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Branchenstruktur
In Argentinien gibt es eine starke lokale Pharmaindustrie, deren Produktion über drei Viertel der Nachfrage des Landes deckt.
21.10.2024
Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile
Argentiniens Pharmabranche durchlebt schwere Zeiten. Zwar stieg der Industrielle Produktionsindex (PII) 2023 im Vergleich zu 2022 noch um 1,2 Prozent (Gesamtchemie: -2,7 Prozent). Doch 2024 können sich auch die Arzneimittelhersteller der Rezession nicht mehr entziehen. Im Vergleich zur Vorjahresperiode ging der Index im 1. Halbjahr 2024 um 11,4 Prozent zurück (Gesamtchemie: -8,1 Prozent).
Starke lokale Industrie
Im Gegensatz zu sonst in der Region ist der argentinische Pharmamarkt überwiegend in lokaler Hand. Laut CILFA deckt die heimische Produktion über drei Viertel des Binnenverbrauchs (2023: 79 Prozent). Anders sieht es bei den zu verarbeitenden Wirkstoffen aus. Von diesen kommen rund 80 Prozent aus dem Ausland, vor allem aus China und Indien (46,3 und 18,3 Prozent), gefolgt von der Schweiz (7,3) und Deutschland (6,6).
In den letzten Jahren stellte eine Reihe ausländischer Firmen die Produktion vor Ort ein. Brancheninsider führen dies auf die chronisch schwierige ökonomische Lage zurück. Allerdings bedeutet ein solcher Schritt meist keinen Abschied vom argentinischen Markt. Viele haben Lizenzen an lokale Firmen vergeben. "In Argentinien ist die Krise zur Normalität geworden. Aber dazwischen gibt es immer wieder Phasen des Wachstums. Dies macht den Markt attraktiv genug, um zu bleiben," bewertet ein Vertreter eines deutschen Pharmaunternehmens in Buenos Aires die Situation.
Für die, die geblieben sind, stellen ihre Töchter vor Ort jedoch auch eine wichtige Verkaufsplattform für hauseigene Artikel dar, die sie nicht selbst im Land herstellen. Im Schnitt machten importierte Erzeugnisse 2023 für internationale Pharmafirmen die Hälfte ihres Absatzes in Argentinien aus, die andere Hälfte war lokal produziert. Anders ist es bei lokalen Firmen: Etwa 94 Prozent ihres Absatzes besteht aus lokal hergestellten Erzeugnissen - die restlichen 6 Prozent sind Importe.
Marktführer ist die argentinische Grupo Roemmers. Weitere große Player sind Elea Phoenix und Casasco. Unter den deutschen Anbietern findet sich lediglich Bayer unter den größten zehn. Daneben sind Boehringer Ingelheim und Merck (ohne Produktion) in Argentinien aktiv. "Argentinien ist ein sehr attraktiver Markt für uns – und der Mühe wert. Das gilt umso stärker, wenn die Wirtschaft hier wieder wächst," erklärt Marcelo Ponte, Geschäftsführer Healthcare South Cone (Argentina, Bolivia, Uruguay, Paraguay) & Managing Director Merck Argentina.
Unternehmen | Herkunft | Verkaufserlöse |
---|---|---|
Roemmers | Argentinien | 538 |
Elea Phoenix | Argentinien | 497 |
Casasco | Argentinien | 404 |
Gador | Argentinien | 386 |
Química Montpellier | Argentinien | 332 |
Fast alle Firmen haben ihren Sitz in oder um Buenos Aires. Kato Mastai beobachtet allerdings: "Der Verkauf von Arzneimitteln in Argentinien wird dezentraler. Es genügt nicht mehr, das Geschäft von Buenos Aires aus zu betreiben. Man wird künftig stärker herumreisen müssen, um wichtige Kontakte zu Entscheidern zu pflegen." Aber das ist nicht alles:
Importe nach Argentinien werden wieder leichter
Laut UN Comtrade importierte Argentinien 2023 pharmazeutische Produkte für 2,6 Milliarden US$, erheblich weniger als in den Vorjahren. Die Spitzenwerte 2021/22 spiegeln die hohen Einkäufe von Corona-Impfstoff wider. Hinzu kamen 2023 die prekäre Devisensituation und die zurückgehende Kaufkraft. Für 2024 rechnet die Branche wieder mit steigenden Importen.
Wichtigstes Herkunftsland waren 2023 die USA (742,4 Millionen US$; 29 Prozent Importanteil). Deutschland folgte an zweiter Stelle (18 Prozent). Gefragt sind insbesondere Originalpräparate und Spezialitäten, die nicht in Argentinien selbst hergestellt werden. Auffällig ist der wachsende Anteil der Biosimilars (2023: 37 Prozent), fast zwanzig Mal mehr als noch vor zwanzig Jahren.