Zollbericht NAFTA Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Handelsabkommen zwischen USA, Mexiko und Kanada (USMCA)
Das USMCA hat das nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA abgelöst. USA, Kanada und Mexiko haben das USMCA ratifiziert. Es trat am 1. Juli 2020 in Kraft.
08.09.2023
Von Susanne Scholl | Bonn
- NAFTA: Ursprungregeln mit unterschiedlichen Berechnungsansätzen
- Pflichten aufgrund des TBT-Abkommens sind zu beachten
- Neufassung des NAFTA-Abkommens war erklärtes Ziel von Präsident Trump
- Einigung mit Kanada in letzter Minute
- USMCA mit strengeren Ursprungsregelungen
- Zollvereinfachungen und verbessertem Schutz geistigen Eigentums
- Steckbrief: Zollabbau, Ursprungsregeln und Nachweise
NAFTA: Ursprungregeln mit unterschiedlichen Berechnungsansätzen
Vertragsstaaten des North American Free Trade Agreement (NAFTA) waren die USA, Kanada und Mexiko. Das Abkommen trat am 1. Januar 1994 in Kraft.
Mit dem Inkrafttreten fiel der überwiegende Teil der Zölle zwischen den Vertragspartnern weg. Das Zollabbauprogramm sah einen Wegfall der Zölle innerhalb von 15 Jahren bis zum 1. Januar 2008 vor.
Die Ursprungsregeln (Rules of Origin, Specific Rules of Origin) sahen im Gegensatz zu den Ursprungsregeln, die in den Freihandelsabkommen der EU aufgenommen wurden, bei der Berechnung des Anteils des eingesetzten Vormaterials (regional value content - RVC) wahlweise die Transaktionswertmethode und die Nettokostenmethode vor. Die Transaktionswertmethode stellt auf den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für das Fertigerzeugnis ab. Die Nettokostenmethode geht von einem niedrigeren Prozentsatz an inländischem Wertschöpfungsanteil aus, da die Vormaterialien ohne Ursprung nur zu den Nettokosten des Herstellers in Beziehung gebracht werden. Als Ursprungsnachweis war ein Ursprungszeugnis (NAFTA certificate of origin – Form 434) vorgeschrieben. Die Behandlung einer Ware außerhalb der NAFTA führt grundsätzlich zum Verlust der Ursprungseigenschaft.
Pflichten aufgrund des TBT-Abkommens sind zu beachten
Die Vertragsparteien hatten sich gemäß Art. 903 des Abkommens verpflichtet, ihre Rechte und Pflichten aufgrund des GATT Übereinkommens über technische Handelshemmnisse (TBT-Abkommen) zu beachten, Konformitätsbewertungsverfahren soweit wie möglich kompatibel mit den Verfahren der anderen Vertragsparteien zu gestalten und Institutionen zur Konformitätsbewertung in den anderen Vertragsparteien möglichst als gleichwertig mit den inländischen Institutionen zu akkreditieren.
Weitere Inhalte des Abkommens waren Regelungen zu öffentlichen Beschaffungen, Investitionen und Dienstleistungen, Streitbeilegungsmechanismen und geistigem Eigentum.
Neufassung des NAFTA-Abkommens war erklärtes Ziel von Präsident Trump
Im Mai 2017 informierte der damalige US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer den Kongress darüber, dass der damals amtierende Präsident Donald Trump Verhandlungen über eine Neufassung des NAFTA-Abkommens mit Kanada und Mexiko aufnehmen wolle. Die umfangreiche Verhandlungsagenda umfasste unter anderem die Themen Warenhandel, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen, Zoll- und Handelserleichterungen, Ursprungsregeln, technische Handelshemmnisse, Dienstleistungen, Investitionen, Geistiges Eigentum, Wettbewerbspolitik, öffentliche Beschaffungen und Streitbeilegung. Die Verhandlungen begannen im August 2017 in Washington.
Der Fortgang verzögerte sich zwischenzeitlich wegen mangelnder Übereinstimmung der Verhandlungspartner zum Marktzugang für Agrarprodukte, geographischen Herkunftsangaben und den Ursprungsregeln für Kraftfahrzeuge. Die USA und Mexiko verhandelten im Sommer 2018 zunächst ohne Beteiligung Kanadas auf bilateraler Ebene weiter und einigten sich Ende August 2018 auf die Inhalte eines modernisierten Abkommens zwischen den beiden Ländern. Gleichzeitig nahmen die USA die Gespräche mit Kanada wieder auf.
Einigung mit Kanada in letzter Minute
Nach der vorläufigen Einigung zwischen den USA und Mexiko veröffentlichte Robert Lighthizer am 31. August 2018 ein kurzes Statement zum Stand der Verhandlungen mit Kanada. Danach hatte Präsident Donald Trump den Kongress am 31. August bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass er innerhalb von 90 Tagen ab dem 31. August ein Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada unterzeichnen wolle, falls Kanada dazu bereit sei. In den darauf folgenden Wochen sollten der Kongress und Vertreter der Privatwirtschaft den Inhalt der bereits mit Mexiko erreichten vorläufigen Vereinbarung prüfen. Voraussetzung für ein trilaterales Abkommen sei noch das Einverständnis Kanadas.
Die Entscheidung Kanadas für ein trilaterales "United States Mexico Canada Agreement“ fiel in letzter Minute am 30. September 2018. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hatte die Entscheidung unter anderem davon abhängig gemacht, ob die im NAFTA-Abkommen enthaltenen Regelungen zu einem Streitbeilegungsmechanismus Bestandteil des Abkommens bleiben sollte. Weitere Konfliktpunkte waren das Thema Milchprodukte und die damaligen Zusatzzölle der USA auf kanadische Stahl- und Aluminiumprodukte zum Schutz der nationalen Sicherheit. Im Vergleich zum NAFTA bringt das neue Abkommen tatsächlich einen erleichterten Zugang zum bisher schwer zugänglichen kanadischen Milchmarkt. Auch beinhaltet das USMCA modernisierte Mechanismen zur Streitbeilegung. Eine Einigung zu den Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumprodukte wurde separat verhandelt.
Präsident Trump musste dem US-Kongress den Text des Abkommens bis spätestens zum 30. September 2018 (60 Tage vor Unterzeichnung) vorlegen. Der Text wurde am 30. November von den drei Staatschefs der USA, Kanadas und Mexikos unterzeichnet, noch vor der Amtsübernahme des heutigen Präsidenten Obrador in Mexiko.
Im Laufe des Jahres 2019 fanden Nachverhandlungen zum USMCA statt. Die USA forderten unter anderem Verbesserungen bei arbeitsrechtlichen Standards in Mexiko. Die überarbeitete Version des USMCA wurde vom mexikanischen Kongress Ende 2019 angenommen. Das US-Repräsentantenhaus und der US-Senat stimmten im Dezember 2019 und im Januar 2020 dem “United States-Mexico-Canada Agreement Implementation Act” zu. Präsident Trump unterzeichnete das Gesetz am 29. Januar 2020. Damit war das USMCA seitens der USA ratifiziert.
Das kanadische Parlament nahm das USMCA am 13. März 2020 an.
Kanada notifizierte den USA und Mexiko den Abschluss des internen Ratifizierungsprozesses am 3. April 2020. Mexiko notifizierte den USA und Kanada den Abschluss seines Prozesses am 4. April 2020. Die USA notifizierten Kanada und Mexiko den Abschluss des internen Ratifizierungsprozesses am 24. April 2020. Damit war der letzte Schritt zum Inkrafttreten des USMCA vollzogen. Das USMCA trat am 1. Juli 2020 in Kraft.
USMCA mit strengeren Ursprungsregelungen
Das USMCA hat eine Erhöhung des regionalen Wertschöpfungsanteils in der Kfz-Produktion (Regional Value Content) von 62,5 Prozent auf 75 Prozent nach der Nettokostenmethode bis zum 1. Januar 2023 oder drei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens gebracht. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass Kfz-Hersteller künftig 40 bis 45 Prozent der Produktion von Arbeitern herstellen lassen müssen, die einen Stundenlohn von mindestens 16 US Dollar erhalten.
Überdies müssen sieben "core components“ zu 75 Prozent in den Vertragsstaaten gefertigt werden, dazu zählen u.a. Motoren, Getriebe und Achsen. 70 Prozent des verbauten Stahls und Aluminiums müssen aus den Vertragsstaaten stammen. Zudem wurden Nebenabreden zur Zoll- und Kontingentregelungen bei nicht NAFTA-konformen Fahrzeugen getroffen.
Kfz-Hersteller in den USA hatten unter anderem aufgrund von Störungen der Lieferketten wegen der Corona-Pandemie Erleichterungen bei der Einführung der Ursprungsregeln gefordert. Um den Kfz-Herstellern in den USA, Kanada und Mexiko den schrittweisen Übergang zu den neuen Ursprungsregeln zu erleichtern, ergriffen die US-Zollbehörde CBP und der US-Handelsbeauftragte daraufhin verschiedene Maßnahmen. Die Zollbehörde veröffentlichte Interimsinstruktionen zur Erlangung von Zollpräferenzen.
Darüber hinaus eröffnete der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer im Gesetzblatt vom 21. April 2020 ein Antragsverfahren für nordamerikanische Hersteller von Personenkraftfahrzeugen und Kleinlastwagen zur Nutzung eines alternativen Regimes der Umsetzung für die strengeren Kfz-Ursprungsregeln im USMCA. Das Regime räumte Herstellern zwei Jahre mehr Zeit und großzügigere Kriterien für die Einführung ein. Das USMCA-Abkommen räumt dafür grundsätzlich einen Zeitraum bis zum 1. Januar 2025 ein. US-Hersteller sollten bestimmte Herstellungskriterien erfüllen, um zu dem alternativen Regime zugelassen zu werden. Anträgen auf Nutzung des Regimes sollte ein Plan zum Beispiel mit Verpflichtungen zu zusätzlichen Investitionen innerhalb Nordamerikas oder zusätzlichen Käufen von Kfz-Teilen aus den USA, Kanada oder Mexiko beigefügt sein. Die Anträge sollten dem Handelsbeauftragten bis zum 1. Juli 2020 vorliegen. Die CBP tendierte grundsätzlich zu einer großzügigen Handhabung bei der Einführung der Regeln. Sie würde den Herstellern für einen gewissen Zeitraum einen Spielraum hinsichtlich der Durchsetzung der Ursprungsregeln gewähren (informed compliance period).
Aufgrund unterschiedlicher Auslegungen der Ursprungsregeln war die großzügigere Handhabung des Ursprungsregimes für Personenkraftfahrzeuge und Kleinlastwagen seitens der USA mittlerweile Gegenstand eines Streits zwischen Kanada und Mexiko auf der einen und den USA auf der anderen Seite. Gemäß Art. 31 des USMCA-Abkommens wurde ein Schiedspanel eingesetzt, dass zu Ungunsten der USA entschied.
Die US-Zollbehörde hatte die überarbeiteten derzeit aktuellen USMCA-Ursprungsregeln (Uniform Regulations) veröffentlicht.
Neben dem Kfz-Sektor gelten auch strengere Ursprungsregeln für chemische Produkte, Stahlprodukte, Glas und Glasfasertechnik. Außerdem beinhaltet das USMCA effizientere Formen des Ursprungsnachweises und der Verifizierung des Ursprungs zur Vermeidung von Steuerhinterziehung. Der Ursprungsnachweis ist vom Hersteller oder Exporteur zu erstellen, eine Ergänzung durch den Importeur ist möglich. Im Textilsektor wird die Möglichkeit der Verwendung von Vorprodukten, die nicht aus dem USMCA-Raum stammen, im Verhältnis zu den Regeln des bestehenden Abkommen stärker limitiert, um die Verwendung höherer Anteile an in den USA hergestellten Fasern, Garnen und Geweben sicherzustellen. Überdies sollen Verifizierungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Missbrauch verbessert werden.
Zollvereinfachungen und verbessertem Schutz geistigen Eigentums
Die Vertragspartner einigten sich außerdem auf höhere Freigrenzen für Kleinsendungen, insbesondere Kuriersendungen. Mexiko erhöhte die Zollfreigrenze für Kleinsendungen auf 117 US Dollar und die Steuerfreigrenze auf 50 US$. Kanada räumte für Sendungen mit einem Wert bis zu 150 kanadischen Dollar Zollfreiheit und bis zu 40 kanadischen Dollar Steuerfreiheit ein. Die USA blieben bei der bereits geltenden Freigrenze von 800 US$. Damit soll kleinen und mittelständischen US-Unternehmen der grenzüberschreitende Warenverkehr innerhalb des USMC-Raumes erleichtert werden. Die Vertragspartner vereinbarten überdies, im gegenseitigen Handel mit Agrarprodukten keine Exportsubventionen oder besondere Schutzmaßnahmen einzuführen.
Ferner verständigten sie sich auf einen intensiven Austausch und mehr Akzeptanz hinsichtlich geographischer Ursprungsbezeichnungen. Die umfangreichen Vereinbarungen zum Schutz geistigen Eigentums umfassen unter anderem
- Schutzmaßnahmen an den Zollgrenzen vor gefälschten Produkten
- einen erhöhten Schutz hinsichtlich der Anerkennung von neuen geographischen Ursprungsbezeichnungen
- einen besonderen Schutz für Innovationen in der Pharmaindustrie
- ein Verbot von Einfuhrzöllen und anderen diskriminierenden Maßnahmen auf digitale Produkte wie E-Books, Videos, Musik, Software und Spiele, die elektronisch vertrieben werden
Auch trafen die drei Vertragspartner spezifische Vereinbarungen für die Industriesektoren Informatik und Telekommunikationstechnologie, Arzneimittel, Medizinprodukte, kosmetische Produkte und chemische Produkte. Die Vereinbarungen zielen auf eine verbesserte gegenseitige Anerkennung von regulatorischen Vorschriften und die bestmögliche regulatorische Praxis ab.
Das Abkommen enthält keine fünf-Jahres „sunset“ Klausel, wie ursprünglich von US-Seite gewünscht. Stattdessen hat es eine Gültigkeit von 16 Jahren. Die Vertragsparteien werden das Abkommen nach sechs Jahren überprüfen und gegebenenfalls um weitere 16 Jahre verlängern.
Steckbrief: Zollabbau, Ursprungsregeln und Nachweise
Zollabbau (Einfuhrland) | Zollabbau bereits abgeschlossen |
Kap. 84 | häufig schon seit Inkrafttreten zollfrei, ansonsten Abbau in 5 oder 10 Jahresschritten |
Kap. 85 | wie Kapitel 84 |
Kap 87 | wie Kap. 84 und 85 |
Kap. 28 | wie Kap. 84, 85, 87 |
Kap. 29 | wie Kap. 84, 85, 87 |
Kap. 30 | teilweise seit Inkrafttreten zollfrei, ansonsten häufig Abbau in 5 oder 10 Jahresschritten |
Ursprungregeln | |
Kap. 84 |
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Kap. 85 | Meist wie Kap. 84 |
Kap. 87 |
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Kap. 28 | wie Kapitel 84, 85, 87, seit Inkrafttreten des USMCA am 1. Juli 2020 Mindestanteil an regionaler Wertschöpfung (Regional Value Content): Mindestens 30 % nach der Nettokostenmethode oder mindestens 40 % nach der Transaktionswertmethode |
Kap. 29 | wie Kapitel 84, 85, 87, seit 1. Juli 2020 Mindestanteil an regionaler Wertschöpfung (Regional Value Content): Mindestens 30 % nach der Nettokostenmethode oder mindestens 40 % nach der Transaktionswertmethode |
Kap. 30 | wie Kapitel 84, 85, 87 |
Ursprungsnachweis | Seit Inkrafttreten des USMCA am 1. Juli 2020 ist der Ursprungsnachweis vom Hersteller oder Exporteur zu erstellen, eine Ergänzung durch den Importeur ist möglich. |