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Wirtschaftsumfeld | Mexiko | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Ein Plus ist die duale Ausbildung in einigen Branchen, ein Minus die häufige Abwerbung von qualifiziertem Personal. Doch können Unternehmen dieser begegnen.

Von Björn Lisker | Mexiko-Stadt

Mexiko hat sich als Produktionsstandort für hochwertige Güter etabliert, darunter Autos (auch Premium- und Elektromodelle), optische Geräte sowie IT-Produkte. Zudem ist das Land ein wichtiger Standort für Dienstleistungen in der Luft- und Raumfahrt.

Die Bevölkerung ist jung, das Durchschnittsalter beträgt 29 Jahre. Wer Personal für eine Vertriebsniederlassung sucht, wird geeignete Bewerber finden. Zur Eignung hinzu kommt in der Regel ein großes Engagement, das von deutschen Unternehmern im Land immer wieder hervorgehoben wird. Den Bedarf an qualifiziertem Personal für technische Berufe aber können die Schulabgänger in der weltweit zwölftgrößten Volkswirtschaft nicht decken. Denn die Qualität besonders der staatlichen Schulen gilt als defizitär.

Duale Ausbildung in deutscher und mexikanischer Variante

Deswegen müssen die Unternehmen traditionell ihre Fachkräfte selbst ausbilden. Dabei können sie in einigen Branchen auf die duale Berufsausbildung zurückgreifen. Zur Verfügung steht ihnen das deutsche und das mexikanische Modell der dualen Berufsausbildung; in beiden Fällen sind deutsche Partnerorganisationen eingebunden, um es landesweit auf- und auszubauen. Diese Berufsbildungspartnerschaft trägt auch der Tatsache Rechnung, dass Mexiko nach den USA Deutschlands zweitwichtigster Handelspartner in Amerika ist; 2.100 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung sind im Land registriert.

Eine Aus- oder Fortbildung bringt oft einen unerwünschten Effekt mit sich: Die einmal qualifizierten Arbeitskräfte wissen, dass ihr Wert auf dem Arbeitsmarkt gestiegen ist. Sehr schnell bekommen sie dann auch Angebote von der Konkurrenz.

Geringe Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber  

"Wenn ein deutscher Mittelständler Mitarbeiter ins Mutterhaus nach Deutschland entsendet, wo sie fachlich fortgebildet werden, sind sie nach der Rückkehr natürlich attraktiv für Mitbewerber", sagt Eva Lora, Geschäftsführerin des auf europäische Mittelständler fokussierten Personalvermittlers Acensblue mit Sitz in Querétaro. "Mittlerweile ist es üblich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen zeitlichen Rahmen vereinbaren, in dem die qualifizierte Kraft im Unternehmen verbleibt. Will sie es früher verlassen, kann man sie rechtlich nicht daran hindern, aber sie muss dann für die Ausbildung eine finanzielle Entschädigung zahlen", erklärt Lora.

Nicht immer schützt das vor einer Abwerbung. "In der Praxis übernimmt dann eben das abwerbende Unternehmen die Ablösesumme, weil Fachkräfte mit einer solchen Qualifikation so begehrt sind. Das haben wir selbst schon schmerzhaft erlebt", sagt Mario Loske, langjähriger Geschäftsführer beim Hersteller für Sondermaschinen Strama-MPS mit Sitz in Puebla. Anders als in Deutschland sei die Loyalität der Arbeitnehmer in Mexiko eher schwach ausgebildet. 

Das gute Image deutscher Unternehmen hilft

Dramatisieren will Loske die Thematik aber nicht: "Man muss wissen, dass man auf Mexikos Arbeitsmarkt mit diesen Herausforderungen konfrontiert wird. Aber mit einiger Erfahrung gelingt es allen, damit klarzukommen. Schließlich sind die deutschen Firmen sehr erfolgreich hier im Land."

Als Pluspunkt sieht Loske, dass deutsche Arbeitgeber traditionell ein gutes Image bei mexikanischen Arbeitskräften haben. Und schließlich stimme es auch im bikulturellen Mix: "Wenn die deutschen Expats einmal die wichtigsten Details der mexikanischen Arbeitskultur verstanden haben, dann klappt es im deutsch-mexikanischen Miteinander sehr gut", so seine Erfahrung in einem Unternehmen mit 70 Beschäftigten. 

Zur Arbeitskultur gehöre es, nicht mit Lob zu sparen und Vertrauen aufzubauen. Das Vertrauensverhältnis sei wichtig, damit die mexikanischen Mitarbeitenden ihre Hemmungen verlören, kritische Themen anzusprechen, etwa Probleme im Produktionsablauf. Kulturell besteht eine Abneigung gegen das Überbringen schlechter Nachrichten, weil befürchtet wird, dies könne sich negativ auf das eigene Ansehen auswirken.  

Besonders hart ist der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Industriekorridor, in dem mexikanische, US-amerikanische, europäische und zunehmend auch asiatische Unternehmen produzieren. Der Korridor zieht sich von Süden nach Norden durchs Land. Er beginnt südöstlich von Mexiko-Stadt mit den Bundesstaaten Puebla und Tlaxcala, umfasst den Großraum Mexiko-Stadt und den sie nördlich umschließenden Bundesstaat México, die nordwestlich der Hauptstadt gelegene "Bajío"-Region von Quéretaro bis San Luis Potosí, die Stadt Guadalajara im Bundesstaat Jalisco und den Großraum der Stadt Monterrey (im nördlichen Bundesstaat Nuevo León) sowie das benachbarte Saltillo (Bundesstaat Coahuila).

Die Arbeitslosenrate in den 32 größten urbanen Zentren lag dem Mexikanischen Statistikamt INEGI zufolge im August 2024 bei 3,2 Prozent. Doch bildet die Zahl nur einen Teil der Realität ab, denn ein großer Teil des Arbeitsmarkts ist von informellen Beziehungen geprägt: Im 2. Quartal 2024 waren 54,2 Prozent der Erwerbspersonen im informellen Sektor beschäftigt.

Deutscher Arbeitsmarkt ist für mexikanische Fachkräfte nicht attraktiv

Die Anwerbung von mexikanischen Fachkräften für Unternehmen in Deutschland beschränkt sich bisher auf Beschäftigte in Pflegeberufen und vereinzelt auf den Tourismussektor. Eingebunden sind hier besonders die AHK Mexiko sowie die Carl Duisberg Centren. Allerdings mit gemischten Ergebnissen: Unzureichende Sprachkenntnisse und die langwierige, oft auch nur teilweise Anerkennung mexikanischer Abschlüsse erschweren die berufliche Integration in Deutschland. 

Wer etwa im Pflegeberuf in Mexiko seit Jahren Spritzen setzt, darf dies in Deutschland deswegen noch lange nicht. Das führt zu Frustrationen. Auch das im Vergleich kühlere Klima das meteorologische ebenso wie das gesellschaftliche lassen häufig den Wunsch übermächtig werden, nach Mexiko zurückzukehren.

Mexiko im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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