Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Wirtschaftsreformen
Reformjahr 2025 verspricht mehr Markt und weniger Staat
Usbekistan setzt mit einem neuen Reformpaket die wirtschaftliche Liberalisierung und Marktöffnung fort. Unternehmen üben aber auch Kritik am Markt.
20.09.2024
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die zentralen Planer haben sich für die Reformphase ab 2025 viel vorgenommen. Neue Regelungen und Gesetze sollen den rechtlichen Rahmen für den Privatsektor weiter verbessern und die Öffnung des Marktes vorantreiben Die Reformen orientieren sich nicht zuletzt an den Regeln für den Warenhandel und das Dienstleistungs-, Beihilfe- und Vergaberecht der Welthandelsorganisation (WTO). Usbekistan plant, 2026 der WT0 beizutreten.
Usbekischer Markt öffnet sich für mehr Wettbewerb
So will die Regierung staatliche Monopole in Sektoren wie Elektrizität, Gas oder Telekommunikation abbauen und damit Wettbewerbsverzerrungen in der Wirtschaft beseitigen. Zur Überwachung und Kontrolle monopolgeeigneter Märkte sollen unabhängige Regulierungsbehörden geschaffen werden.
Beschaffungen der öffentlichen Hand sollen künftig nur noch in wettbewerblichen Verfahren erfolgen. Zudem ist geplant, Genehmigungs- und Lizenzierungsverfahren weiter zu straffen. Verbesserungen im Gerichtswesen stehen ebenfalls auf der Reformagenda.
Mehr Marktwirtschaft bleibt Leitmotiv des Reformpaketes
Bis Anfang 2025 will die Regierung über das Schicksal von rund 29.000 staatlichen Betrieben entscheiden. Sie sollen privatisiert, reorganisiert oder liquidiert werden. Anteile an großen Staatsunternehmen werden mit Unterstützung ausländischer Berater auf dem internationalen Markt versteigert oder auf internationalen Börsen zum Erwerb angeboten, so ein Präsidialerlass vom 19. April 2024.
Regierungsangaben zufolge ist die Zahl der Betriebe mit einer staatlichen Beteiligung zwischen 2018 und 2023 um 42 Prozent geschrumpft. Dennoch stehen Staatsbetriebe noch für hohe 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Zeitraum 2021 bis 2023 wurden Vermögenswerte in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar (US$) an ausländische Investoren verkauft.
Beim Ausbau der Versorgungs-, Transport- und sozialen Infrastruktur sowie bei Vorhaben in der Bewässerungs- und Abfallwirtschaft setzt die Regierung verstärkt auf öffentlich-private Partnerschaften und rein private Engagements.
Reform | Inkraftsetzung |
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Abschaffung des Monopols für den Aufkauf von Eisenmetallschrott und -abfällen durch das Unternehmen O'zmetkombinat | 1. Januar 2025 |
Abschaffung des Monopols für den Aufkauf und Export von Buntmetallschrott und -abfällen durch das Unternehmen Uzvtorcvetmet | 1. Januar 2025 |
Aufhebung der Beschränkung für den über die Börse realisierten Export von Kathodenkupfer und Kupferdraht | 1. Januar 2026 |
Abschaffung des Exklusivrechts der OOO Oz´kimyosanoat, chemische Erzeugnisse der Betriebe von Ozkimyosanoat zu exportieren und Ausrüstungen, Ersatzteile und Komplettierungserzeugnisse für den Bedarf dieser Betriebe zu importieren | 1. Januar 2025 |
Abschaffung des Monopols von Uzbektelecom für den Zugang privater Provider zu internationalen Internetkanälen | 1. Januar 2025 (Probephase) |
Abschaffung des Monopols für den Export und Import von Erdgas durch das Unternehmen UzGasTrade | 1. Juli 2026 |
Abschaffung des Monopols für den zentralisierten Export und Import von Strom durch das Unternehmen O’zenergosotish | 1. Juli 2026 |
Abschaffung von Vorzugsbedingungen für lokale Produzenten bei der öffentlichen Beschaffungen (Einkäufen durch große Staatsunternehmen) | 1. Juli 2026 |
Staat weitet Finanzierungshilfen für kleinere und mittlere Unternehmen aus
Eine aktive Politik zugunsten der Privatwirtschaft soll die gesamtwirtschaftliche Leistung im Land antreiben. Hierzu tragen neue größere Finanzierungsprogramme bei, die gerichtet sind an Kleinstbetriebe (Jahresumsatz im Kalenderjahr bis maximal 1 Milliarde Usbekistan-Sum/etwa 80.000 US$) sowie kleine und mittlere Unternehmen (10 Milliarden Usbekistan-Sum/etwa 800.000 US$; 100 Milliarden Usbekistan-Sum/etwa 8 Millionen US$). Geplant ist außerdem die Gründung von Mikrofinanzbanken als Ergänzung zu den bestehenden Mikrofinanzinstituten (vorwiegend nur Vergabe von Kleinstkrediten).
Regierung muss noch an vielen Stellschrauben drehen
Die erreichten Reformerfolge und neue Reformen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Usbekistan noch viele Hürden auf dem Weg zu einer wettbewerbsfähigen, unternehmerfreundlichen und freien Wirtschaft meistern muss. Dauerhaft und nachhaltig wirkende Veränderungen der realen Marktbedingungen brauchen Zeit.
Das Reformmodell der GUS-Republik prägen lokale Besonderheiten, die mit westlichen Mustern einer Marktwirtschaft nicht vergleichbar sind. Der Staat steuert und kontrolliert den Reformprozess. Als zentrales Instrument setzt die Regierung in ihrer Entwicklungspolitik in einem hohen Grad auf Jahres- und mittelfristige Pläne oder Vorgaben in den einzelnen Wirtschaftsbereichen - ein Relikt aus sowjetischer Zeit. Diese Verfahrensweise geht oft mit projektbezogenen Rentabilitätseinbußen einher. Sie engt den Spielraum für flexible Investitionsentscheidungen der Unternehmen ein.
Die Einbindung lokaler Verwaltungen in Investitionsprojekte ist oft unumgänglich, ebenso eine Kooperation mit Staatsbetrieben bei der Beschaffung von Rohstoffen oder Zulieferungen. Im Bankensektor dominiert noch der Staat. Bei Privatisierungsgeschäften mehren sich Fälle undurchsichtiger Insiderprivatisierungen und des Verkaufs bedeutender Unternehmen ohne eine offene Ausschreibung.
Reformprozess verzeichnet zuletzt auch Rückschläge
Die Flut von Neuregelungen verunsichert die Amtsstuben, Unternehmen und Investoren. Versierte Buchhalter und Juristen verlieren mitunter die Übersicht über das aktuelle Regelwerk. Nicht selten gibt es Widersprüche zwischen neuen und älteren Rechtsdokumenten. Zum Teil wurden Reformen, so beispielsweise Teile der Verwaltungsreform, zurückgenommen, da sie nicht umsetzbar waren oder sich nicht bewährt haben. Die Neuformierung des institutionellen Sektors geht bisher nicht mit einer grundlegend verbesserten Regierungsführung einher.
Unternehmen nennen Hauptprobleme auf dem usbekischen Markt
Es gibt noch viele weitere Barrieren, die einem schnelleren Wirtschaftswachstum und mehr privatwirtschaftlichen Erfolgen entgegenstehen. Unternehmen nennen in Umfragen von Nichtregierungsorganisationen und Branchenvereinigungen vor allem:
- unzulängliche Korruptionsbekämpfung und Entoligarchisierung,
- mangelhafte Strom- und Gasversorgung (in den Regionen),
- zu wenig Erfolge bei der Eindämmung der Schattenwirtschaft,
- eingeschränkte Unabhängigkeit der Gerichte und Defizite bei der Wahrung von Eigentumsrechten,
- unvollkommene Gesetzgebung für die Privatisierung und mangelnde Transparenz von Privatisierungsverfahren,
- Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche Regelungen (vor allem seitens lokaler Verwaltungen und Ministerien),
- erhebliche Defizite beim Qualitätsniveau des Bildungssystems.
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