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Special | Vietnam | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Kohlekraft wird zunächst ausgebaut, dann abgeschafft

Die künftige Ausrichtung der Energieversorgung ist weitgehend klar. Für die Umsetzung fehlen aber noch wichtige Weichenstellungen.  

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Energieversorgung

Mit der starken wirtschaftlichen Entwicklung des Landes ist der Energiebedarf in den vergangenen Jahrzehnten in die Höhe geschossen. In den zehn Jahren bis 2021 ist der Primärenergieverbrauch durchschnittlich pro Jahr um 7,2 Prozent und die Stromerzeugung um 9,6 Prozent gestiegen. Die vietnamesische Wirtschaft weist im regionalen und weltweiten Vergleich eine hohe Energie- und CO2-Emissionsintensität relativ zur Wirtschaftsleistung auf. Vietnam ist ein wichtiger Exportstandort und dies großteils noch für technisch weniger anspruchsvolle Güter. Hinzu kommt, dass die Kohlekraft in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat.

Der Kohlebedarf wird etwa zu 20 bis 30 Prozent importiert und die lokale Produktion ist stabil. Die Öl- und Gasförderung ist in den vergangenen Jahren konstant gefallen und Öl-Kraftwerke wurden auf Gas umgerüstet. Das heimische Öl deckte 2022 noch rund 40 Prozent des Verbrauchs; im Jahr 2016 waren es zwei Drittel gewesen. Zwei Raffinerien liefern etwa die Hälfte des Inlandsbedarfs an Kraftstoffen. Rund 1,3 Prozent des Strombedarfs importiert Vietnam aus China und Laos.

Stromerzeugung

Um mit dem starken Wirtschaftswachstum und der Ausweitung der Stromversorgung auf nahezu die gesamte Bevölkerung mitzuhalten, ist die Elektrizitätserzeugung in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt worden. Kohle hat Wasser und Gas als Energiequellen verdrängt. Die Kohlekraft hat durch günstige Kosten in den vergangenen Jahren eine starke Ausweitung erfahren, während die mit der Ölförderung verknüpfte Gasförderung gefallen ist. Kohle stellte 2022 mit knapp einem Drittel der installieren Leistung 39 Prozent der Stromerzeugung. Erst ab 2019 haben Wind- und Solarkraft durch günstige Einspeisetarife eine starke Expansion erlebt. Diese stoppte aber weitgehend 2021 mit dem Auslaufen der Einspeisetarife.

Vietnam setzt auf Gas als Brückentechnologie

Die künftige Richtung ist relativ klar, da die Regierung nach jahrelangen Verzögerungen am 15. Mai 2023 den Energieentwicklungsplan PDP 8 für den Zeitraum bis 2050 verabschiedet hat. Er sieht zunächst einen weiteren Ausbau der Kohlekraft vor. Allerdings sollen nur sechs bereits geplante Kraftwerksvorhaben (6,1 Gigawatt) bis 2030 vollendet werden. Damit erfüllt Vietnam eine Kernvereinbarung der im November 2022 geschlossenen Just Energy Transition Partnership (JETP).

Die Lücke sollen Gaskraftwerke füllen, die vor allem inländisches Gas nutzen sollen, aber der Plan sieht auch den Aufbau einer LNG-Importinfrastruktur vor. Ein erstes Terminal ist seit dem Frühjahr 2023 in Südvietnam einsatzbereit. Kohle und Gas werden dann ab 2030 bis 2050 bis auf einen Restanteil von 7 bis 10 Prozent an der Gesamtleistung auf Biomasse und Ammoniak umgestellt. 

Entwicklung und Planung der Stromerzeugung (Anteil an der installierten Leistung in Prozent)

20231)

20302)

2050

Wasserkraft

28,5

20,1

6,3-7,3

Kohle

32,3

19,0

0

Gas

9,2

23,8

7,7-9,7

Öl, Diesel

2,0

0

0

Fotovoltaik

20,5

13,0

60,5-65,0

Windkraft, an Land (oder küstennah)

6,3

13,8

12,2-13,4

Windkraft, offshore

0

3,8

14,3-16,0

Biomasse

0,5

1,4

1,0-1,2

Wasserstoff

0

0

9,8-13,4

Importe

k. A.

3,2

1,9-2,3

Andere (Batteriespeicher, Abwärme in Industrie, etc.)

0,7

1,9

7,0-8,8

1) Installierte Kapazität 2023 im Juni (ohne Importe); 2) umfasst Dachsolar (im Energieplan nur teilweise berücksichtigt)Quelle: Power Development Plan (PDP 8) 2023, NLDC 2023

Den Wasserstoff für die Ammoniakproduktion sollen vor allem Offshore-Windparks zur Verfügung stellen. Das Potenzial bei der Wasserkraft gilt als weitgehend ausgeschöpft, daher sollen Wind- und Solarkraft den Hochlauf der erneuerbaren Energien stemmen. Insgesamt steigt der Beitrag erneuerbarer Energien zunächst bis 2030 nur langsam an, um dann bis 2050 auf 67 bis 86 Prozent der Leistung anzuziehen. Die im PDP 8 definierten Ziele, dass erneuerbare Energien im Jahr 2030 bis zu 39 Prozent der Stromerzeugung ausmachen sollen, bleiben hinter der JETP-Vereinbarung zurück. Diese sieht einen Anteil von 49 Prozent vor. Aber die Regierung erklärt sich im Plan bereit, den Ausbau zu forcieren, wenn die Partnerländer Finanzmittel und Know-how zur Verfügung stellen.

Ausbau von Solardächern ohne Obergrenze

Bis 2030 sollen nur bereits geplante Solarparks gebaut werden. Hintergrund ist der etwas ungeordnete Zubau im Rahmen der Einspeisevergütung bis 2021, der die Erwartungen der Planer und die Netzkapazitäten weit übertroffen hatte. Der Plan sieht daher zwar einen unlimitierten Ausbau von Dachanlagen zur Selbstversorgung ohne Netzanschluss vor, aber kaum weitere Solarparks. Bis 2030 sollen 50 Prozent aller Wohn- und Bürogebäude Solarpanele nutzen. Zahlreiche Fabriken und Lagerhallen werden bereits mit Dachanlagen ausgerüstet.

Die Windkraft kam etwas besser weg, aber hier sind auch schon etliche Projekte einsatzbereit, die zu spät fertiggestellt wurden für die Einspeisevergütung. Die Entwickler verhandeln derzeit mit dem staatlichen Stromkonzern EVN über einen Abnahmetarif. Aber es sollen bis 2030 auch neue Windparks hinzukommen.

Wasserstoff auch für den Export

Der Offshore-Windkraft, für die Vietnams 3.000 Kilometer lange Küste gute Gegebenheiten bietet, kommt eine besondere Rolle zu. Sie soll nicht nur in großem Maße bis 2050 Strom für das Inland liefern, sondern auch für den Export. Sie soll aber auch den Großteil des Stroms für die Wasserstoffproduktion per Elektrolyse beisteuern, und dies ebenfalls für das Inland und für den Export. Geplant sind 15 Gigawatt bis 2035 und 240 Gigawatt bis 2050. 

Die Investoren stehen in den Startlöchern. Auch deutsche Unternehmen wie PNE oder WPD planen Großvorhaben in Vietnam. Aber es fehlen noch wichtige Weichenstellungen für die Umsetzung des PDP 8.

Regeln für Auktionen und direkte Abnahmeverträge fehlen noch

So müssen noch Mechanismen für die Abnahme geschaffen werden. Gedacht ist an Auktionen und direkte Verhandlungen, aber auch an direkte Abnahmeverträge zwischen privaten Entwicklern und Großstromkunden, die bisher nicht möglich sind (nur für begrenzte Solardachanlagen). Die Regierung muss auch noch den Energie-Masterplan aktualisieren. Die letzte Version im Umlauf ist vom September 2022. Der Plan soll dann jährliche Projektlisten umfassen. Kleinere Projekte werden in Masterplänen der Provinzen gelistet. Weitere Informationen zum Energieplan bietet der GTAI-Artikel "Vietnam will ab 2030 der Kohlekraft den Rücken kehren".

Vietnam ist für den Ausbau erneuerbarer Energien auf ausländisches Know-how und ausländische Technologie angewiesen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bietet deutschen Branchenunternehmen im Rahmen des Energy Support Programme Kooperationsplattformen.

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