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US-Markt für alkoholische Getränke steht vor Herausforderungen
Für Hersteller von alkoholischen Getränken werden die Zeiten schwieriger. Seit Jahren sinkt der Alkoholkonsum. Einige Trendgetränke erfreuen sich jedoch wachsender Beliebtheit.
11.06.2024
Von Heiko Stumpf | San Francisco
Die Verbraucher in den USA haben immer weniger Lust auf Alkohol. Laut Prognosen des Marktforschungsinstituts S&D Insights könnte der Konsum 2024 um 2 Prozent auf insgesamt 131,7 Milliarden Standardgläser zurückgehen. Standardglas ist eine in den Vereinigten Staaten verbreitete Maßeinheit, die rund 14 Gramm Alkohol entspricht. Eine Menge, wie sie beispielsweise in 0,35 Litern Bier zu finden ist.
Der seit mehreren Jahren anhaltende Abwärtstrend setzt sich damit fort. Ursache ist ein deutlicher Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs. Ein US-Bürger dürfte 2024 im Schnitt rund 516 Standardgläser zu sich nehmen. Das sind etwa 7 Prozent weniger als der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.
Generation Z ist ein großer Einflussfaktor
Insbesondere die junge Gen Z trinkt weniger Alkohol als die Altersgruppen zuvor. Dies wird zum einen auf einen gesundheitsbewussten Lebensstil zurückgeführt. Social-Media-Plattformen sind voll mit Kanälen von Influencern, die auf körperliches und geistiges Wohlbefinden ausgerichtet sind. Dies fördert ein bewusstes und moderates Trinkverhalten.
Zum anderen entsteht eine zunehmende Konkurrenzsituation mit Cannabisprodukten. Mit Stand April 2024 haben bereits 24 US-Staaten den Freizeitkonsum von Cannabis legalisiert. In diesen Märkten geht das Wachstum bei Cannabis zumindest in Teilen zu Lasten des Absatzes von alkoholischen Getränken. "Alkohol und Cannabis fördern in ihrer Funktion vor allem die Entspannung und werden deshalb ziemlich austauschbar", sagte Brian Serdani vom Marktforschungsinstitut S&D Insights in einem Webinar des Unternehmens Ende April 2024.
Das Resultat dieser Trends: Viele junge Menschen, die sich in früheren Generationen zu Bier- oder Weintrinkern entwickelt hätten, entscheiden sich für alkoholfreie Alternativen oder wandern zu Cannabis ab.
Nachfrage nach Mixgetränken boomt
Einziger Lichtblick aus Sicht der Hersteller von alkoholischen Getränken ist der Markt für Spirituosen. Er soll 2024 um 3,1 Prozent auf rund 298 Millionen Standardgläser wachsen. Dabei tragen die Vorlieben Gen Z zu einem bemerkenswerten Boom bei Ready-to-Drink Cocktails (RTD) bei.
Volumenmäßig könnte die Nachfrage nach RTD im Jahr 2024 um rund 30 Prozent zulegen. Mit einem Plus von 39,5 Prozent erwiesen sich die Mixgetränke bereits im Vorjahr als Verkaufsrenner. Die trendigen Drinks bedienen den insbesondere bei jungen Menschen verbreiteten Wunsch nach mehr Abwechselung und Vielfalt bei den Geschmacksrichtungen.
Neben Wodka sind dabei vor allem Getränke auf Basis von Tequila im Kommen. Der Anbieter Brown-Fronman kooperiert beispielweise mit Coca-Cola bei in Dosen abgefüllten Fertigcocktails. Auch Cutwater Spirits verfügt über eine breite Produktpalette.
Das hohe Wachstum bei RTD überträgt sich allerdings nicht auf den Absatz von traditionellen Spirituosen wie Whisky, Gin oder Rum. In diesem Segment ist in den kommenden Jahren mit einem leicht rückläufigen Absatz zu rechnen. Auch, weil Konsumenten ihr Kaufverhalten ändern. Statt einer ganzen Flasche der Originalmarke kaufen sie beispielsweise eine Zwölferpackung der bevorzugten Spirituose im RTD-Format.
Bierverbrauch schrumpft etwas langsamer
Der seit Jahren sinkende Bierkonsum hat die Talsohle noch nicht erreicht. Mit einem prognostizierten Minus von 2,3 Prozent dürfte der Rückgang 2024 aber zumindest etwas geringer ausfallen als im Vorjahr (-3,4 Prozent). Ein Blick auf den Pro-Kopf-Verbrauch verdeutlicht jedoch den stetigen Abwärtstrend: Tranken die Amerikaner 2010 noch 302 Standardgläser Bier pro Kopf, dürften es 2024 nur noch 245 sein (-18,9 Prozent).
Auch der über viele Jahre erfolgsverwöhnte Craft-Beer-Sektor kann keine Wachstumsimpulse mehr setzen. Nachdem sich in den 2010er Jahren insbesondere viele Millenials für Craft-Beer begeisterten, ist der Hype inzwischen abgeebt. Wie bereits 2023 (-1,9 Prozent) ist auch künftig mit einem schwierigen Umfeld zu rechnen. Dies dürfte sich auch auf die Anzahl der Brauereien auswirken. Von den rund 9.000 Betrieben fallen rund 95 Prozent in den Bereich der Kleinbrauereien. Nach Einschätzung von Branchenkennern könnten bis Mitte 2025 etwa 500 Braubetriebe zur Aufgabe gezwungen werden.
Im Bereich der Massenbiere legen zum Leidwesen der heimischen Hersteller vor allem importierte Marken zu, insbesondere aus Mexiko. Sehr erfolgreich agiert insbesondere das Unternehmen Constellation Brands, welches Marken wie Modelo Especial, Corona oder Pacifico vertreibt. Modelo Especial schaffte es 2023, Bud Light als meistverkauftes Bier der USA zu entthronen. Dagegen gingen die US-Importe von Bier aus Deutschland 2023 um 4,6 Prozent zurück.
2021 | 2022 | 2023 | Veränderung 2023/22 | |
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Bier aus Malz (HS-Code 2203), darunter aus | 6.626 | 7.050 | 7.138 | 1.3 |
Mexiko | 4.974 | 5.513 | 5.807 | 5,3 |
Niederlande | 799 | 896 | 722 | -19,4 |
Deutschland | 93 | 89 | 85 | -4,6 |
Dem Wein gehen die Liebhaber aus
Große Einbrüche erleidet der Weinkonsum. "Die Weinindustrie hat ein demografisches Rekrutierungsproblem, insbesondere die Präferenzen junger Menschen liegen woanders", sagt Nathan Green von S&D Insights. Nur 7 Prozent der regelmäßigen Weintrinker entfallen auf die Gen Z. Die Altersgruppe der über 55-Jährigen macht hingegen 43 Prozent aus. Mit zunehmendem Alter sinkt jedoch auch bei treuen Weinliebhabern der Konsum.
Im Rekordjahr 2020 wurden in USA noch 380,8 Millionen Standardgläser Wein konsumiert. Seitdem ging der Verbrauch bis 2023 um 18,8 Prozent auf 351,3 Millionen Standardgläser zurück. Das Marktinstitut IWSR rechnet bis 2027 mit einem weiteren Minus von durchschnittlich etwa 2 Prozent pro Jahr. Der Rückgang spiegelt sich auch an den Importen wider. Die Einfuhr von Wein ging 2023 um 9 Prozent zurück (Import aus Deutschland: -3,4 Prozent).
2021 | 2022 | 2023 | Veränderung 2023/22 | |
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Wein (einschl. Schaumwein und Traubenmost; HS-Code 2204), darunter aus | 7.376 | 7.685 | 6.991 | -9,0 |
Frankreich | 2.620 | 2.757 | 2.568 | -6,8 |
Italien | 2.373 | 2.442 | 2.227 | -8,8 |
Deutschland | 89 | 87 | 84 | -3,4 |
Rund 88 Prozent des in den USA verkauften Weins werden lokal produziert. Durch die schwindende Nachfrage tun sich deshalb Überkapazitäten auf. In einigen kalifornischen Anbaugebieten werden bereits Rebstöcke ausgerissen und durch Alternativen wie Pistazien- oder Mandelbäume ersetzt. In den vergangenen sechs Jahren hat sich die Fläche in Kalifornien bereits um rund 7.300 Hektar reduziert, schätzt der Verband Allied Grape Growers. Weitere 20.000 Hektar oder circa 8 Prozent der Gesamtfläche könnten in den kommenden Jahren folgen.