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COP27 setzt Impulse für Windenergie in Ägypten

Ein Reigen von Projektankündigungen für grüne Energie prägte die Weltklimakonferenz in Scharm El Scheich. Es stellt sich die Frage, wer all den Strom abnehmen soll.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Auch auf der diesjährigen Weltklimakonferenz (COP27) rangen Delegierte aus 200 Ländern um Klimaziele und erstmalig um Fragen der Klimagerechtigkeit. Wie zu erwarten kam eine Abschlusserklärung erst in der Verlängerung zustande. Im Gegensatz dazu preschte die auf der COP27 gut vertretene Wirtschaft mit nahezu täglichen Projektankündigungen nach vorne. Rund um die Konferenz wurden Absichtserklärungen für Projekte der Windenergie in Ägypten mit einer installierten Kapazität von insgesamt über 20 Gigawatt unterzeichnet.

Neuer Strom trotz Überkapazitäten

Angesichts derartiger Mengen an Strom stellt sich die Frage, inwieweit und wann aus den Absichtserklärungen auch echte Windräder werden. Mit Blick auf das "Wann" dürfte eher ein mittel- bis langfristiger Zeitraum wahrscheinlich sein. Sehr gegenwärtig ist dagegen der Umstand, dass die ägyptische Regierung die erforderlichen Mittel in Höhe von zweistelligen Milliardenbeträgen in US-Dollar (US$) nur beschränkt bereitstellen kann. Beabsichtigt sind daher vielfach private Investitionen auf der Grundlage von Betreibermodellen (Build Own Operate, BOO).

Für die privaten Betreiber wird daher entscheidend sein, ob jemand diese enormen Mengen an Strom abnimmt. Denn nur wenn die Abnahme garantiert ist, ist ein Projekt profitabel und finanzierungswürdig. Momentan ist der lokale Bedarf mehr als gedeckt: In Ägypten stehen Stromerzeugungskapazitäten von knapp 60 Gigawatt einer Höchstlast von 30 Gigawatt gegenüber. Diese Überkapazitäten lassen sich nicht so schnell abtragen. Das gilt auch unter Berücksichtigung des steigenden Energiebedarfs aufgrund des Wirtschaftswachstums, einer schnell wachsenden Bevölkerung, des Ausbaus energieintensiver Meerwasserentsalzung sowie des Aufbaus einer Industrie für grünen Wasserstoff.

Wenigstens mittelfristig hat sich Ägypten an fossile Energieträger gebunden - insbesondere, seitdem im Jahr 2018 drei Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke der neuesten Generation von Siemens mit einer installierten Kapazität von 14,4 Gigawatt ans Netz gegangen sind. Flamkierend dazu subventioniert die Regierung den Preis von Erdgas für die Stromerzeugung. So legte sie erst Ende Juni 2022 den Einkaufspreis von Erdgas für staatliche und private Betreiber von Stromkraftwerken per Dekret auf 3 US$ pro Millionen British Thermal Unit (MMBtu) fest. Bei einem internationalen Preis von circa 7,2 US$ pro MMBtu kann der lokale Preis als Bekenntnis zu fossilen Energieträgern interpretiert werden.

Andererseits sind mittlerweile die Kosten für Strom aus Wind und Sonne in Nordafrika so stark gesunken, dass subventionierte Gaspreise deren Wettbewerbsfähigkeit kaum beeinträchtigen. Dieser Meinung sind auch die Ingenieure und Manager von Masdar. Der Entwickler aus Abu Dhabi unterzeichnete während der COP27 eine Absichtserklärung mit der ägyptischen Regierung zum Bau eines Windparks mit einer Kapazität von 10 Gigawatt. Dem Vernehmen nach soll der Abnahmepreis bei knapp 3 US$-Cent pro Kilowattstunde liegen.

Ägypten exportiert in Zukunft Strom in die Europäische Union

Aber auch die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Erneuerbaren ändert nichts am Abnahmeproblem. Aus diesem Grund beabsichtigt Ägypten, die bestehenden Überkapazitäten und auch die geplanten neuen Kapazitäten in die Länder der Europäischen Union (EU) zu exportieren. Zu diesem Zweck wird das nordafrikanische Land Energiepartnerschaften mit der EU und Deutschland eingehen. Danach soll zunächst Flüssigerdgas, grüner Strom und später grüner Wasserstoff nach Europa transportiert werden.

Was die Fianzierung der grünen Stromerzeugung angeht, kann sich Ägypten der großzügigen Unterstützung der EU und ihrer Mitgliedstaaten sicher sein. Nie war der politische Wille dafür größer als jetzt, begründet durch den Ausstieg aus fossiler (insbesondere russischer) Energie. Dieser politische Wille umfasst auch die Bereitstellung der Mittel für den Ausbau der Exportinfrastruktur - wie die geplanten Stromtrassen, die Ägypten über Griechenland und Zypern mit der EU verbinden sollen. Zusätzlich werden weitere Stromverbindungen mit ägyptischen Nachbarländern gebaut und geplant.

Gleichzeitigkeit fossiler und regenerativer Energieträger

Auch in Kairo ist der politische Wille groß, Stromerzeugung aus Erdgas mit anderen Quellen zu ersetzen. Nicht aus Gründen des Klimaschutzes, sondern weil es unter den gegebenen Preisen lukrativer ist, Erdgas zu verflüssigen und zu exportieren, statt es für die Stromerzeugung zu verbrennen. Wegen der akuten Devisenklemme hat die Regierung vor einigen Monaten angeordnet, einzelne Kraftwerke von Erdgas auf Masut umzustellen. Zwar ist dieses Schweröl umweltschädlicher als Erdgas, dafür aber billiger. Das so eingesparte Erdgas wird exportiert und bringt dringend benötigte ausländische Devisen ein.

Folglich geht es den ägyptischen Entscheidern beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht um eine Abkehr von Öl und Gas. Im Gegenteil: Der Sektor boomt gerade. Erst vor kurzem hat der US-amerikanische Ölkonzern Chevron ein Gasfeld im Roten Meer entdeckt. Es geht also darum, die vorhandenen Erdgasressourcen gewinnbringend zu exportieren, statt sie für Strom zu verbrennen.

Diese Gleichzeitigkeit von fossilen und regenerativen Energieträgern versinnbildlicht das geplante Offshore-Projekt der Egyptian Natural Gas Holding Company, bei dem ein Windpark im Golf von Sues die benachbarten Öl- und Gasbohrungen mit Strom versorgen soll. Dazu sieht das als "Nexus on Water, Food and Energy" bezeichnete Programm der ägyptischen Regierung vor, alte Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 5 Gigawatt vom Netz zu nehmen und mit Windkraft zu ersetzen. Dieser Austausch folgt einem Trend, wonach seit 2020 ausschließlich Stromerzeugungskapazitäten auf der Basis erneuerbarer Energien ans Netz gingen - dagegen kaum noch fossile.

Auswahl von Windkraftprojekten in der Frühphase

Projektbezeichnung

Kosten in Milliarden US$

Installierte Kapazität in Gigawatt

Stadium

Beteiligte

Anmerkungen

Windfarm in Minja und Assuan

11

10

Studienphase

Stromabnehmer: Egyptian Electricity Transfer Company (EETC)

Entwickler: Masdar, Infinity Power, Hassan Allam und Souvereign Wealth Fund of Egypt

Absichtserklärung und Abnahmevertrag unterzeichnet

Windpark

-

3

Studienphase

Stromabnehmer: EETC

Entwickler: Orascom, Engie, Toyota Tsusho

Absichtserklärung unterzeichnet

Offshore Windpark im Golf von Sues

1,5

1,5

Studienphase

Stromabnehmer: Egyptian Natural Gas Holding Company

Entwickler: Seasplit Technologies, General Electric

Absichtserklärung unterzeichnet;

Engineering, Procurement and Construction-Vertrag

Gabal El Seit Windpark

1,5

1,1

Studienphase

Stromabnehmer: EETC

Entwickler: Acwa Power, Hassan Allam Holding

Ersatzprojekt für ein zunächst geplantes Gaskraftwerk in Luxor, das nicht gebaut werden soll;

Build Own and Operate-Vertrag

Windkraftprojekte (unbenannt)

-

5

Studienphase

Stromabnehmer: EETC

Entwickler: Scatec

Absichtserklärung unterzeichnet

Ras Ghareb Windfarm

1,1

0,5

Studienphase

Amea Power, Sumitomo

Stromabnahmevertrag 2019 unterzeichnet und Finanzierung in Höhe von 750 Mio. US$ im November 2022 gesichert

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022


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