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Rechtsbericht Vereinigtes Königreich Brexit

Brexit: Geschäftsreisen im neuen Freihandelsabkommen

Das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit macht visumsfreie Geschäftsreisen weiterhin möglich - allerdings nur für bestimmte Aktivitäten

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Es gibt zwei Arten von Geschäftsreisenden

Das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit EU-VK (im Folgenden: „das Abkommen“) enthält Regelungen für bestimmte Geschäftsreisen. Es kennt zwei Arten von Reisenden:

  • „für kurze Zeit einreisende Geschäftsreisende“ (short-term business visitors; Artikel 142) und
  • „Investitionszwecke verfolgende Geschäftsreisende“ (business visitors for establishment purposes; Artikel 140 Absatz 5 (a)).

Ein wichtiger Hinweis vorab: Bei der Einreise sollten sich Geschäftsreisende darauf einstellen, dass sie darlegen und glaubhaft machen müssen, was sie im VK vorhaben. Am besten geschieht dies durch passende Dokumente – zum Beispiel Verträge oder Vertragsentwürfe, Eintrittskarten für Messen, Terminabsprachen mit Kunden o.ä. Für Investitionszwecke verfolgende Geschäftsreisende können zum Beispiel Vorstandsbeschlüsse über die Errichtung einer britischen Dependance in Betracht kommen. Ebenfalls wichtig: die Einreise mit dem Personalausweis wird nur noch vorübergehend für einige Zeit möglich sein. Idealerweise ab sofort sollten Geschäftsreisende daher mit ihrem Reisepass einreisen.

Für kurze Zeit einreisende Geschäftsreisende

Was genau für kurze Zeit einreisende Geschäftsreisende sind, ist im Abkommen nicht definiert. Allerdings gibt es bestimmte Aktivitäten, die ihnen verwehrt sind, und andere, die ausdrücklich gestattet werden. Für eine visumsfreie Einreise qualifiziert sich nur, wer eine oder mehrere der ausdrücklich gestatteten Tätigkeiten ausübt.

Was darf man nicht im Rahmen einer kurzen Geschäftsreise?

Geschäftsreisende dürfen im Gastland weder Waren verkaufen oder Dienstleistungen erbringen noch ein Gehalt aus dem Gastland beziehen. Sie dürfen außerdem nicht im Rahmen eines Vertrags ihres Arbeitgebers mit einem Unternehmen des Gastlandes Dienstleistungen erbringen – hiervon gibt es allerdings einige wichtige Ausnahmen.

Welche Aktivitäten sind im Rahmen einer kurzen Geschäftsreise möglich?

Die erlaubten Aktivitäten sind in Punkt 8. des Annex 21 abschließend aufgezählt. Die britische Seite hat keine abweichenden Maßnahmen gemeldet, so dass aktuell alle genannten Aktivitäten möglich sind. Hierzu zählen unter anderem:

•             Teilnahme an Meetings, Konferenzen

•             Markterkundung

•             Teilnahme an Messen zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit (nicht zum Zwecke der Dienstleistungserbringung)

•             Annahme von Bestellungen, Vertragsverhandlungen über Dienstleistungen oder Waren

•             Einkauf von Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des heimischen Unternehmens

•             Beteiligung an geschäftlichen Transaktionen (gilt für das Management und für befasste Finanzdienstleister)

•             Reiseführer und Übersetzungsdienstleistungen.

Eine besonders praxisrelevante erlaubte Aktivität im Rahmen einer kurzen Geschäftsreise ist die Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen („after-sales oder after-lease services“; Annex 21 Nr. 8 h): Diese gilt für Installations-, Reparatur- und Wartungspersonal (und deren Vorgesetze) mit Spezialwissen, das für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen des Verkäufers wichtig ist. Dieses Personal erbringt Dienstleistungen (oder schult andere in der Erbringung solcher Dienstleistungen), die im Zusammenhang mit einer Garantie oder einem anderen Dienstvertrag stehen, der wiederum im Zusammenhang mit dem Kauf oder der Miete von gewerblich oder industriell genutzten Maschinen oder Anlagen (inklusive Computersoftware) steht. Diese Güter sind gekauft oder gemietet worden von einer juristischen Person, die aus der selben Vertragspartei (EU oder VK) kommt wie das Personal. Dies gilt für die Dauer der Garantie oder des Dienstleistungsvertrages.

Unklar bleibt leider bis auf Weiteres, wie die britische Seite diese Regelung mit der nationalen Regelung in den Immigration Rules in Einklang bringen will, nach der diese Möglichkeiten ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Herstellers zur Verfügung stehen. In dieser Sache ist noch mit weiteren Entwicklungen zu rechnen. Bis dahin dürfte es legitim sein, sich auf die o.g. Regelung, die vom britischen Parlament gebilligt wurde, zu berufen.      

Investitionszwecke verfolgende Geschäftsreisende

Investitionszwecke verfolgende Geschäftsreisende sind Führungskräfte einer juristischen Person, die für den Aufbau einer Geschäftseinrichtung im Gastland verantwortlich sind. Voraussetzung für die visafreie Einreise: keine Erbringung von Dienstleistungen an Dritte oder sonstige wirtschaftliche Aktivität (außer für die Investition), kein Gehalt aus einer Quelle des Gastlandes. Eine weitere Einschränkung: in Punkt 7. des Annex 21 hat das Vereinigte Königreich den Anwendungsbereich auf kommerzielle Unternehmen begrenzt.

Keine vorherigen Erlaubnisse

Für beide oben genannte Kategorien gilt, dass sich die Geschäftsreisenden für bis zu 90 Tage je Sechsmonatszeitraum im Gastland aufhalten dürfen. Da Deutschland auf der britischen Liste der visumsfreien Länder steht, dürfen die oben genannten Geschäftsreisenden auch künftig ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis in das Vereinigte Königreich einreisen. Außerdem gibt es keine wirtschaftliche Bedarfsprüfung oder sonstige Verfahren mit ähnlicher Zielrichtung. Zu beachten ist allerdings, dass dies an die oben genannten Aufenthaltszwecke / Aktivitäten gebunden ist. Die Ausübung nicht genannter Aktivitäten führt dazu, dass der Aufenthalt im Vereinigten Königreich illegal wird.

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