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Äthiopien kündigt Öffnung des Bankensektors an

Ausländische Banken sollen in Äthiopien künftig operativ tätig werden dürfen. Fraglich ist, ob dies die Devisenknappheit im Land mindert, ein Hauptproblem deutscher Exporteure.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Äthiopien will seinen Bankensektor für ausländische Beteiligungen öffnen. Das Kabinett (Council of Ministers) setzte mit dem Beschluss vom 3. September 2022 eine lang angekündigte Maßnahme um. Details sind noch nicht bekannt, auch nicht zum Zeitpunkt der Umsetzung. Sie werden nun von der Zentralbank (National Bank of Ethiopia) ausgearbeitet und müssen dann vom Parlament verabschiedet werden.

Die Öffnung des bisher abgeschotteten Sektors wird Experteneinschätzungen zufolge behutsam sein. Die Zentralbank erwägt bis zum Jahresende die Vergabe von etwa fünf Lizenzen, sagte ein Vertreter der Bank in einem Fernsehinterview nach dem Kabinettsbeschluss. Solche Vergaben werden den Einschätzungen zufolge zunächst immer auf Einzelentscheidungen basieren. Die Behörden würden Erfahrungen damit sammeln und darauf achten, die einheimischen Institute nicht zu abrupt dem internationalen Wettbewerb auszusetzen.

Devisenkontrollen weiter verschärft

Ob und wann durch die Finanzmarkt-Öffnung auch äthiopische Firmen besser an Devisen gelangen werden, ist unklar. Die chronische und in den letzten Jahren verschärfte Dollar-Knappheit im Land gilt als Hauptproblem deutscher Äthiopien-Exporteure: Ihre potenziellen Kunden kommen wegen der harten staatlichen Devisenbeschränkungen regelmäßig nicht an die Mittel für die Bezahlung von Importen.

Die Regierung hat ihre Beschränkungen in den letzten Jahren immer weiter verschärft: Nach der letzten Reglementierung von Anfang September dürfen ins Land zurückkehrende Äthiopier ihre ausländische Währung jetzt nur noch 30 Tage, anstatt wie vorher üblich 90 Tage, halten. Ausländische Banken wären den Devisenbeschränkungen zwar ebenfalls unterworfen, sie hätten über ihre ausländischen Mutterhäuser aber besseren Zugang zu US-Dollar und Euro.

Szenarien der Öffnung: viele Konjunktive

Die angekündigte "Öffnung" umfasst nur den Bankensektor und keine anderen Finanzdienste wie Versicherungen. Zumindest war davon keine Rede in dem Facebook-Post des Präsidialamtes. Dieser Eintrag in der Landessprache Amharisch war zunächst die einzige Quelle der Öffnungs-Verlautbarung, weitere schriftliche Informationen liegen bislang nicht vor.

Laut dem TV-Interview des Zentralbank-Vertreters dürfen ausländische Banken in Äthiopien, als erstes Szenario, eigene, voll geschäftsfähige Filialen errichten. Zweite Möglichkeit ist, dass sie eine eigene Tochtergesellschaft im Land gründen müssen, verbunden mit der Pflicht zur Einlage von Eigenkapital von mindestens 5 Milliarden Birr (derzeit rund 100 Millionen US-Dollar). Eine weitere Option ist, das Engagement ausländischer Banken auf die Gründung von Joint Ventures mit noch zu benennenden Anteilsgrenzen zu limitieren. Eine vierte Möglichkeit besteht demnach darin, dass ausländische Banken lediglich mehr Rechte für ihre Repräsentanzen bekommen. Ausländische Banken führen schon heute in Äthiopien solche Repräsentanzen, allerdings dürfen sie nicht operativ sein.

Interesse eher bei afrikanischen Banken vermutet

Am meisten Interesse für einen Markteintritt vermuten ausländische Branchenvertreter bei südafrikanischen und kenianischen Banken sowie bei panafrikanischen Instituten wie der Ecobank, die bereits in vielen Ländern des Kontinents aktiv ist. Diese Institute hätten längerfristige, auf Afrika ausgerichtete Strategien und würden auf Basis ihrer Erfahrungen auf die Marktrisiken in Äthiopien eher eingehen. Das Interesse westlicher Banken hingegen halte sich sehr in Grenzen.

Abschreckend wirken demnach hohe Kosten. Die geforderte Eigenkapitaleinlage bei Gründung einer Tochter sei hoch. Auch Filialen - deren Zulassung würde das größte Maß an Öffnung bedeuten - müssten die Mutterhäuser wegen der Devisenbeschränkungen de facto mit viel Kapital ausstatten. Anstelle eines eigenen operativen Engagements im Land würden sich ausländische Player deshalb zunächst eher an äthiopischen Instituten beteiligen.

Makro-Bedingungen bleiben schwierig

Hinzu kommen makroökonomische Risiken wie eine massive Abwertung der Landeswährung. Sie würde die in Landeswährung anfallenden Erträge in US-Dollar oder Euro schmälern. Abwertungsdruck auf den Birr ergibt sich durch die anhaltend hohe Inflation, die bei über 30 Prozent liegt. Bisher hatte Äthiopiens Zentralbank den Wechselkurs mithilfe von Devisenbeschränkungen einigermaßen stabil halten können.

Nach Einschätzung eines Experten könnte die Regierung im Zuge der jetzt angekündigten Öffnung ausländische Banken auch dadurch anlocken, dass sie sie ein Stück weit von den strengen Devisenbestimmungen ausnimmt. Dies würde auch das Geschäft deutscher Exporteure anschieben. Solche Lockerungen bei der Devisenbewirtschaftung könnte sich Äthiopiens Regierung nach dieser Sichtweise dann leisten, wenn sie mehr Mittel von Institutionen wie Weltbank oder Internationalem Währungsfonds erhält. Inwieweit diese Geber dazu bereit sind, ist allerdings fraglich, angesichts der aktuellen Konflikte in Äthiopien und der internationalen Kritik an der Rolle der Regierung.

Äthiopiens Bankenlandschaft

Äthiopiens Bankensektor ist nach Experteneinschätzung weniger entwickelt als der des benachbarten Kenias, aber vergleichbar mit dem von Ländern wie Tansania. Die Gewinne sind hoch. In Zeitungsberichten ist von einer Kapitalrendite von 20 bis 50 Prozent die Rede, bei allerdings ebenfalls hohem Ausfallrisiko für Kredite.

Die Institute seien oft einer der vielen Ethnien des Landes zuzuordnen oder auch einer Konfession. Der Markt sei zersplittert, einzelne Anteilseigner dürften höchstens 3 Prozent des Kapitals halten. In den letzten Jahren seien zudem etliche neue Institute entstanden, unter anderem finanziert von kapitalkräftigen Äthiopiern, die wegen der Devisenbeschränkungen ihr Geld im Land anlegen müssen und sonst wenige Objekte finden.

Dominierend ist die staatliche Commercial Bank of Ethiopia, deren "Marktanteil" ein Zeitungsbericht auf rund die Hälfte taxiert. Bei der Finanzierung von Importen ist der Anteil nach Brancheneinschätzung noch deutlich höher. Die Bank unterliege durchaus politischer Einflussnahme und es fehle ihr an Know-how. Im Vergleich zu anderen staatlichen Banken in Afrika arbeite sie allerdings recht professionell.

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