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Branchen | USA | Rohstoffsicherung

USA bleiben bei seltenen Erden auf China angewiesen

Pläne zur Reduzierung der Rohstoffabhängigkeit gibt es in den USA seit längerem. Doch Papier ist geduldig – und der Handelsstreit mit China eskaliert derweil weiter.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Ölschiefer, Schiefergas, Kupfer – die USA sind ein ressourcenreiches Land. Dennoch sind sie bei vielen Rohstoffen in hohen Maße auf Importe angewiesen. Entweder sind die Vorkommen vor Ort nicht ausreichend oder die Förderung findet aus Kosten- oder Umweltschutzgründen nicht statt beziehungsweise wurde eingestellt. Besonders problematisch ist Situation bei seltenen Erden, die überwiegend vom Systemrivalen China stammen.

Rohstoffstrategie nahm bereits Ende 2017 Gestalt an

Im Zuge des Handelskonfliktes mit der Volksrepublik rückte diese Abhängigkeit schlagartig ins Bewusstsein. So erließ der damalige Präsident Donald Trump im Dezember 2017 eine Executive Order, auf die hin das Innenministerium 2018 eine Liste mit 35 kritischen Rohstoffen erstellte. Unter seinem Nachfolger Joe Biden wurde die Problematik rund um das Thema seltene Erden in den Defence Production Act integriert. Dieses US-Bundesgesetz soll die Versorgung der Verteidigungsindustrie mit den notwendigen Vorprodukten und Materialien sicherstellen. 

Vier Produktgruppen besonders kritisch

Auch das Energieministerium wurde aktiv. Es legte für die Fiskaljahre 2021 bis 2031 eine Rohstoffstrategie auf. Darin wird die Ausgangslage folgendermaßen beschrieben: Von den 35 kritischen Mineralien gibt es bei 14 keinerlei einheimische Förderung. Bei 31 besteht eine Importabhängigkeit von über 50 Prozent. 

Sorgen bereiten dem Energieministerium vor allem vier Produktgruppen, da sie für die Dekarbonisierung der Wirtschaft eine wesentliche Rolle spielen:

1. Seltene Erden, die in Windkraftanlagen und Elektroautos zum Einsatz kommen.

2. Lithium, Kobalt und hochreines Nickel, die für Batterien und Energiespeicher benötigt werden.

3. Platin, das in Katalysatoren und Brennstoffzellen verwendet wird.

4. Gallium und Germanium für die Halbleiterindustrie. 

Liste der kritischen Rohstoffe wird erweitert

Im Februar 2023 hat die dem Innenministerium unterstehende Behörde U.S. Geological Survey die Liste der kritischen Rohstoffe aktualisiert und auf 50 erweitert. Ein Großteil der aufgeführten kritischen Mineralien entfällt auf seltene Erden. Bei der Förderung und Weiterverarbeitung dieser Rohstoffe besitzt China einen Weltmarktanteil von circa 90 Prozent. Zwar verfügen viele andere Länder ebenfalls über entsprechende Vorkommen, doch bauen sie diese kaum ab – und daran lässt sich in kurzer Zeit nichts ändern.

Importabhängigkeit der USA bei kritischen Rohstoffen *) (Einfuhrquote 2018 bis 2021, in Prozent)

Rohstoff

Quote

Wichtigstes Importland

Arsen, Gallium, Grafit, Mica (Glimmer), Tantal, Yttrium

100

China

Asbest, Niob

100

Brasilien

Mangan 

100

Gabun

Wismut

96

China

Seltenerdmetalle

>95

China

Eisenoxidpigment

87

China

Antimon

83

China

Siliziumkarbid

79

China

Aluminiumoxid, Baryt

>75

China

Germanium

>50

China

* Auswahl.Quelle: U.S. Geological Survey 2023; Innenministerium (United States Department of the Interior) 2023


Eine Kehrtwende benötigt mindestens 15 Jahre

Der Chef des US-Rüstungskonzerns Raytheon, Greg Hayes, warnte Ende Juni 2023 im Foreign Policy Magazine, dass es viele Jahre dauern würde, bis man den Bedarf durch inländische Quellen oder befreundete Staaten decken könne. Fachleute rechnen mit mindestens 15 Jahren. Das Nachrichtenportal Nikkei Asia wies zudem darauf hin, dass die Vorkommen der USA an seltenen Erden nur 5 Prozent des chinesischen Niveaus ausmachten.

Seltene Erden sind für die Halbleiterproduktion unabdinglich. Doch in diesem Industriezweig tobt der Handels- und Technologiekonflikt zwischen den USA und China besonders heftig. So haben die Vereinigten Staaten seit Dezember 2020 zahlreiche chinesische Firmen mit einem Lieferboykott für Hochleistungs-Chips belegt. Auch US-Maschinen, mit deren Hilfe stark miniaturisierte Halbleiter produziert werden, dürfen seit Oktober 2022 nicht mehr in die Volksrepublik verkauft werden. Anfang 2023 schlossen sich Japan und die Niederlande, wo wichtige Zulieferfirmen sitzen, dem Boykott an. 

China beschränkt den Export von Germanium und Gallium

Das trifft das Land besonders hart. Denn ohne die modernen Chips verlieren die chinesischen Hersteller von Smartphones an Wettbewerbsfähigkeit. Auch der selbst entwickelte Passagierjet C919 steht vor erheblichen Produktionsschwierigkeiten. Daher holte China im Sommer 2023 zum Gegenschlag aus und kündigte an, den Export von Germanium und Gallium beschränken zu wollen. Die Importabhängigkeit der USA liegt bei den beiden Produkten bei 50 beziehungsweise 100 Prozent. Hauptbezugsquelle war jeweils das Reich der Mitte.

Jedoch dürfte die Volksrepublik damit vor allem sich selber schaden, denn sie muss jedes Jahr riesige Mengen an Halbleitern importieren. Im Jahr 2022 beliefen sich die entsprechenden Einfuhren laut der International Trade Commission auf weit über 400 Milliarden US-Dollar. Fast 60 Prozent stammen von Auftragsfertigern aus Taiwan oder Südkorea. Die USA spielen traditionell keine große Rolle als Zulieferer und Hersteller. Ob und wann sich die beiden Streithähne einigen, bleibt abzuwarten. Ohne seltene Erden wird es jedenfalls abermals zu Verknappungen beim globalen Halbleiterangebot kommen. 

Weiterführende Informationen zum Thema Rohstoffe in den USA

Zum Thema Rohstoffe und -abhängigkeiten gibt es in den USA umfangreiche und äußerst detaillierte Statistiken. Die meisten werden vom U.S. Geological Survey, einer Forschungseinrichtung des Innenministeriums, veröffentlicht. Angesichts der riesigen Datenmengen kann man jedoch schnell die Übersicht verlieren. Ein gute Zusammenfassung bietet der über 200 Seiten lange Mineral Commodity Survey, der jedes Jahr aktualisiert wird. 


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