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USA bauen grüne Industrien gegen alle Widerstände aus

Für den Umbau zu mehr einheimischer umweltfreundlicher Produktion braucht es hohe Subventionen und Zölle. Für deutsche Firmen ergeben sich trotz "local content" Zulieferchancen.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Die Klimapolitik hat unter US-Präsident Joe Biden einen Sprung nach vorn gemacht. Ende 2021 hatte das Weiße Haus einen Fahrplan vorgestellt: Die Treibhausgasemissionen der Vereinigten Staaten sollen bis 2030 um 50 Prozent sinken im Vergleich zu 2005. Bis 2050 werden dann null Prozent angestrebt. Die Zielwerte gelten jeweils netto gerechnet.

Zur Erreichung der Vorhaben wurde im Sommer 2022 der Inflation Reduction Act (IRA) erlassen. Unternehmen, die in geförderte Bereiche investieren etwa regenerative Energiequellen, die Elektromobilität oder grüne Industrien , bekommen 30 bis 50 Prozent ihrer Investitionskosten steuerlich sofort gutgeschrieben. Das Programm läuft bis Ende 2031 und ist nicht gedeckelt.

Massive Investitionen in Elektromobilität und Fotovoltaik

Die Reaktionen vonseiten der Wirtschaft folgten prompt. Laut der Solar Energy Industry Association (SEIA) kündigten Unternehmen im Lauf der Jahre 2022 und 2023 Investitionen in Fabriken zur Produktion von Fotovoltaikanlagen im Umfang von rund 100 Milliarden US-Dollar (US$) an. Der Verband errechnete, dass die Produktionskapazitäten für die gesamte "Supply Chain" bis 2026 auf 155 Gigawatt und bis 2033 auf knapp 670 Gigawatt anwachsen werden. Im 1. Quartal 2024 lagen sie jedoch bei weniger als 30 Gigawatt.

Fertigungskapazitäten für FotovoltaikanlagenIn Gigawatt (GW)
Sparte

Leistung *)

Solarmodule

85

Solarzellen

43

Rohmaterial aus Silikon ("Ingots" und "Wafer")

20

Solarwechselrichter

7

insgesamt

155

* Prognose bis 2026.Quelle: Solar Energy Industry Assocation (SEIA) 2024

Auch die amerikanischen und internationalen Autohersteller verstärken ihr Engagement. So wurden in den USA bis Anfang 2024 insgesamt 185 Elektromobilitätsprojekte mit einem Investitionsvolumen von fast 190 Milliarden US$ bekanntgegeben, berichtet der Environmental Defense Fund. 

Doch es gibt Gegenwind: Die Nachfrage nach Elektroautos entwickelt sich viel schwächer als vermutet. Im 2. Quartal 2024 stieg der Absatz laut Cox Automotive um enttäuschende 11 Prozent. In den Vorjahren gab es noch Zuwachsraten von rund 40 Prozent. Der Anteil der Elektroautos an den Gesamtzulassungen lag zwischen April und Juni 2024 bei lediglich 8 Prozent. Vom offiziellen 50-Prozent-Ziel für 2030 ist man damit meilenweit entfernt. 

USA und China als direkte Konkurrenten bei grüner Technologie

Zugleich baut China seine Fertigungskapazitäten für grüne Industrien weiter aus. Schon jetzt ist das Reich der Mitte bei Solarzellen Weltmarktführer. Auch bei Batterietechnik schwimmt die Volksrepublik mit voran. Ende 2023 beliefen sich die Fertigungskapazitäten für Fotovoltaikanlagen in dem Land auf rund 860 Gigawatt, berichtet die China Photovoltaic Industry Association. Das entsprach in etwa dem doppelten der weltweiten Nachfrage. Branchenanalysten erwarten einen weiteren Zuwachs um mehrere Hundert Gigawatt in den nächsten Jahren.

Dank Skaleneffekten und staatlicher Subventionen fluten chinesische Hersteller den Weltmarkt mit billiger Solartechnologie. Laut Wood Mackenzie summierten sich die entsprechenden Exporte 2023 auf rund 230 Gigawatt. Branchenanalysten haben berechnet, dass die Preise für in den USA produzierte Solarzellen in etwa drei- bis viermal so hoch wie entsprechende Produkte "made in China" ausfallen. Auch die chinesischen Hersteller von Elektroautos setzen angesichts eines schwachen Inlandsgeschäfts auf den Export. Hier fallen die Preisunterschiede zwar nicht ganz so hoch aus. Doch der Markt ist wertmäßig betrachtet viel wichtiger.

Noch stehen die Autohersteller zu ihren Investitionsplänen in den USA. In der Fotovoltaik-Branche werden allerdings seit Anfang 2024 angesichts des rasanten Preisverfalls immer mehr Projekte auf Eis gelegt. Der Branchenverband SEIA musste im Frühjahr verkünden, dass es sich bei seiner Prognose nunmehr um ein sehr positives Szenario handele. Im Mai 2024 zog US-Präsident Biden deshalb die Notbremse. Für Importe chinesischen Ursprungs kündigte er Zollerhöhungen für Solarzellen auf 50 Prozent sowie für Elektroautos auf 100 Prozent an.

Zulieferchancen bei Fertigungs-, Gebäude- und Umwelttechnik

Für ausländische und auch deutsche Unternehmen bietet der Aufbau der grünen Industrien zahlreiche Geschäftschancen. Für die Produktion von Solaranlagen und Elektroautos wird Fertigungs- und Automatisierungstechnik benötigt. In den Fabrikhallen kommt modernste Gebäudetechnik zum Einsatz. Zugleich werden Abwasser- und Abfalltechnik gebraucht. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit spielen bei den Projekten ebenfalls eine wichtige Rolle.

Deutsche Anbieter haben hier vielfach einen Wettbewerbsvorteil. In zahlreichen Maschinenbausparten gibt es nicht ausreichend spezialisierte amerikanische Hersteller. Bei Energieeffizienz und Recycling fällt der technologische Rückstand der Vereinigten Staaten besonders groß aus. Für die geförderten Projekte gelten zwar lokale Wertschöpfungsquoten, die zumeist bei 30 bis 40 Prozent liegen. Allerdings werden Ausnahmegenehmigungen erteilt, wenn es keine inländischen Anbieter gibt.

Vermutlich keine Rolle rückwärts unter Trump

Könnte ein Wechsel im Weißen Haus den Ausbau der grünen Technologie verlangsamen oder ganz verhindern? Die Wahlaussichten für Donald Trump sind im Sommer 2024 nicht schlecht, und er steht dem Klimawandel bekanntlich skeptisch gegenüber. Jedoch ist er ein glühender Verfechter von "made in America". Nach Bidens Zollankündigungen ließ er umgehend verlautbaren, er hätte doppelt so hohe Aufschläge erlassen.

Auch die Befürchtung, er könnte den IRA außer Kraft setzen, ist wohl nicht realistisch. Zunächst braucht er dazu eine Mehrheit in beiden Kongresskammern. Selbst wenn die Republikaner diese erringen sollten Anfang November 2024 gibt es auch Teilwahlen für den Senat und Kongress –, bleibt fraglich, ob ihm alle Parteifreunde folgen würden. Analysten haben herausgefunden, dass republikanisch geführte Bundesstaaten überdurchschnittlich vom IRA profitieren. Texas etwa hat sich zum Vorreiter bei erneuerbaren Energien entwickelt.

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