Rechtsbericht | USA | Entsendung
Mitarbeiterentsendung in die USA
Bei der Planung eines Arbeitseinsatzes in den Vereinigten Staaten von Amerika haben Unternehmen arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Problemstellungen zu bewältigen.
04.11.2024
Von Jan Sebisch | Bonn
Arbeitsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Insofern ein deutsches Unternehmen einen Mitarbeiter in die USA entsenden möchte, kommen verschiedene Vertragsvarianten in Betracht. Eine einheitliche Handhabung gibt es hier nicht. Hier spielt unter anderem der zeitliche Faktor beziehungsweise die Dauer der Entsendung eine entscheidende Rolle.
In der Regel bleibt bei kurzfristigen Aufenthalten von bis zu drei Monaten - zum Beispiel für eine Geschäftsreise oder für einen Montageeinsatz - das deutsche Arbeitsverhältnis unverändert bestehen. Bei langfristigen Auslandseinsätzen sind Änderungen hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses notwendig. Eine weitverbreitete Variante ist der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag, diese wird häufig als Entsendevertrag bezeichnet. Dabei besteht der Arbeitsvertrag mit dem deutschen Arbeitgeber fort – lediglich ergänzt um eine zusätzliche Vereinbarung. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, dass es zum parallelen Abschluss eines (befristeten) Arbeitsvertrages mit der US-Tochtergesellschaft und einer Ruhensvereinbarung mit dem deutschen Arbeitgeber kommt. In der Ruhensvereinbarung wird unter anderem die Reintegration bei Rückkehr des Mitarbeiters geregelt. Angestellt ist der Mitarbeiter dann bei der US-Tochtergesellschaft.
Das US-Arbeitsrecht unterscheidet sich in vielen Bereichen vom deutschen Arbeitsrecht und kann für einen deutschen Arbeitnehmer zu Beginn eine Herausforderung darstellen. Ungewöhnlich für einen deutschen Arbeitnehmer ist allein schon die Tatsache, dass ein US-Unternehmen in der Regel Arbeitsverträge nur mit leitenden Angestellten oder Mitarbeitern mit Spezialkenntnissen schließt. In einer Vielzahl der Fälle erhält ein US-Arbeitnehmer nur eine sogenannte Offer Letter. Diese beinhaltet nur das Anfangsdatum, die Stellenbezeichnung und die Höhe des Monatsgehalts. Befremdlich ist für deutsche Arbeitnehmer wohl auch die Tatsache, dass Arbeitsverträge üblicherweise at will sind, das bedeutet, dass sie jederzeit mit oder ohne Grund gekündigt werden können.
Weiterführende Informationen zum US-Arbeitsrecht enthält die GTAI-Publikation Recht kompakt USA.
Steuerrechtliche Besonderheiten und Gefahren
Aus arbeitsrechtlicher Perspektive betrachtet, erscheint es zunächst vorteilhaft, wenn der Mitarbeiter beim deutschen Unternehmen beziehungsweise der Muttergesellschaft angestellt bleibt und der bestehende Arbeitsvertrag lediglich um eine zusätzliche Vereinbarung ergänzt wird, da so weiterhin (insofern nicht anders vereinbart) grundsätzlich der Anwendungsbereich des bekannten deutschen Arbeitsrechts gewährleistet ist. Oftmals kommt es in dieser Konstellation allerdings dazu, dass das deutsche Unternehmen in steuerlicher Hinsicht ungewollt eine Betriebsstätte (Vertreterbetriebsstätte) in den USA begründet. Der Begriff der Betriebsstätte ist in Art. 5 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den USA geregelt. In diesem Zusammenhang gilt es insbesondere zu beachten, dass neben der US-Bundesebene auch auf Ebene der US-Bundesstaaten eine Betriebsstätte gegründet werden kann, indem eine steuerrelevante Tätigkeit (Nexus) ausgeübt wird.
Ferner kann auch der Mitarbeiter im Rahmen der Entsendung in den USA persönlich steuerpflichtig werden. Für kurzfriste Entsendungen findet sich allerdings im Art. 15 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den USA eine Ausnahme für die Steuerpflicht von Gehaltseinkünften. Insofern sich ein Mitarbeiter für weniger als 183 Tage im Kalenderjahr in den USA aufhält, die Vergütung von oder für einen Arbeitgeber gezahlt wird, der nicht in den USA ansässig ist und die Vergütung auch nicht von einer Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers getragen wird, unterliegen die auf die Arbeitstage in den USA entfallenden Gehaltseinkünfte nicht der Besteuerung auf US-Bundesebene. Die Abkommenspositionen hat der Mitarbeiter auf einer US-Steuererklärung offen zu legen (Formular 8833-Treaty-Based Return Position). In diesem Rahmen gilt es zudem zu beachten, dass sich auch eine Besteuerung auf Ebene der US-Bundesstaaten ergeben kann.
Informationen zur Besteuerung auf US-Bundesebene und in den US-Bundesstaaten enthält die GTAI-Publikation Steuerrecht in den USA.
Sozialversicherungsrechtliche Risiken
Oftmals verlassen sich Mitarbeiter, bei denen der deutsche Arbeitsvertrag im Rahmen der Entsendung weiterhin besteht, darauf, dass auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht die gewohnten gesetzlichen Regelungen zur Anwendung kommen. Im Sozialversicherungsrecht gilt allerdings das sogenannte Territorialprinzip: Wird ein Mitarbeiter in den USA tätig, finden grundsätzlich die sozialrechtlichen Vorschriften der USA auf ihn Anwendung.
Eine Ausnahme besteht nur in Fällen, in denen eine Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne vorliegt; dann verbleibt nach dem Sozialversicherungsabkommen mit den USA zumindest die Rentenversicherung in Deutschland. Die Voraussetzungen einer Entsendung liegen vor, wenn sich der Mitarbeiter auf Weisung seines Arbeitgebers ins Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für den deutschen Arbeitgeber auszuüben. Die Beschäftigung muss von vorneherein begrenzt sein und darf nicht mehr als fünf Jahre überschreiten. Zudem muss eine Perspektive für eine anschließende Weiterbeschäftigung nach der Auslandsbeschäftigung bestehen.
Steht von Anfang an fest, dass zum Beispiel die Beschäftigung länger als fünf Jahre sein wird oder es sich aus anderen Gründen nicht um eine Entsendung handelt, kann eine eine sogenannte Ausnahmevereinbarung beantragt werden. Im Fall einer Entsendung oder einer Ausnahmevereinbarung erhalten Mitarbeiter eine Entsendebescheinigung. Für die Vereinigten Staaten von Amerika ist dies die Bescheinigung D/USA 101.
Weitere Informationen zu den sozialversicherungsrechtlichen Risiken finden sich in der Broschüre der Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) Arbeiten in den USA, Information zur Sozialversicherung.