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Branchen | Vietnam | Elektronik

Halbleiterindustrie nimmt Vietnam ins Visier

Vietnam rechnet sich gute Chancen aus, mehr Chiphersteller ins Land zu locken. Noch fehlt es an Fachkräften. Der Staat will mit Ausbildung und Anreizen nachhelfen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Vietnam will seine Halbleiterindustrie im Land ausbauen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China und wachsenden Spannungen in der Taiwanstraße suchen Hersteller nach Alternativen. Gleichzeitig hat die vietnamesische Regierung das Ziel vorgegeben, Vietnam bis 2045 zum Industrieland zu machen. Dafür muss das Land vom Niedriglohnland für einfache Montagetätigkeiten zu einem Standort für höherwertige Produktionsprozesse werden. 

Zahlreiche neue Fabriken im Aufbau

Das Thema Halbleiter hat im Jahr 2023 in Vietnam an Fahrt aufgenommen. Eine Reihe politisch hochrangig besetzter Delegationen aus den USA, unter anderem mit Präsident Joe Biden im September 2023, drehten sich vor allem um die Halbleiterindustrie. Der US-Vizeminister für Wirtschaftswachstum, Energie und Umwelt, Jose Fernandez, stellte bei einem Besuch Ende Januar 2024 Investitionen von über 8 Milliarden US$ von mehr als einem Dutzend US-Firmen in Aussicht. Nach Aussagen des CEO des US-amerikanischen Chipherstellers Nvidia, Jensen Huang, will das Unternehmen Vietnam zu seiner zweiten Heimat machen. Etliche Firmen haben 2023 bereits neue Chipfabriken angekündigt. 

 

Vietnam lockt neue Investoren anGeplante Chipfabriken
Unternehmen (Land)

Investitionssumme (in Mio. US$)

Vorhaben
Lam Research (USA)

1.000 bis 2.000

Lieferkette in Chipfertigung gemeinsam mit Sojin (Südkorea)
Amkor (USA)

1.600

Chipfabrik in Bac Ninh in zwei Phasen; erste Phase seit Oktober 2023 in Betrieb
Hana Micron (Südkorea)

1.000

Chipfabrik in Bac Giang bis 2025; erste Phase ging Mitte September 2023 in Betrieb (600 Millionen US$)
Victory Giant Technology (China)

400

Chipfabrik in Bac Ninh
Runergy (China)

293

Fabrik für Halbleiter für Solarpanele
Kine SIC Semi (USA)

200

Chipfabrik in Bac Ninh
Seoul Semiconductor (Südkorea)

50

Ausbau von Fabrik; erste Phase (300 Millionen US$) ging 2017 in Betrieb
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

 

 

Fachkräftemangel behindert Ausweitung der Industrie

Für die Umsetzung der Vorhaben müssen einige Hindernisse überwunden werden. Als das größte gilt die schlechte Verfügbarkeit von Fachkräften. Nach Aussagen des Ministers für Kommunikation und Information, Nguyen Manh Hung, braucht die Halbleiterindustrie in Vietnam 5.000 bis 10.000 Ingenieure pro Jahr. Derzeit deckten die Universitäten aber nur 20 Prozent dieser Nachfrage ab. Die USA wollen 2 Millionen US$ für die Ausbildung zur Verfügung stellen. Zahlreiche Firmen haben Vereinbarungen mit Universitäten und den staatlichen Innovationszentren geschlossen, um die Ausbildung auszubauen. Siemens hilft dem Hightech-Park in Ho-Chi-Minh-Stadt bei der Ausbildung von Ingenieuren für Chipdesign. Laut Duy Viet Vu, dem Leiter des Entwicklungszentrums von Infineon in Hanoi, ist der Pool an Ingenieuren etwas größer im Süden, wo die Industrie schon länger präsent ist als im Norden. Er sei aber ausgeschöpft.

Ein weiteres Hindernis ist die Energieversorgung. US-Vizeminister Fernandez hat die Investitionen von US-Firmen von Fortschritten beim Ausbau erneuerbarer Energien abhängig gemacht. Die Firmen sind zum Teil Klimaschutzverpflichtungen eingegangen und wollen deshalb erneuerbaren Strom beziehen. Die vietnamesische Regierung plant einen kräftigen Ausbau erneuerbarer Energien und will die Möglichkeit schaffen, dass größere Stromabnehmer ihren Strom direkt von Erzeugern einkaufen können. Der Rechtsrahmen steht aber noch nicht.

Die Energieversorgung hat noch eine andere Dimension. Mitten in den Reigen großer Ankündigungen platzte Ende 2023 die Meldung, Intel habe im Juli 2023 eine Großinvestition in Vietnam abgesagt und zwar aufgrund von Stromausfällen und schwieriger Genehmigungsprozesse. Tatsächlich kam es im Mai und Juni 2023 im Norden des Landes wegen niedriger Wasserstände in Staudämmen zu ungewohnt langen Stromausfällen, die auch Industrieparks betrafen. Durch die anhaltenden Auswirkungen des El-Niño-Effekts könnte sich das Phänomen 2024 wiederholen. 

Als Vorteil Vietnams gilt die starke Präsenz von Elektronikherstellern im Lande, die große Abnehmer von Halbleitern sind. Samsung und LG aus Südkorea sowie die Auftragshersteller von Apple, Foxconn, Pegatron, Wistron, Luxshare, Goertek und Compal haben in den vergangenen fünf Jahren ihre Lieferketten in Vietnam massiv ausgebaut.

Chancen vor allem bei Montage und Testung

Bisher konzentriert sich die Halbleiterindustrie in Vietnam auf die technisch weniger anspruchsvollen Segmente Montage und Prüfung der Chips (assembly, packaging, testing). Hier sowie teilweise im Chipdesign sehen Experten auch die besten Chancen für das Land. 

Für die Produktion der Halbleiterscheiben (Wafer) sowie der Halbleiterelemente sind Investitionen von mehreren Milliarden US$ notwendig und Länder wie die USA und Deutschland gewähren dafür Subventionen in entsprechender Höhe. Vietnam kann da nicht mithalten, auch wenn die Investitionsförderung durch Steuervergünstigungen sehr großzügig ist.

Vietnam ist wichtiger Halbleiterlieferant der USA

Die Halbleiterindustrie hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und Vietnam ist bereits ein wichtiger Akteur in den globalen Lieferketten. Das Land exportiert Halbleiter überwiegend nach China (inklusive Hongkong) und die USA. Vietnam war 2023 das drittwichtigste Lieferland der USA für Halbleiterbauelemente und Schaltungen (HS-Positionen 8541, 8542). Allerdings sind da auch viele Solarzellen mit eingerechnet. Vietnam ist durch US-Strafzölle auf chinesische Solarzellen in den letzten Jahren in dem Bereich ein wichtiger Lieferant der USA geworden, ebenso wie Thailand, Malaysia und Kambodscha.

Ungefähr 40 ausländische Firmen aus der Halbleiterbranche haben sich in Vietnam angesiedelt. Unter lokalen Firmen sind Viettel und FPT in begrenztem Maße in der Chipfabrikation aktiv. Der US-Konzern Intel hat bereits im Jahr 2010 für 1,5 Milliarden US-Dollar (US$) sein weltweit größtes Chipwerk in Ho-Chi-Minh-Stadt in Betrieb genommen. Samsung aus Südkorea hat als Teil seiner rund 20 Milliarden US$ an Investitionen im Land auch für 1 Milliarde US$ eine Chipfabrik in Nordvietnam aufgebaut. Der jüngste Zuwachs kam im Oktober 2023 durch die Eröffnung einer Fabrik der US-Firma Amkor in Bac Ninh.

Eine Reihe von Firmen unterhält Entwicklungszentren in Vietnam. Darunter seit 2023 Infineon. Die Firma hatte zunächst 2017 ein Vertriebsbüro in Ho-Chi-Minh-Stadt eröffnet. Ende Mai 2023 kam dann in der Hauptstadt Hanoi ein Entwicklungsbüro für Chips hinzu. Dort arbeiten derzeit 20 Ingenieure an globalen Projekten des Unternehmens. Firmen wie Renesas, Ampere, Qualcomm, Texas Instruments, SK Hynix, Hayward Quartz Technology und Synopsys entwickeln ebenfalls Chips in Vietnam.

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