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Drohender Wassermangel lässt viel Geld in Projekte fließen
Usbekistan steckt von Jahr zu Jahr größere Summen in den Wasser-, Abwasser- und Bewässerungssektor. Der Bedarf an Ausrüstung und Know-how zur effizienten Wassernutzung ist riesig.
02.06.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
- Investitionen in leistungsfähige Wasserinfrastruktur haben hohe Priorität
- Wasserwirtschaft benötigt langfristig 10 Milliarden US-Dollar
- Mehr Menschen sollen Zugang zu Wasser bekommen
- Weniger als 20 Prozent der Usbeken haben Zugang zu Sanitäreinrichtungen mit geregelter Abwasserentsorgung
- Öffentliche Hand und internationale Geber fördern verstärkt Wasservorhaben
- Erste PPP-Projekte mit ausländischen Partnern vereinbart
Mit der Wasserwirtschaft tut sich in Usbekistan ein interessantes Geschäftsfeld für ausländische Anbieter von Technologie und Know-how auf. Dieser Trend kommt nicht von ungefähr: Bei der Anbindung an die Wasser- und Abwassernetze sowie bei der Modernisierung der Bewässerungssysteme besteht ein immenser Investitionsbedarf. Kooperationspartner für Betreibermodelle sind willkommen.
Investitionen in leistungsfähige Wasserinfrastruktur haben hohe Priorität
Im Jahr 2030 werden in Usbekistan etwa 7 Milliarden Kubikmeter Wasser beziehungsweise 25 Prozent des gegenwärtig jährlich verfügbaren Wassers fehlen, prognostiziert das Ministerium für Wasserwirtschaft. Die Regierung will dem drohenden Wassermangel verstärkt mit massiven Investitionen in eine effiziente Infrastruktur begegnen.
Zu den angestoßenen Projekten gehören beispielsweise die Sicherung und das Monitoring der Wasserressourcen. Dem Ministerium unterstehen regionale Betriebe für Bewässerungsbau und Projektgruppen, die international finanzierte Vorhaben umsetzen. Sie modernisieren wasserwirtschaftliche Bauten und sind in allen Bereichen der Bewässerungswirtschaft aktiv.
Wasserwirtschaft benötigt langfristig 10 Milliarden US-Dollar
Eine aktuelle Analyse des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG/BCG Tashkent) gibt den Kapitalbedarf für alle erforderlichen Initiativen zur Wassereinsparung in den kommenden Jahren mit 10 Milliarden US-Dollar (US$) beziehungsweise jährlich mindestens 400 Millionen US$ an. Davon entfallen 4 Milliarden US$ auf zentrale Infrastrukturprojekte wie die Installation leistungsstarker Pumpstationen, Kanalabdichtung und/oder -auskleidung sowie Rehabilitierung und Errichtung von Wasserspeichern, Dämmen und Drainagesystemen.
Der Agrarsektor verbraucht etwa neun Zehntel der jährlich im Land genutzten Wasserressourcen. Vom gesamten Wasseraufkommen für die Bewässerung wird die Hälfte mithilfe von Pumpen zu den Äckern gebracht. Die Anlagen sind zumeist veraltet und haben einen hohen Energieverbrauch. Häufige Vernässungen, eine ungleiche Durchfeuchtung und eine Bodenversalzung sind die Folgen. Mehr als 30 Prozent des Wassers gehen durch ineffiziente Kanäle verloren.
Etwa 6 Milliarden US$ müssten in die Förderung von Bewässerungsprojekten der Bauern- und Farmwirtschaften fließen. Dies schließt die Ausweitung beziehungsweise Einführung wassersparender Technologien (Sprinkler- und Tröpfchenbewässerung, Bewässerung unter Gartenbaufolien) ein.
Projekt | Projektwert | Zeitraum der Realisierung |
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Modernisierung von 118 Pumpstationen (Bewässerung von 88.000 ha Ackerland in 26 Landkreisen) | 200 | 2023 bis 2027 |
Modernisierung von 299 Pumpstationen (Bewässerung von 358.00 Ackerland in 26 Landkreisen) | 180 | 2022 bis 2025/2026 |
Klimagerechte Bewirtschaftung der Wasserressourcen im Aralseebecken, 1. Projektphase (Bewässerung von 432.900 ha Böden in 6 Landkreisen) | 150 | 2022 bis 2029 |
Bewirtschaftung der Wasserressourcen im Fergana-Tal, 2. Projektphase (Bewässerung von 82.000 ha Böden in 10 Landkreisen) | 145 | 2017/2018 bis 2025/2026 |
Die bis 2030 in der Bewässerungswirtschaft insgesamt geplanten Vorhaben sollen unter anderem zu einer Verringerung des jährlichen Energiebedarfs von 8 Milliarden Kilowattstunden auf nur noch 6 Milliarden Kilowattstunden beitragen.
Mehr Menschen sollen Zugang zu Wasser bekommen
Die Umsetzung des mittelfristigen Regierungsprogramms für die sozioökonomische Entwicklung Usbekistans 2022 bis 2026 verfolgt in der Wasser- und Abwasserwirtschaft folgende Hauptziele:
- Der Anteil der Bevölkerung mit einem Zugang zu sauberem Trinkwasser soll um 9,3 Prozentpunkte auf 87 Prozent steigen.
- Für den Anschlussgrad in der Abwasserentsorgung ist eine Verdopplung auf 35 Prozent anvisiert.
- In 32 großen Städten und 155 Landkreiszentren sollen die Abwassersysteme erneuert werden.
Projekt | Projektwert2 | Zeitraum der Realisierung |
---|---|---|
Modernisierung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Provinz Buchara/Buxoro, 1. Projektphase (6 Landkreise und Städte Buchara und Kogon) | 385 | 2021/2022 bis 2027 |
Transformation der Trinkwasserversorgung und Abwasserwirtschaft in der Hauptstadt Taschkent | 241 | 2023 bis 2027/2028 |
Modernisierung und Ausweitung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Provinz Taschkent/Toshkent, 3. Projektphase (7 Städte) | 161 | 2022 bis 2027 |
Ausbau der Trinkwasserversorgung Westusbekistan (in 6 Landkreisen der Autonomen Republik Karakalpakstan) | 145 | 2021 bis 2025 |
Modernisierung und Ausweitung der Trinkwasserversorgung in der Provinz Taschkent/Toshkent, 2. Projektphase (2 Landkreise) | 105 | 2019/2020 bis 2025 |
Modernisierung und Ausbau der Kanalisationssysteme in der Provinz Choresm/Xorazm (3 Städte) | 90 | 20220/2021 bis 2025 |
Verbesserung der Trinkwasserversorgung und Errichtung von Kanalisationssystemen in der Provinz Namangan (2 Landkreise) | 70 | 2022 bis 2026 |
Verbesserung der Wasserversorgung in der Provinz Surchandarja/Surxondaryo (Landkreis Muzrabod) und in der Provinz Samarkand/Samarqand (Stadt Kattakurgan/Kattaqo‘rg’on) | Jeweils circa 60 | 2022/2023 bis 2026/2027 |
Modernisierung der Wasserversorgung in den Provinzen Kaschkadarja/Qashqadaryo (Stadt Schachrisabs/Shahrisabz und Landkreis Kitob), Syrdarja/ Sirdaryo (Stadt Yangiyer und Landkreise Guliston und Sayxunobod) und in der Autonomen Republik Karakalpakstan (Städte Nukus und Tachiatasch/Taxiatosh und Landkreis Chodschejli/ Xo’jayli) | Jeweils circa 80 | 2022/2023 bis 2027 |
Weniger als 20 Prozent der Usbeken haben Zugang zu Sanitäreinrichtungen mit geregelter Abwasserentsorgung
Die aktuellen Ist-Zahlen bedürfen jedoch einer kritischen Betrachtung. Im Schnitt fließt das Wasser in den mit Trinkwasser versorgten Regionen nur 6 bis 12 Stunden am Tag. Bislang vorhandene Abwasserentsorgungssysteme arbeiten oft ineffizient und entsprechen in den meisten Fällen nicht den international üblichen Nomen. In allen Provinzen außerhalb der Hauptstadt Taschkent haben gegenwärtig nur weniger als 10 Prozent der Einwohner Zugang zu Sanitäreinrichtungen beziehungsweise zu einer geregelten Abwasserentsorgung.
Öffentliche Hand und internationale Geber fördern verstärkt Wasservorhaben
Eine Verbesserung der Versorgung mit Trinkwasser und der Abwasserentsorgung in den kommenden Jahren zeichnet sich ab. Dafür sprechen mehrere Trends:
- Verbesserte institutionelle Branchenstruktur für Planung, Umsetzung und Kontrolle von Projekten auf Ebene des Fachministeriums (Bauwesen und kommunale Wohnungswirtschaft), des staatlichen Wasserver- und Abwasserentsorgers und seiner regionalen Betriebe O‘zsuvta’minot sowie neuer privater ländlicher Wasserversorger,
- kräftige Zunahme von Finanzierungszusagen durch ausländische Institute (darunter Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und andere),
- zunehmende Projektförderung durch Fonds für Entwicklung der Wasserver- und Abwasserentsorgung beim Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Usbekistans, andere öffentliche Gelder sowie Gewährung von Steuer- und Zollerleichterungen für privatwirtschaftliche Initiativen,
- Strukturierung und Vergabe von Projekten im Rahmen von Betreibermodellen (mit Unterstützung der Agentur für Entwicklung der öffentlich-privaten Partnerschaft).
Erste PPP-Projekte mit ausländischen Partnern vereinbart
Erste ausländische Unternehmen sind bereits Partner solcher Modelle. Die britische Gesellschaft Metito Utilities Limited gewann 2021 eine Ausschreibung für den Bau und Betrieb einer Abwasserreinigungsanlage mit einer täglichen Kapazität von 100.000 Kubikmeter in der Stadt Namangan (Projektwert: 90 Millionen US$). Zurzeit wird die Projektdokumentation vorbereitet.
Das französische Unternehmen SUEZ International SAS erhielt den Zuschlag für ein Vorhaben zur Verbesserung der Wasserver- und Abwasserentsorgung in der Hauptstadt Taschkent (Projektwert: 219 Millionen Euro). Im Mai 2023 vereinbarten SUEZ und O‘zsuvta’minot AJ zudem, gemeinsam die Wasserversorgung in der Provinz Surchandarja zu modernisieren (Projektwert: circa 500 Millionen US$). Des Weiteren baut Abu Dhabi Sewerage Services Company ab 2024 eine Wasserreinigungsanlage in Taschkent mit einer Kapazität von 1,5 Millionen Kubikmeter pro Tag.