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E-Commerce treibt Markt für Kinderprodukte an
Wer in Vietnam erfolgreich sein will, sollte direkt auf den Onlinehandel setzen. Die potenzielle Käuferschicht für hochpreisige Produkte ist derzeit noch klein, wächst aber.
03.12.2024
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Der Markt für Kinderprodukte in Vietnam wächst. Laut Prognosen des Marktforschungsunternehmens Euromonitor soll das Marktvolumen zwischen 2023 und 2028 jährlich um 7,2 Prozent zulegen, basierend auf der vietnamesischen Währung Dong. Marktexperten zufolge setzte die Branche 2023 rund 1,9 Milliarden US-Dollar (US$) um.
Große Ketten beherrschen den modernen Handel
Die Zahl der Fachgeschäfte für Kinderartikel ist in den letzten Jahren stark gestiegen, in jüngster Zeit hat sich die Zahl der modernen Filialen jedoch bei etwa 1.200 stabilisiert. Die mit Abstand größten Ketten im Kinderartikelmarkt sind Con Cung mit fast 700 Ladengeschäften, Kids Plaza (153 Läden), Bibomart (124) und AvaKids (64). Die ersten drei Platzhirsche wurden von Private-Equity-Fonds aus dem Ausland finanziert. Ausländische Ketten wie Soc & Brother (Japan), Mothercare (Vereinigtes Königreich) und Motherswork (Singapur) spielen eine geringe Rolle.
Onlinehandel lässt moderne Geschäfte erst gar nicht entstehen
Der moderne stationäre Handel macht bei Kinderartikeln verschiedenen Schätzungen zufolge etwa 20 bis 30 Prozent des Marktes aus. Traditionelle Läden und Märkte sowie der Onlinehandel teilen sich den Rest. Allerdings prognostizieren die Marktforscher von Cimigo, dass Vietnam zum Teil die Phase des modernen physischen Handels überspringen wird. Schon ab 2028 wird der Onlinehandel den stationären Handel überholen, so die Experten. Daher sollen beispielsweise die AvaKids-Filialen nach Aussagen von Unternehmensvertretern eher als Showroom dienen, während der tatsächliche Verkauf stärker online stattfinden wird.
Nach Erhebungen des Marktforschungsunternehmens Metric ist der Onlineumsatz mit Kinderartikeln über alle Kategorien hinweg zwischen Mai 2023 und April 2024 um fast 50 Prozent auf 442 Millionen US$ angewachsen. Das steht im Kontrast zu den Einzelhandelsumsätzen insgesamt, die im gleichen Zeitraum nur um 9 Prozent zulegten.
Die Onlineplattformen Shopee und Lazada, soziale Medien wie Facebook und immer stärker auch TikTok dominieren den vietnamesischen E-Commerce, auch bei Kinderartikeln. Die lokalen Plattformen Tiki und Sendo spielen kaum eine Rolle.
Westliche Produkte profitieren von einem Vertrauensvorschuss
Durch eine geringere Fertilitätsrate sinkt derzeit die mittlere Haushaltsgröße in Vietnam. Gleichzeitig steigen die Einkommen, Familien können also im Durchschnitt mehr Geld pro Kind ausgeben. Basierend auf Daten des Marktforschungsunternehmen Cimigo haben im Jahr 2024 über 20 Prozent der Haushalte ein Monatseinkommen von 1.000 US$ oder mehr. Allerdings verfügen nur 2,5 Prozent der Haushalte über ein monatliches Einkommen von mehr als 1.580 US-Dollar. Deutsche Anbieter, insbesondere mit höherwertigen Produkten, müssen sich bewusst sein, dass die potenzielle Käuferschicht je nach Preisgestaltung noch sehr begrenzt ist.
Dennoch ist der Markt für Kinderprodukte attraktiv für deutsche Anbieter, weil westliche Produkte oft einen hohen Vertrauensbonus genießen. Preiswerte chinesische Produkte spielen im Massenmarkt zwar eine wichtige Rolle. Kaufkräftige Konsumenten versuchen aber, lokale und chinesische Produkte zu vermeiden. Das Misstrauen geht zum Teil auf eine Reihe von Nahrungsmittelskandalen in den vergangenen Jahren zurück. So stand beispielsweise die vietnamesische Kette Con Cung aufgrund falscher Herkunftsangaben bei einigen Produkten 2018 im Fokus eines Skandals.
Familienpolitik in Vietnam
Der vietnamesische Staat verfolgte in den letzten Jahrzehnten eine Zwei-Kind-Politik. So wurden Staatsangestellte mit mehr als zwei Kindern finanziell bestraft und hatten schlechtere Aufstiegschancen. Im Jahr 2023 lag die Fertilitätsrate nur noch bei 1,9 Geburten pro Frau. Für eine stabile Bevölkerungsentwicklung sind 2,1 Kinder pro Frau notwendig. Inzwischen setzt der Staat wieder auf größere Familien.