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Usbekistan | Wirtschaftsumfeld | Regionale Kooperation

Industrie und Infrastruktur: Zentralasien wächst zusammen

Die zentralasiatischen Republiken setzen immer mehr grenzüberschreitende Projekte um. Ausländische Unternehmen können bei Infrastruktur- und Industrieprojekten mitwirken.

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Die zentralasiatischen Länder Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und Tadschikistan arbeiten wirtschaftlich immer stärker zusammen. Sie bauen Hürden ab und erleichtern damit den grenzüberschreitenden Handel und gemeinsame Investitionen. Neue Infrastrukturprojekte sollen die regionale Wirtschaft und Mobilität beflügeln sowie alternative Handelsrouten für den internationalen Warenverkehr etablieren.

Ausländische Unternehmen dürfte das freuen, denn die Region hat viel zu bieten: Da wären die beträchtlichen industriellen und agrarischen Rohstoffe, die in der Erdkruste schlummern. Hinzu kommt eine junge und sich dynamisch entwickelnde Bevölkerung, die jährlich um 2 Prozent wächst und ein Durchschnittsalter von nur 28 Jahren hat. Die investitionshungrige Wirtschaft, mit ihrem breiten Spektrum an Liefer- und Kooperationschancen, hat ebenfalls enormes Potenzial. 

Usbekistans Reformen sind das Rückgrat der Kooperationsbelebung 

Der positive, aber noch stark ausbaufähige Trend in der grenzüberschreitenden Kooperation wird maßgeblich durch die regionalpolitischen und wirtschaftlichen Interessen Usbekistans getragen. Das mit 37 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste Land in Zentralasien hat nach dem Start einer umfassenden Reform für Liberalisierung und Marktöffnung (2017) eine Kehrtwende vollzogen - vom Hauptbremser zum Haupttreiber der Wirtschaftskooperation.

Usbekistan kommt damit auch einer Forderung ausländischer Firmen an den Markt nach: Diese wollen die gesamte Region mit ihren 82 Millionen Einwohnern direkt vom Herzen Zentralasiens aus bedienen. Unter Einschluss des benachbarten Afghanistan hat der Markt eine Größe von etwa 123 Millionen Menschen.

Usbekisch-kasachische Projekte summieren sich auf 2,6 Milliarden US-Dollar

Die ökonomisch und demografisch stärksten Länder Zentralasiens, Kasachstan und Usbekistan, realisieren im Rahmen von Vereinbarungen für die Industriekooperation rund 60 gemeinsame Projekte im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar (US$; Stand: Mai 2024). Weitere 21 Vorhaben für etwa 1 Milliarde US$ werden gegenwärtig vorbereitet, darunter Projekte in der Textil-, Chemie-, Baustoff- und Ernährungswirtschaft sowie im Transportsektor. Das usbekische Unternehmen Global Textil beispielsweise will mit einem kasachischen Partner in einem grenznahen Industriegebiet fertige Textilien produzieren. 

Der bilaterale Außenhandel stieg nach Angaben der usbekischen Agentur für Statistik von 1,9 Milliarden US$ im Jahr 2016 auf im Schnitt 4,5 Milliarden US$ in den Jahren 2022 und 2023. Er soll auf mittlere Sicht die 10-Millarden-Marke erreichen, so heißt es in einem 2021 beschlossenen Maßnahmenplan zur Ausweitung der gegenseitigen Waren- und Dienstleistungsströme. 

Tadschikistan ist der Hauptgewinner der usbekischen Öffnungspolitik  

Der usbekisch-tadschikische Handel betrug in den Jahren vor 2016 infolge einer von Usbekistan verhängten Wirtschafts- und Transportblockade im Schnitt jeweils nur 7 Millionen US$. Heute beläuft sich das Handelsvolumen auf 757 Millionen US$ (2023). Es könnte 2024 die Grenze von 1 Milliarde US$ knacken. Der zwischenstaatliche Gütertransport mit der Bahn stieg 2023 auf 8,5 Millionen Tonnen, gegenüber 0,3 Millionen Tonnen im Jahr 2016. 

Usbekische Firmen investierten in die lokale Produktion von Haushaltsgeräten und Textilien. Die seit 2021 tätige und aktuell mit 50 Millionen US$ ausgestattete Usbekisch-Tadschikische Investitionsgesellschaft will 14 weitere Investitions- und Handelsprojekte mit einem Wert von 135 Millionen US$ realisieren, darunter in den Bereichen Hüttenwesen, Rohstoffförderung, alternative Energien, Textil-, elektrotechnische und Nahrungsmittelindustrie sowie Landtechnik. 

Kasachstan und Usbekistan planen neue Projekte in Kirgisistan 

Unter den aktuell geplanten kasachisch-kirgisischen Kooperationen ragen zwei Projekte hervor: der Bau eines Photovoltaikparks in der Provinz Issyk-Kul und ein Werk für die Herstellung von Ferrolegierungen in der Provinz Dschalal-Abad. 

Das bisher bedeutendste laufende Projekt Usbekistans in Kirgisistan ist ein Montagewerk für Pkw und Nutzfahrzeuge mit einer jährlichen Kapazität von 10.000 Einheiten. Seine Inbetriebnahme ist für Mitte 2024 vorgesehen. Später sollen bis zu 30.000 Einheiten pro Jahr vom Band rollen. Zudem wollen die beiden Staaten gemeinsam Landtechnik montieren, eine Textilfabrik errichten sowie Lebensmittel und Haushaltsgeräte produzieren.

In Kooperation mit interessierten Geldgebern will Usbekistan sich außerdem beim Bau von zwei großen Wasserkraftwerken mit einer installierten Kapazität von insgesamt 1.050 Megawatt am Fluss Tschatkal engagieren. 

Trilaterales Mega-Wasserkraftwerkprojekt tritt in neue Phase

Der geplante Bau des Wasserkraftwerks Kambar-Ata 1 gilt als Leuchtturmprojekt in der Regionalkooperation in Zentralasien. Kirgisistan ist mit 34 Prozent am Stammkapital der Projektgesellschaft beteiligt, Kasachstan und Usbekistan mit jeweils 33 Prozent. Die drei Partner rühren die Werbetrommel für interessierte ausländische Darlehensgeber, um das seit Jahrzehnten geplante Vorhaben endlich umzusetzen.

Trotz verbesserter Beziehungen bleiben noch einige Baustellen

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den einzelnen Ländern waren mehr als 25 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geprägt von: 

  • einem massiv übertriebenen Protektionismus, 
  • großen Konflikten um Wasserressourcen, 
  • umstrittenen Grenzverläufen und 
  • einer zwischen Usbekistan und Kasachstan herrschenden Rivalität um die Führungsposition in der Region.

Integrationsbemühungen, wie die 1994 gegründete Zentralasiatische Union (später Zentralasiatische Wirtschaftsgemeinschaft/CAEC) oder die 2005 von Kasachstan vorgeschlagene Union der zentralasiatischen Staaten, blieben erfolglos.

Seit 2016 bildet sich schrittweise ein attraktiver Wirtschaftsraum heraus, sodass heute grenzüberschreitende Projekte umgesetzt werden können. Im nächsten Schritt gilt es, die verbleibenden regionalen Konflikte zu lösen und weiter tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse abzubauen.

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