Rechtsbericht | WTO | Dienstleistungserbringung
WTO-Mitglieder vereinfachen internationale Dienstleistungen
Die Initiative, an der auch die Europäische Union maßgeblich beteiligt war, soll den Verwaltungsaufwand bei internationalen Dienstleistungen spürbar verringern.
14.12.2021
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Mit der Einigung vom 2. Dezember 2021 gehen jahrelange Verhandlungen erfolgreich zu Ende. Im Dienstleistungsbereich handelt es sich um die erste Neuregelung seit 24 Jahren.
Ziel ist es, den Verwaltungsaufwand beim internationalen Dienstleistungshandel zu minimieren. So will man den Handel erleichtern, das Geschäftsklima verbessern und natürlich Kosten senken. Die WTO rechnet mit einem Einsparpotential von circa 150 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Die Vereinbarung ist plurilateral - und trotzdem sehr relevant
Bei der Initiative handelt es sich allerdings um eine plurilaterale Vereinbarung. Das bedeutet, dass nicht alle WTO-Mitglieder an ihr beteiligt sind, die Teilnahme also freiwillig ist. Konkret haben sich 67 Staaten beziehungsweise Vereinigungen (die Europäische Union zählt als eines der 67 Mitglieder) beteiligt. Allerdings sind durch die sich beteiligenden Mitglieder nach Angaben der WTO ca. 90 Prozent des weltweiten Dienstleistungshandels abgedeckt. Überdies: Die teilnehmenden Länder verpflichten sich, die Vereinfachungen auch gegenüber denjenigen Ländern anzuwenden, die sich nicht beteiligt haben. Somit hat die Vereinbarung also erhebliche praktische Relevanz.
Innerstaatliche Regelungen
Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist Artikel VI des General Agreement on Trade in Services (GATS), wo es in Absatz 4 heißt:
"Um zu gewährleisten, dass Maßnahmen, die Qualifikationserfordernisse und -verfahren, technische Normen und Zulassungserfordernisse betreffen, keine unnötigen Hemmnisse für den Handel mit Dienstleistungen darstellen, erarbeitet der Rat für den Handel mit Dienstleistungen mit Hilfe der von ihm gegebenenfalls eingesetzten geeigneten Gremien alle notwendigen Disziplinen. Diese Disziplinen sollen sicherstellen, dass solche Erfordernisse unter anderem
a) auf objektiven und transparenten Kriterien wie Kompetenz und Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung beruhen;
b) nicht belastender sind als nötig, um die Qualität der Dienstleistung zu gewährleisten;
c) im Fall von Zulassungsverfahren nicht an sich die Erbringung der Dienstleistung beschränken."
Wozu verpflichten sich die teilnehmenden Staaten?
Die konkreten Verpflichtungen finden sich in Anhang I der Vereinbarung unter Section II. Dort ist zum Beispiel geregelt, dass, wenn machbar, dafür Sorge getragen wird, dass nur eine Behörde für erforderliche Erlaubnis angesprochen werden muss. Die Staaten verpflichten sich, wo immer möglich, Anträge in elektronischer Form entgegenzunehmen, und - zugunsten beglaubigter Kopien - auf die Einreichung von Originaldokumenten zu verzichten.
Informationen über die formellen und materiellen Anforderungen für Erlaubnisanträge sollen leicht, idealerweise online, zugänglich sein. Eventuelle Bearbeitungsgebühren sollen angemessen und transparent sein und nicht in sich selbst ein Marktzugangshindernis darstellen.
Sofern möglich sollen die zuständigen Behörden den Antragstellenden mitteilen, welche Bearbeitungsdauer zu erwarten ist, und auf Nachfrage über den aktuellen Bearbeitungsstand Auskunft erteilen. Auch wenn Anträge unvollständig sind, soll die Behörde auf Nachfrage mitteilen, welche Informationen noch fehlen.
Bei Entscheidungen über Erlaubnisse sollen nur objektive und transparente Kriterien zugrunde gelegt werden. Erstmals in der WTO gibt es eine ausdrückliche Klausel, nach der bei solchen Entscheidungen jede Diskriminierung wegen des Geschlechts ausgeschlossen sein muss.
Wie erlangen die Vereinbarungen Gültigkeit?
Rechtlich handelt es sich bei der Vereinbarung um eine "Declaration", also um eine gemeinsame Erklärung der 67 WTO-Mitglieder, in der sie sich dazu verpflichten, die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.
Implementiert wird die Einigung durch eine Ergänzung der jeweiligen nationalen Listen der besonderen Verpflichtungen ("schedules of specific committments"). Dieses Vorgehen ist in Artikel XVIII des General Agreement on Trade in Services (GATS) ausdrücklich vorgesehen. Deshalb werden die neuen Verpflichtungen in der dritten Spalte mit dem Namen "Zusätzliche Verpflichtungen" ("Additional Commitments") aufgenommen.
Um Gültigkeit zu erlangen müssen die geänderten Listen innerhalb der WTO noch zertifiziert werden. Dabei dürften sich keine größeren Probleme ergeben, da es sich bei den Änderungen ja ausnahmslos um Vergünstigungen handelt, von denen alle Mitglieder profitieren.
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