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Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Arbeitskräfte sind weiter reichlich vorhanden, aber regional gibt es Unterschiede. Fachkräfte sind dahingegen immer schwerer zu finden.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Vietnam kann weiter mit vielen jungen Arbeitskräften trumpfen. Nach Prognosen des General Statistics Office of Vietnam (GSO) werden die Menschen im erwerbstätigen Alter noch bis 2039 mehr als doppelt so viele sein wie die sehr jungen (unter 15 Jahre) und alten Generationen (über 64 Jahre). Das gilt als günstig für die Wirtschaftsentwicklung, solange ausreichend attraktive Jobs entstehen. 

Das war zuletzt nur bedingt der Fall. Zwar wandern die jungen Menschen aus der Landwirtschaft ab in die Industrie und Dienstleistungsberufe in den Städten. Die schwache Nachfrage auf Auslandsmärkten hat 2023 aber zu massiven Entlassungen in den wichtigen Exportindustrien Textilien, Schuhe, Möbel und Elektronik geführt. 

Die Erholung nimmt seit Anfang 2024 Fahrt auf. Die Arbeitslosigkeit ist mit 2,1 Prozent im 1. Halbjahr 2024 nahezu gleich hoch wie vor einem Jahr und es sind rund 200.000 Arbeitnehmer hinzugekommen. 

Viele Arbeiter haben Jobs im informellen Sektor, etwa im Dienstleistungsbereich als Fahrer für Zustelldienste, gefunden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum waren im 1. Halbjahr 2024 rund 100.000 Personen weniger in der Landwirtschaft und 200.000 weniger in der Industrie beschäftigt. Im Dienstleistungsbereich kamen 500.000 Arbeitnehmer hinzu. Viele der entlassenen Arbeiter haben auch im Tourismus eine Anstellung gefunden, sowie in den zahlreichen neuen Fabriken: Der Zustrom an ausländischen Investitionen ist nach dem Höchstwert im Jahr 2023 auch im Jahr 2024 wieder auf Rekordkurs.

Deutsche Firmen sollten Arbeitskräftepool im Blick haben

Auch wenn es landesweit genügend Arbeitskräfte gibt, kann die Verfügbarkeit – sogar von ungelernten Mitarbeitern – regional ein Problem darstellen. Momentan haben etwa Textilunternehmen zum Teil Schwierigkeiten, Arbeiter zu finden, weil diese anderweitig untergekommen sind. 

Ähnlich kann es Fabriken in Stadtnähe ergehen, wo die Menschen mehr Jobmöglichkeiten haben. Auch fernab der Zentren kann es schwierig sein, ausreichend Arbeitskräfte zu finden, weil vietnamesische Mitarbeitende weite Anfahrtswege scheuen. Deutsche Unternehmen müssen die lokale Verfügbarkeit von Arbeitskräften bei einer Ansiedlungsentscheidung in Betracht ziehen.

Unternehmen müssen zumeist selber ausbilden

Die Verfügbarkeit von ausgebildeten Fachkräften ist ein großes Problem. Die verarbeitende Industrie – vorrangig die Bereiche Elektronik, Elektrotechnik sowie Automatisierung – sucht händeringend nach erfahrenen Mitarbeitenden und Führungskräften. Facharbeitskräfte in den Bereichen IT und Software sind besonders gefragt. In deutschen Produktionsstätten wird massiv nach technischem Personal und Ingenieuren gesucht. Auch im Dienstleistungsbereich und Verkauf, insbesondere in den Funktionen Kundendienst, Vertrieb, Marketing und Buchhaltung, mangelt es an Mitarbeitern. 

In einer Umfrage unter japanischen Firmen, die ähnlich anspruchsvoll bei der Mitarbeitersuche sind wie deutsche Firmen, beklagten in Vietnam mehr Unternehmen Mitarbeiterengpässe als in Thailand, Kambodscha oder Indonesien. Deutlich schwerer hatten es japanische Firmen in Taiwan, Malaysia, Südkorea und den Philippinen. 

Vietnam im weltweiten Vergleich

 

Gerade die Qualifikation potenzieller Kandidaten ist problematisch. Lediglich 28 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahre verfügte im 2. Quartal 2024 über einen Ausbildungsstand, der über den reinen Schulabschluss hinausgeht. Laut GSO sind rund 65 Prozent der Arbeitskräfte in informellen Arbeitsverhältnissen in der Landwirtschaft oder im Dienstleistungsbereich, wo sie keinerlei Training erfahren. Zwar sind junge Arbeitskräfte technikaffin und mit guten mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundlagenkenntnissen ausgestattet. Allerdings hapert es an einer hinreichend praktisch orientierten Berufsausbildung.

Zudem verfügen auch gut ausgebildete Fachkräfte häufig nicht über hinreichende Englischkenntnisse oder die in Unternehmen benötigten Kompetenzen wie Eigeninitiative und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Viele Firmen investieren daher eigenständig in die praktische Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeiter. Dies ist auch ein gutes Mittel, um Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden und die Fluktuation zu verringern.

Die Deutsche Auslandshandelskammer in Vietnam fördert in Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen wie Bosch, Messer, B. Braun oder Schenker mit ihrem Programm Dual Vocational Training die berufliche Bildung und Ausbildung von Beschäftigten. Einrichtungen wie die Vietnamesisch-Deutsche Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt bilden in technischen Berufen aus. Auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit engagiert sich im Bereich der Berufsausbildung.

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