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Branchen | Vereinigtes Königreich | Energie

Transformation der britischen Energiewirtschaft geplant

Die britische Energiewende löst Milliardeninvestitionen aus und bietet deutschen Unternehmen umfangreiche Marktchancen. Der Fokus liegt auf Offshore-Wind, Wasserstoff und CCS.

Von Marc Lehnfeld | London

Die Energiewende im Vereinigten Königreich sorgt aktuell für massive Investitionen des Staates und der Industrie. Die Labour-Regierung von Premierminister Keir Starmer hat im Zuge der Klimakonferenz COP 29 in Aserbaidschan die britischen Emissionsziele verschärft. Das Vereinigte Königreich soll seine Emissionen bis 2035 nun sogar um 81 Prozent senken. Im Fokus steht dabei nicht nur die Dekarbonisierung der Industrie, sondern auch der Umbau der Energiewirtschaft. 

Für deutsche Unternehmen ergeben sich dabei vor allem in drei Bereichen vielversprechende Absatzchancen: in der Offshore-Windindustrie, im wachsenden Wasserstoffsektor und bei der Installation von Lösungen zur CO2-Abscheidung, -Transport und -Speicherung, kurz CCS.

Offshore-Wind: Zweitgrößter Markt der Welt

In der Offshore-Windindustrie ist das Vereinigte Königreich weltweit der zweitgrößte Standort nach China. Es erreicht einen Anteil von 20 Prozent an der global installierten Kapazität. Im nationalen Maßstab kommt der Offshore-Windindustrie eine zentrale Rolle bei der britischen Energiewende zu, sowohl bei der Dekarbonisierung des Energiesektors als auch beim Aufbau der Wasserstoffökonomie. Deshalb soll ihre Kapazität von aktuell rund 15 Gigawatt auf 60 Gigawatt bis 2050 ausgebaut werden. 5 Gigawatt sind dabei für schwimmende Windkraftanlagen vorgesehen. 

In der letzten Förderrunde (CfD-AR6) haben Projekte im Umfang von rund 4 Gigawatt neue Zuschläge erhalten, darunter auch eine 400 Megawatt starke schwimmende Windkraftanlage. Die vom Verband RenewableUK geführte Projektpipeline der Branche umfasst eine Gesamtkapazität von 100 Gigawatt und zeigt den großen Umfang der Planungen im Königreich. 

Die britischen Offshore-Windparks, vor allem in der Nordsee, gehören zu den größten der Welt. Allen voran steht das Dogger Bank Projekt, in dem derzeit mit 3,6 Gigawatt Erzeugungskapazität die weltweit größte Offshore-Windkraftanlage entsteht. Auch wenn die Regierung versucht, die Wertschöpfungskette stärker zu nationalisieren, ist das Land immer noch sehr importabhängig. Davon profitieren auch deutsche Zulieferer. Anknüpfungspunkte bieten große deutsche Unternehmen, die zu den wichtigen Akteuren im Markt gehören, wie RWE, EnBW, Siemens Gamesa oder Deutsche Windtechnik. 

Wasserstoff: Britische Insel wird zum Großproduzent

Die britische Regierung will bis 2030 emissionsarme Wasserstoffproduktionskapazitäten von 10 Gigawatt aufbauen. So soll im Vereinigten Königreich eine der größten Wasserstoffökonomien Europas entstehen. Daraus erwächst ein hohes Marktpotenzial für deutsche Unternehmen. Mit den Hydrogen Allocation Rounds (HAR) ist bereits eine Förderstruktur etabliert, in der bis 2025 Projekte mit einer Erzeugungsleistung von 1 Gigawatt für elektrolytischen, also grünen Wasserstoff, aufgebaut werden sollen. 

Aus der ersten Förderrunde HAR1 werden elf Projekte mit einer Gesamtleistung von 125 Megawatt gefördert. Das private Investitionsvolumen darin beträgt circa 460 Millionen Euro. Um das 2025er-Ziel zu erreichen, werden in der laufenden Evaluierung der zweiten Runde, HAR2, Zuschläge für eine Gesamtleistung der Anlagen von 875 Megawatt angestrebt. Im nächsten Jahr soll die HAR3-Runde beginnen und 1,5 Gigawatt fördern. 

Das Projektverzeichnis des Branchenverbands Hydrogen UK listet aktuell 167 geplante Wasserstoffprojekte mit einer potenziellen Gesamtproduktion von bis zu 22 Gigawatt bis 2050 auf. Die Anwendungsbreite ist hoch und reicht von mittelgroßen Projekten, zum Beispiel für Wasserstoff in Bussen oder schottischen Whiskey-Destillerien, bis zu Großprojekten, wie der Verwendung von blauem Wasserstoff in Raffinerien oder Gaskraftwerken. Letztere werden oft in Verbindung mit CCS umgesetzt. Da die schottische Regierung seit Jahren auf den Export von Wasserstoff nach Deutschland hinarbeitet, wird in Kürze eine technische Machbarkeitsstudie zum britischen Export nach Deutschland erwartet. 

CCS: Milliardenförderung für große Infrastrukturprojekte

Die britische Regierung setzt bei der Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft gezielt auf CCS-Lösungen und hat dafür milliardenschwere Subventionen in den CO2-Infrastrukturbau angekündigt. Die politische Steuerung ist dabei über die Regierungswechsel der vergangenen Jahre konsistent. Die neue Labour-Regierung plant in den kommenden 25 Jahren rund 26 Milliarden Euro in CCS-Projekte zu investieren. Der Fokus liegt auf vier strategischen Industrieclustern mit besonders hohen CO₂-Emissionen. Ab 2030 sollen dort in zwei Phasen jährlich 20 bis 30 Megatonnen CO₂ abgeschieden, transportiert und dauerhaft gespeichert werden.

Von der bereits im Herbst 2024 angekündigten staatlichen Förderung profitieren in einem ersten Schritt konkret das "East Coast Cluster" in Nordostengland und das "HyNet North West"-Cluster in Nordwestengland. Mithilfe der Förderzusagen für den Infrastrukturausbau stehen die ersten Projekte kurz vor der finalen Investitionszusage. Allein im East Coast Cluster um die Flüsse Tees und Humber sollen bis 2035 jährlich rund 23 Tonnen CO2 abgeschieden werden. 

Der langfristige Ansatz der Regierung dürfte große Investitionen in den jeweiligen Clustern in verschiedenen Projekten auslösen. Damit gehört das Vereinigte Königreich neben Norwegen und den Niederlanden zu den CCS-Leitmärkten in Europa. Für deutsche Unternehmen eröffnen sich hier vielfältige Chancen: sowohl beim Verkauf von Produkten entlang der CCS-Wertschöpfungskette als auch durch technologische Kooperationen.

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