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Branchen | Usbekistan | Grenzlogistik

Zentralasien öffnet sich für grenzüberschreitende Projekte

Die Länder Zentralasiens etablieren sich zunehmend als Standort für Handel und Kooperation. Das gilt inzwischen auch für grenzüberschreitende Infrastruktur- und Industrieprojekte.  

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Jahrelang waren die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den zentralasiatischen Republiken aufgrund eines ausgeprägten Protektionismus, ungelöster Grenz- und Ressourcenkonflikte sowie politischer Rivalitäten nur sehr schwach entwickelt. Vor allem die Politik der früheren Regierung Usbekistans behinderte die regionale Kooperation.

Heute gilt Taschkent als Haupttreiber grenzüberschreitender Projekte in allen wirtschaftlichen Sphären. Usbekistan betrachtet intensive Wirtschaftskontakte mit seinen Nachbarn nicht nur als wichtige Komponente, sondern als unabdingbare Voraussetzung für die eigene sozioökonomische Entwicklung. Als geografisches Zentrum Zentralasiens teilt das Land Grenzen mit allen vier anderen zentralasiatischen Republiken. Es verfügt somit über besonders günstige Voraussetzungen, sich aktiv in regionale Kooperationsprojekte einzubringen.

Verkehrswege an der Seidenstraße wachsen zusammen

Projekte für den Ausbau regionaler Verkehrswege und der Kapazitäten im Transport- und Logistikbereich (inklusive der Grenzlogistik) genießen in der grenzüberschreitenden Kooperation einen hohen Stellenwert. So forcieren die zentralen Planer Usbekistans und Kasachstans den Bau einer Bahntrasse von Darbaza nach Maktaaral in der kasachischen Provinz Turkestan, welche via Irdschar (Irjar) mit der usbekischen Provinzhauptstadt Dschissach (Jizzax) verbunden werden soll. 

Das Projekt schafft für den grenzüberschreitenden Güterverkehr zusätzliche Kapazitäten von bis zu 10 Millionen Tonnen und entlastet den stark frequentierten kasachisch-usbekischen Grenzübergang für Frachtgüter in Saryagasch. Das südliche Kasachstan erhält einen günstigen Zugang zu den zentralen Provinzen Usbekistans und beide Länder profitieren von einer kürzeren Trasse für den Transit auf der Achse Zentral- und Südasien.

Bewegung kommt auch in den Auf- und Ausbau grenznaher Handels- und Logistikzentren. Die Projekte gehen einher mit der Errichtung lokaler Fertigungsstätten für das produzierende Gewerbe.

Ausgewählte Konnektivitätsprojekte im Transport- und Logistiksektor in Zentralasien

Projekt

Projektwert (in Mio. US$)

Realisierungszeitraum 

Investor/Ansprechpartner

Kasachisch-usbekische Bahntrasse Darbaza - Maktaaral - Dschissach

   Bahntrasse Darbaza - Maktaaral (Kasachstan, 106 km)

350

2024 bis 2025 (Planung)

Bahnunternehmen NC KTZ

   Bau/Modernisierung der Anschlussstrecke Maktaaral -  Dschissach (89 km; 77 km/Usbekistan und 12 km/Kasachstan)

k.A.

Erstellung der Machbarkeitsstudie bis Ende 2023

Bahnunternehmen NC KTZ, Bahnunternehmen Uzbekistan Railways

Ausbau der jährlichen Kapazität für den Grenzgüterverkehr in den Stationen Oq Koʻprik (Usbekistan) und Saryagasch (Kasachstan) von 32 Mio. t (2022) auf bis zu 60 Mio. t (Ausbauprojekte vorwiegend in Kasachstan)

k.A.

Vereinbarung vom März 2023 (NC KTZ und Uzbekistan Railways)

Bahnunternehmen NC KTZ, Bahnunternehmen Uzbekistan Railways


Multimodales Transport- und Logistikzentrum, Landkreis Yangiyoʻl  (Provinz Taschkent); 37 km Bahngleise, Lagerflächen für 11.000 Container, 248.000 qm Lager (A/A+)

300

Projektumsetzung ab 2023

PCT Holding, Kasachstan  

   1. Phase: 24 km Bahngleise, Lagerflächen für 2.400 Container, A-Lager 22.000 qm und andere Projekte 

70

2023 bis 2026, momentan Erstellung der Projektdokumentation

PCT Holding, Kasachstan 

Handels- und Logistikzentrum an der usbekisch-kirgisischen Grenze (38.000 qm großer Komplex, Gesamtfläche 50 ha, Landkreis Ala Buka, Provinz Dschalal-Abad, Kirgisistan)  

10

Inbetriebnahme: voraussichtlich Herbst 2023 (1. Phase)

Kontakt über HIK Kirgisistan (Business Partnership Department)


Handels- und Logistikzentrum Alatau an der kasachisch-kirgisischen Grenze Karasu/Ak-Tilek (Landkreis Kordai, Kasachstan; zunächst 39 ha, später Erweiterung auf 100 ha)

15

2023 bis 2025

Kontakt über Provinzverwaltung Schambyl


Handels- und Logistikzentrum Andarchan an der usbekisch-tadschikischen Grenze Oybek/Fotechobod (Landkreise Beshariq/Usbekistan und Kanibodom/Tadschikistan; Gesamtfläche 5 ha)

8

Baustart im März 2023 erfolgt

Kontakt über Provinzverwaltung Fergana



Handels- und Logistikzentrum an der usbekisch-turkmenischen Grenze Shovot/Daschogus (Landkreise Xozarasp/Usbekistan und Daschogus/Turkmenistan)

k.A.

Projektfrühstadium

Kontakt über Provinzverwaltung Choresm


Quelle: NC KTZ 2023, Uzbekistan Railways 2023, PCT Holding 2023, Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Kasachisch-Usbekische Industriekooperation kommt in Fahrt

Die Meldungen über regionale, grenzüberschreitende Vorhaben in der Industrie mehren sich. Das schließt auch die gesamte Wertschöpfungskette in der Ernährungswirtschaft mit ein. Die Projekte befinden sich zumeist noch in der Planungs- oder Vorbereitungsphase.

Ein Gros der Vorhaben entfällt auf usbekische und kasachische Unternehmen. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Infrastrukturentwicklung Kasachstans umfasst die Liste mehr als 40 Vorhaben (Stand: Anfang 2023). Davon sollen etwa zwei Drittel in Kasachstan und ein Drittel in Usbekistan realisiert werden.

Der Projektwert summiert sich auf gut 2 Milliarden US-Dollar (US$). Das Projektportfolio umfasst unter anderem die Produktion von Pkw, Düngemitteln, Metallerzeugnissen, Textilien (einschließlich der Errichtung eines Textilclusters), Mehl und anderen Getreideerzeugnissen, Haushaltsgeräten und Infusionslösungen.  

Vorbereitete und geplante grenzüberschreitende usbekisch-kasachische Projekte in der Industrie und Ernährungswirtschaft

Projekt/Produktionsaufnahme

Projektwert (in Mio. US$)

Realisierungszeitraum

Investor/Ansprechpartner

Mineral- und Phosphordünger, (Phase 1: jeweils 100.000 t Kaliumnitrat und Kaliumsulfat/Jahr), Nawoi/Usbekistan (Phase 1), später Fergana, Almalyk/Usbekistan (Phasen 2 und 3)

1.300

Projekt in Vorbereitung

Kazphosphat (Kasachstan) und O´zkimyosanoat (Usbekistan)


12 bilaterale Projekte in der Ernährungswirtschaft

193

2023 bis 2025

Ministerium für Landwirtschaft Usbekistans

Internationales Zentrum für Industriekooperation „Zentralasien“ (100 ha nahe dem Grenzübergang Atameken/Kasachstan und Gulistan/Usbekistan; Investitionschancen in mehreren Branchen)

145 (Kasachstan: 100, Usbekistan: 45)

2023 bis 2024

Ministerium für Handel und Integration Kasachstans

Ministerium für Investitionen, Industrie und Handel Usbekistans

Haushaltsgeräte und Konsumelektronik (bis zu 1 Mio. Einheiten/Jahr: Gasherde, Waschmaschinen, Staubsauger, TV-Geräte u.ä. Produkte), Saran (Provinz Qaraghandy, Kasachstan)

55

2021 bis 2024

Artel Group (Usbekistan)


Produktion von jährlich bis zu 30.000 Pkw der Marke Chevrolet Onix im Fahrzeugwerk SaryarkaAvtoProm, Kostanai (Kasachstan), in Kooperation mit der usbekischen Pkw-Schmiede UzAutoMotors (Zulieferungen)

50

2023 bis 2025

Unternehmensgruppe Allur/ SaryarkaAvtoProm, UzAuto Motors



Produktion von Fliesen, Schymkent (Kasachstan)

32

Vorbereitung einer Projektdokumentation

Kontakt über das Ministerium für Industrie und Infrastrukturentwicklung Kasachstans


Quelle: Ministerium für Industrie und Infrastrukturentwicklung der Republik Kasachstan 2023

Schotten auf für Mega-Wasserkraftwerkprojekt in Kirgisistan

Hinzu kommt noch ein Aktionsplan für den Bau des größten Wasserkraftwerks in Kirgisistan - Kambar-Ata 1. Das von den Energieministerien Kirgisistans, Kasachstans und Usbekistans am 6. Januar 2023 unterzeichnete Dokument sieht vor, dass sich Kasachstan und Usbekistan an dem Projekt finanziell beteiligen und im Gegenzug Strom und Zugang zu Wasserressourcen für die Bodenbewässerung erhalten. Das schon zu Zeiten der UdSSR avisierte und später mehrmals fallengelassene Projekt wird nun endlich realisiert. Die Initiatoren wollen weitere Investoren für den Bau des Wasserkraftwerkes gewinnen.  

In Kirgisistan entsteht einer der größten Staudämme der Welt

Name des Wasserkraftwerks: Kambar-Ata 1

Lage: am Fluss Naryn, Kirgisistan

Höhe der Talsperre: 275 m

Leistung: 1.860 MW (5,6 Mrd. kWh Strom/Jahr)

Investitionen: 2,9 Milliarden US$ (laut der Machbarkeitsstudie von 2014)

Projektstart: 08.06.2022 

Bauzeit: 9 Jahre

Ansprechpartner: Ministerien für Energiewirtschaft Kirgisistans, Kasachstans und Usbekistans


Quelle: Ministerium für Industrie und Infrastrukturentwicklung der Republik Kasachstan 2023

Usbekistan engagiert sich in den kleinen Nachbarrepubliken

Usbekische und kirgisische Unternehmen wollen in naher Zukunft etwa 300 Millionen US$ in gemeinsame Vorhaben investieren. Die Projektpalette reicht vom Fahrzeugbau, über die Textil-, Leder- und Baustoffindustrie bis hin zur Elektrotechnik und Ernährungswirtschaft. Im Jahr 2022 wurde mit dem Usbekisch-kirgisischen Entwicklungsfonds (UKDF) ein neues Instrument für die Kofinanzierung bilateraler Investitionsprojekte und Handelsgeschäfte geschaffen.

Der Fonds ist mit einem Kapital von 50 Millionen US$ ausgestattet. Eine Aufstockung auf 200 Millionen US$ ist avisiert. Als Hauptfinanzierungsfelder nennen die Fondsmanager Handels- und Logistikzentren, Kleinwasserkraftwerke, die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Ernährungswirtschaft.

Usbekische Unternehmen realisieren und planen auch erste Industrieprojekte in Tadschikistan. Das im Herbst 2020 in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe gegründete usbekisch-tadschikische Joint Venture Artel Avesto Electronics produziert mehr als 20 verschiedene Erzeugnisse in den Produktgruppen Haushaltsgeräte und Konsumelektronik, darunter TV-Geräte, Kühlschränke, Staubsauger und zahlreiche Kleingeräte.

Der tadschikische Hersteller von Atlasseide und Mischgeweben aus Seide und Baumwolle (Adras) Atlasi Chudschand plant 2023 mit dem usbekischen Partner Kumusch-Sola das Joint Venture Samarkand-Sughd-Silk zu gründen, wo Seidengarn produziert werden soll.

Vorbereitete und geplante grenzüberschreitende usbekische-kirgisische Projekte in der Industrie und Ernährungswirtschaft

Projekt

Projektwert (in Mio. US$)

Realisierungszeitraum

Ansprechpartner

Mehrere bilaterale Projekt in der Ernährungswirtschaft (unter anderem Gartenbau, Kartoffel-Cluster und Tierzuchtkomplex)

50

ab 2023

Ministerium für Landwirtschaft Usbekistans

Montage von jährlich bis zu 10.000 Pkw (später bis zu 30.000 Einheiten) usbekischer Marken in Ak-Suu (Kirgisistan)

Startphase 2023: 5

ab 2023

Holding UzAvtosanoat (Usbekistan, Projektkoordinierung), kirgisische Investoren: Nur AG und DT Technik GmbH

Errichtung einer Anlage für die Produktion von Kalziumkarbid auf Kohlebasis in Kirgisistan



20

2023 bis 2025 (Machbarkeitsstudie in Vorbereitung)

ATS Group/Bai Dyikan (Kirgisistan),

O’zkimyosanoat AJ (Usbekistan)

Errichtung von Kapazitäten für die Produktion von jährlich 1 Mio. Stück Fertigbekleidung im Landkreis Nooken, Provinz Dschalal-Abad (Kirgisistan)

16

Projekt in Vorbereitung

Art Soft Holding (Usbekistan), Kofinanzierung: Usbekisch-Kirgisischer Entwicklungsfonds

Produktion von Anhängern für Landtechnik

etwa 10

Projekt in Vorbereitung

AO BMZ (Kirgisistan), Moyaq Selmash/Chirchiq Mashaagro (Usbekistan)

Wiederinbetriebnahme des unterirdischen Gasspeichers Nord-Soch für die Gasversorgung usbekischer Exklaven und nördlicher Regionen in Kirgisistan, Provinz Batken (Kirgisistan); Kapazität: 2,5 bis 3,0 Mrd. cbm Gas 

k.A.

Projekt im Frühstadium (u.a. technische Untersuchungen)

Ministerium für Energie Usbekistans/

O‘ztransgaz AJ


Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Mehrere Hürden stehen weiterer Integration im Weg

Trotz der dynamischen Entwicklung ist die Region von einer wirklichen Integration in einen gemeinsamen Markt noch meilenweit entfernt. Die größten Hürden sind:

  • Zugehörigkeit der Länder zu unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Zusammenschlüssen,
  • fehlende gemeinsame Entwicklungsstrategie,
  • weiterhin bestehende tarifäre und nichttarifäre Handelsbarrieren.

Unternehmen verweisen auf den bestehenden Handlungsbedarf beim Ausbau und der technischen Ausstattung von Grenzkontrollpunkten sowie bei der Implementierung „grüner Zollkorridore“ für eine beschleunigte Warenabfertigung.

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