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Rechtsbericht | USA | Wirtschaftsverwaltungsrecht

Reallabore in den Vereinigten Staaten von Amerika

Reallabore haben sich in den USA als ein wertvolles Instrument zur Förderung von Innovationen etabliert und dienen der Überwindung starrer rechtlicher Rahmenbedingungen.

Von Jan Sebisch | Bonn

Was sind Reallabore?

Reallabore auch bekannt als „regulatory sandboxes“ sind kontrollierte Umgebungen, in denen Unternehmen unter behördlicher Aufsicht innovative Technologien und Geschäftsmodelle testen können, die im allgemeinen Rechtsrahmen an Grenzen oder auf offene Fragen stoßen. Dieses Konzept ermöglicht es praktische Erfahrungen zu sammeln und im frühen Stadium über die Chancen und Risiken einer Innovation zu lernen. Auf Basis der im Reallabor gewonnenen Erkenntnisse kann der Rechtsrahmen später gegebenenfalls entsprechend angepasst werden, um zum Beispiel eine Innovation zuzulassen.

Wie weit sind Reallabore in den USA verbreitet?

In den USA haben sich Reallabore auf Bundesebene sowie auf Ebene der einzelnen US-Bundesstaaten in diversen Bereichen etabliert, um die Kluft zwischen wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung zu überbrücken.

Auf Bundesebene hat zum Beispiel das amerikanische Energieministerium (U.S. Department of Energy - DOE) das Grid Modernization Laboratory Consortium (GMLC) gegründet. Es handelt sich hierbei um eine strategische Partnerschaft zwischen dem DOE und den nationalen Laboratorien, um führende Expert:innen, Technologien und Ressourcen zusammenzubringen, die gemeinsam an der Modernisierung des nationalen Stromnetzes arbeiten. Zu den Vorteilen des GMLC gehören die effizientere Nutzung von Ressourcen, gemeinsame Netzwerke, die Verbesserung des Lernens und die Bewahrung von Wissen.

Auf Ebene der US-Bundesstaaten sind regulatory sandboxes besonders im Finanzsektor weit verbreitet. Mehrere US-Bundesstaaten haben entsprechende Programme eingeführt, um FinTech-Unternehmen zu unterstützen. Beispielsweise hat der US-Bundesstaat Arizona durch die Verabschiedung der House Bill 2343 im Jahr 2018 das erste FinTech-Sandbox-Porgamm in den USA gestartet, gefolgt von US-Bundesstaaten wie Utah (Utah Office of Regulatory Relief) oder Wyoming (Financial Technology Sandbox). Diese Programme ermöglichen es Unternehmen, innovative Finanzprodukte und Dienstleistungen unter Aufsicht für einen begrenzten Zeitraum zu testen.

Ein weiterer Bereich, in dem regulatory sandboxes in den USA Anwendung finden, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Angesicht der rasanten Entwicklung von KI-Technologien bieten regulatory sandboxes die Möglichkeit, KI-Systeme in einer kontrollierten Umgebung zu erproben und verantwortungsvoll einen entsprechenden geeigneten Regulierungsrahmen zu erschaffen. Mit renommierten Institutionen, wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, ist zum Beispiel Massachusetts ein bedeutsamer US-Bundesstaat für KI-Forschung.

Warum benötigen Unternehmen weniger Regularien?

Die Innovationskraft von Unternehmen wird maßgeblich durch das regulatorische Umfeld beeinflusst. In den Vereinigten Staaten erlassen der Bundesgesetzgeber sowie die Gesetzgeber auf Ebene der einzelnen US-Bundesstaaten jährlich Tausende von Vorschriften. Allein der US Code of Federal Regulations enthält 50 Fachtitel, die einmal im Jahr gestaffelt aktualisiert werden. Diese Regulierungsdichte kann für Unternehmen hinderlich sein und Innovationsprozesse verlangsamen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen notwendiger Regulierung und unternehmerischer Freiheit ist essenziell, um Innovationen zu fördern.

Reallabore sind in diesem Rahmen allerdings nicht als rechtsfreie Räume für innovative Unternehmen zu verstehen. Vielmehr bieten sie Unternehmen die Möglichkeit zu überprüfen, wie innovative Technologien im bestehenden regulatorischen Umfeld funktionieren und dem Gesetzgeber die Chance zu erkennen, ob und an welchen Stellen Regulierungsbedarf besteht.

Mit welchen rechtlichen Herausforderungen sind Reallabore verbunden?

Viele Reallabore erheben und verarbeiten eine Vielzahl personenbezogener Daten, zum Beispiel im Bereich des Gesundheitswesens. Hierbei müssen stets die einschlägigen Datenschutzgesetze berücksichtigt werden. Zur Erhebung und Nutzung von Daten kann unter anderem die Sicherstellung von Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Daten erforderlich sein. Ein weiters zentrales Problem sind Genehmigungsverfahren, die zum Beispiel eingeholt werden müssen, wenn autonome Fahrzeuge in Städten im Straßenverkehr getestet werden sollen.  

Ferner können Haftungsfragen eine Herausforderung darstellen. Da in Reallaboren Technologien oder Prozesse getestet werden, die noch nicht marktreif sind, ist die Frage der Haftung für Schäden und Fehlkonstruktionen besonders relevant.

Welche Rolle können Reallabore in der Zukunft in den USA spielen?

Angesicht der globalen Herausforderungen wie zum Beispiel der Digitalisierung und der einhergehenden Entwicklung von KI-Systemen sind neue Lösungsansätze gefragt. Reallabore können dabei helfen, nachhaltige Innovationen in Zukunft praxisnah zu testen und schneller zur Marktreife zu bringen. Durch den direkten Austausch von Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern können regulatorische Hürden frühzeitig identifiziert und beseitig werden. Reallabore werden in kommenden Jahren daher wahrscheinlich eine immer wichtigere Rolle für die US-Wirtschaft spielen, um das volle Potenzial von zukunftsträchtigen Innovationen zu entfalten.

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