Zollbericht Welt Einfuhrverbote
Die Vor- und Nachteile des Protektionismus
Protektionismus ist im Vormarsch: Länder nutzen den Protektionismus, um eigene Interessen durchzusetzen und sich zu schützen. Aber wie wirkt sich das international aus?
Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn
Staaten greifen aufgrund unterschiedlicher Beweggründe auf protektionistisches Verhalten zurück, wobei hierbei die jeweilige Situation und die Umstände zu berücksichtigen sind. Länder bringen vor allem das Sicherheitsargument vor, da mit Protektionismus heimische Industrien und spezielle Sektoren, wie zum Beispiel Stahl, Landwirtschaft und Kohle, und folglich das Beschäftigungsniveau geschützt werden können. Viele Länder greifen zudem auf den Protektionismus zurück, um eigene nationale Interessen durchzusetzen und andere Länder unter Druck zu setzen.
Warum handeln Staaten protektionistisch?
Grob lassen sich folgende Beweggründe für protektionistisches Verhalten nennen:
- Schutz junger und unerfahrener Unternehmen im Inland;
- Schutz der Gründungsunternehmen aufgrund hoher Anfangsinvestitionen (Trittbrettfahrer vorbeugen);
- Abwanderung nationaler Unternehmen in Niedriglohnländer verhindern;
- Einkommensniveau im Inland halten;
- Beschäftigungsniveau im Inland halten;
- Nationale Sektoren im Inland halten;
- Wettbewerbsnachteile durch unterschiedliche Steuersätze vorbeugen;
- Staatseinnahmen generieren;
- Attraktivität inländischer Waren erhöhen;
- Druckmittel, um nationale Interessen durchzusetzen.
Effekte der tarifären und nichttarifären Maßnahmen
Staaten verwenden tarifäre Handelshemmnisse, wie Zölle oder nichttarifäre Hemmnisse, wie zum Beispiel Einfuhrkontingenten. Ersteres erhöht den Preis der eingeführten Ware um den zusätzlichen Zoll, um somit die heimischen Produkte im Vergleich zur ausländischen Ware attraktiver zu gestalten. Einfuhrkontingente beschränken die Einfuhrmengen eines Gutes auf eine bestimmte Menge. Aber auch spezielle regulatorische Maßnahmen können die Einfuhr von Waren erschweren und ausländischen Unternehmen somit den Marktzugang erschweren oder sogar gänzlich verwehren.
Inwiefern Zölle jedoch langfristig zusätzliche Einnahmen generieren bleibt fraglich, da sich Zollabgaben generell gesehen negativ auf das Handelsvolumen auswirken. Aufgrund der starken Verflechtung und der daraus resultierenden Macht eines großen Landes, liegen die Vorteile des Protektionismus zumeist auf der Seite dieser mächtigen Länder. Sie sind in der Lage, die Nachfrage nach Importgütern und den Weltmarktpreis zu beeinflussen. Durch den Preisanstieg der ausländischen Ware sinkt die Attraktivität und somit die Nachfrage nach Importen. Sinkt die Nachfrage derart, sinkt auch der Preis des Importgutes auf dem Weltmarkt, sodass die sogenannten Trade of Terms des Inlandes steigen.
20200724_Grafik_WTO_Protektionismus stirbt nicht ausJe nach internationaler Abhängigkeit und Verflechtung eines Landes (Machtpotential) kann Protektionismus lediglich einen kurzzeitigen Erfolg generieren. Zumeist reagiert die Konkurrenz auf Handelsbeschränkungen, sodass die Wahrscheinlichkeit eines Handelskrieges steigt und die Spirale gegenseitiger Vergeltungsmaßnahmen ohne absehbares Ende in Schwung gerät.
Kooperationen sind wichtig
Die Weltwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und ein System geschaffen, indem Wertschöpfungsketten länderübergreifend agieren und Kooperationen folglich notwendig sind. Der offene Markt ohne Handelsbarrieren ermöglicht einen zum Teil uneingeschränkten Zugang zu Waren und Dienstleistungen. Schotten sich jedoch immer mehr Länder ab, verliert die internationale Arbeitsteilung zunehmend an Wert und kann folglich sogar dazu führen, dass gewisse Produkte aus dem Ausland im Inland nicht mehr verfügbar oder nur für einen sehr hohen Preis erwerblich sind. Dies senkt die Wohlfahrt des Inlands enorm, da die Gesellschaft auf gewisse Produkte verzichten oder möglicherweise sehr hohe Preise zahlen muss (Importzoll auf ausländische Waren).
Generell lässt sich jedoch sagen, dass es grundsätzlich zu einer Schlechterstellung aller Staaten kommt, wenn alle Staaten nach dem Prinzip des Protektionismus handeln und sich folglich von Kooperationen untereinander fernhalten.
WTO bekämpft den Protektionismus
Die Welthandelsorganisation (WTO) setzt sich aktiv für die Bekämpfung von Protektionismus ein. Mechanismen zur Überprüfung der jeweiligen Handelspolitik, Berichte des WTO-Generaldirektors und das Portal der WTO zu Handelsmaßnahmen steigern die Transparenz und helfen frühzeitig protektionistische Maßnahmen einzelner Staaten zu erkennen.
Eine ebenfalls proaktive Maßnahme ist die Festlegung von Regeln innerhalb von Übereinkommen und Handelsabkommen. Die WTO stellt im Rahmen des WTO- und GATT-Übereinkommens zahlreiche Regeln auf, die einen fairen Handel unterstützen (zum Beispiel Präambel, Art. XI GATT). Die Stärkung multilateraler Handelsbeziehungen in Form von Abkommen genießen in der WTO eine hohe Priorität. Aber auch bilaterale Abkommen werden seit 2007 vermehrt geschlossen, was jedoch genau genommen gegen das Ziel der WTO (ein auf Dauer angelegtes multilaterales Handelssystem) verstößt. Abkommen auf multilateraler, aber auch bilateraler Ebene stehen für einen regelbasierten Freihandel und folglich gegen zunehmenden Protektionismus.
Wurden bereits Regeln missachtet und protektionistische Maßnahmen erlassen, so kann auch das Streitschlichtungsgremium der WTO zurückgegriffen werden.