2030er-Jahre angepeilte Klimaneutralität droht wegen des Stromhungers der KI in unerreichbare Ferne zu rücken. Die Treibhausgasemissionen von Microsoft seien in den letzten drei Jahren um 30 Prozent und diejenigen von Google in den vergangenen fünf Jahren um 50 Prozent gestiegen, kolportierte die New York Times im Oktober 2024.

Bislang setzten die meisten Techkonzerne auf Wind- und Solarenergie oder auf Geothermie. Doch im Lauf des Jahres 2024 gab es einen Sinneswandel in Richtung Atomkraft. Amazon und Google kündigten den Bau von kleinen modularen Kernkraftwerken an. Microsoft lässt den alten Three-Mile-Reaktor reaktivieren, bei dem es 1979 zu einer Havarie gekommen war. Zugleich hat der Konzern einen Stromabnahmevertrag mit Helion abgeschlossen. Das Start-up will 2028 den ersten Kernfusionsreaktor der Welt in Betrieb nehmen. Die zeitliche Planung ist aber angesichts vieler technischer Probleme mehr als ehrgeizig.

Erneuerbare Energiequellen weiter auf Expansionskurs

Dessen ungeachtet geht der Ausbau regenerativer Energien weiter voran. Dafür sorgt schon alleine der Inflation Reduction Act mit seinen großzügigen Steuergutschriften. Die installierten Kapazitäten werden laut der U.S. Energy Information Administration (EIA) zwischen 2022 und 2050 um durchschnittlich 5 Prozent pro Jahr wachsen, was für den gesamten Prognosezeitraum nahezu einer Vervierfachung gleichkommt. Der Anteil der Erneuerbaren an den gesamten Kapazitäten werde entsprechend von 28 auf 55 Prozent steigen. Gemessen an der Stromerzeugung soll die Quote sogar von 22 auf 63 Prozent zulegen.

Bei der Atomkraft erwartet die Behörde keine Renaissance. Allerdings wurde die Projektion vor der angekündigten Wende der IT-Konzerne bezüglich ihrer Energiepolitik erstellt. Doch gehen Branchenexperten davon aus, dass die neuen Kernkraftwerke – auch die modulartigen Kleinanlagen – kaum preislich wettbewerbsfähig sein dürften. Dafür sind die Skaleneffekte zu gering. Zugleich dürften die ohnehin schon stark gefallenen Preise für grüne Technologien wie Solarmodule angesichts riesiger Überkapazitäten weiter nachgeben.

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