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Wasserprojekte der Weltbank bieten Zulieferchancen
Der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Anlagen soll verbessert werden. Der Fokus der Bemühungen liegt auf den Regionen Subsahara-Afrika und Südasien.
11.07.2024
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
- Unternehmen als Partner, Auftragnehmer und Kreditnehmer für Wasserprojekte gefragt
- 90 Prozent des Abwassers in Entwicklungsländern ohne Abwasserbehandlung
- Investitionsbedarf von 150 Milliarden US-Dollar pro Jahr
- Weltbank-Wasserprojekte 2023 bei 38 Milliarden US-Dollar
- Ausschreibungsreform: Mehr Qualität und Nachhaltigkeit erwünscht
Anfang 2024 fand bei der Weltbank in Washington DC eine mehrtägige Veranstaltung für europäische Unternehmen der Wasserwirtschaft statt. Diese wurde von mehreren europäischen Auslandshandelskammern organisiert und sollte den Firmen ein besseres Verständnis über die verschiedenen Programme und die Ausschreibungspraxis verschaffen sowie Kontakte zu Verantwortlichen herstellen. Die Weltbank finanziert eine Vielzahl von Wasser- und Abwasserprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern, aus denen oftmals internationale Ausschreibungen resultieren.
Unternehmen als Partner, Auftragnehmer und Kreditnehmer für Wasserprojekte gefragt
Schnell wurde den beteiligten Unternehmen klar, dass die Struktur und Arbeitsweise der Weltbankgruppe nicht leicht zu durchschauen ist. Sie besteht aus verschiedenen Tochter-Institutionen mit unterschiedlichen Programmen, Strategien und Zuständigkeiten. Bei der Finanzierung und Absicherung von privaten Wasserprojekten spielen etwa die zur Weltbankgruppe gehörende International Finance Corporation (IFC) und die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) eine wichtige Rolle. Die International Bank for Reconstruction and Development (IBRD) und International Development Agency (IDA) konzentrieren sich im Gegenzug auf öffentliche Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Aus diesen Projekten resultieren wiederum Aufträge für Unternehmen.
Für das Thema Wasser gibt es eine eigene Abteilung in der Weltbank. Darüber hinaus leitet die Bank Trust Funds und Initiativen, die sich mit dem Wassersektor befassen. Die größte ist die Global Water Security & Sanitation Partnership. Neben der Weltbank sind Regierungsorganisationen aus Österreich, Australien, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Spanien und den USA sowie die Bill & Belinda Gates Foundation hieran beteiligt. Ein anderes Beispiel ist das Global Challenge Programm.
In den Programmen und Projekten geht es nicht nur um die Bereitstellung von Trinkwasser und das Management von Abwasser. Die Erschließung und Bewahrung von Wasserquellen, die Flutvorsorge sowie die landwirtschaftliche Bewässerung werden in Zeiten des globalen Klimawandels immer wichtiger.
90 Prozent des Abwassers in Entwicklungsländern ohne Abwasserbehandlung
Die Herausforderungen sind enorm. Laut Angaben der Weltbank haben Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser oder sanitären Anlagen. Rund 90 Prozent des Abwassers in Entwicklungsländern werden ungeklärt in Flüssen oder im Meer entsorgt. Neun von zehn Naturkatastrophen hängen mit dem Phänomen Wasser zusammen.
Menschen ohne Zugang zu Trinkwasser (in Mrd.) | 2,2 |
Menschen ohne Zugang zu sanitären Anlagen (in Mrd.) | 3,6 |
Klärquote für Abwasser global (in Prozent) | 52,0 |
Klärquote für Abwasser in Entwicklungsländern (in Prozent) | 10,0 |
Die Probleme werden sich in den kommenden Jahren deutlich vergrößern, vor allem durch den Klimawandel. Besonders dramatisch könnte sich die Lage beispielsweise im Irak oder Honduras entwickeln. Die weltweiten Frischwasserserven werden weiter abnehmen. Die vorhandenen Ressourcen müssten zudem effizienter eingesetzt werden. Alleine durch Verbesserung der landwirtschaftlichen Bewässerung ließen sich 1,4 Milliarden Menschen zusätzlich ernähren.
Investitionsbedarf von 150 Milliarden US-Dollar pro Jahr
Auch bei den finanziellen Ressourcen ist eine bessere Verteilung vonnöten. So belaufen sich die jährlichen weltweiten Subventionen in den Wassersektor auf rund 320 Milliarden US-Dollar (US$). Doch nur rund 6 Prozent kommen bei den 20 Prozent der Ärmsten an. Um allen Menschen Zugang zu Trinkwasser und Sanitäranlagen zu ermöglichen, wären Weltbank-Schätzungen zufolge jährliche Investitionen in Höhe von fast 150 Milliarden US$ notwendig. Die Hälfte der Gelder müsste in die Region Subsahara-Afrika fließen.
Weltbank-Wasserprojekte 2023 bei 38 Milliarden US-Dollar
Die Weltbank kann nur einen Teil dieser Mittel aufbringen. Das Gesamtportfolio der Weltbank belief sich im Jahr 2023 auf knapp 37,7 Milliarden US$ für Wasserprojekte weltweit. Die Global Water Security & Sanitation Partnership beriet neue Weltbankprojekte mit einem Volumen von 13,5 Milliarden US$. Die Region Subsahara-Afrika war der größte Empfänger.
Gemäß der IFC stammen 90 Prozent aller globalen Investitionen in die Wasserwirtschaft aus dem öffentlichen Sektor. Der Privatsektorarm der Weltbank will private Projekte, etwa in Form von Public Privat Partnerships (PPP), fördern. Sie stellt nicht nur Kapital zur Verfügung, sondern bietet auch Beratungsleistungen und ein Netzwerk an Kontakten. Bei öffentlichen Ausschreibungen unterstützt sie Unternehmen, die den Projektzuschlag erhalten haben, indem sie sich etwa an der Firma finanziell beteiligt und ihr beim Marktwachstum hilft.
Ausschreibungsreform: Mehr Qualität und Nachhaltigkeit erwünscht
Bei der Ausschreibungspraxis der Weltbankprojekten gab es zum 1. September 2023 eine wichtige Reform. Bis zu diesem Datum erhielt meist der günstigste Bieter den Zuschlag. Bereits seit 2016 haben ausschreibende Stellen die Möglichkeit, Qualität und Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Mit der neuen Reform wird dies jetzt verpflichtend. Umwelt- und Sozialverträglichkeit, Arbeitssicherheit und die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Bieter sind als Bewertungskriterien einzubeziehen.
Gegenüber den europäischen Unternehmen berichtete ein Weltbankvertreter von den bisherigen Erfahrungen mit den neuen Ausschreibungsregeln bei Wasserprojekten in Lateinamerika und der Karibik: Zunächst sträubten sich die Unternehmen gegen die zusätzlichen Anforderungen. Sie hatten unter anderem Angst, sensible Unternehmensinformationen preiszugeben. Hier war und sei weiterhin einige Überzeugungsarbeit zu leisten.
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