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Wirtschaftsumfeld | Südostasien | Konjunktur

Wachstum in der ASEAN zieht an

Für deutsche Firmen, die diversifizieren wollen, werden die Länder Südostasiens immer wichtiger. Die Region zählt zu den dynamischsten der Welt. 

Von Alexander Hirschle | Singapur

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) soll künftig noch stärker steigen. Gemäß Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstituts AMRO (ASEAN+3 Macroeconomic Research Office) wird sich das reale Wachstum in der Staatengemeinschaft im Jahr 2024 auf 4,8 Prozent und im Folgejahr auf 4,9 Prozent belaufen. Noch 2023 hatte die Rate bei 4,2 Prozent gelegen. Getragen wird die positive Entwicklung unter anderem von einer Erholung der Inlandsnachfrage und des Tourismus. 

Südostasien kann schwächeres Wachstum in Ostasien teilweise kompensieren 

Während die Dynamik in den meisten ASEAN-Ländern anzieht, schwächt sich das Wachstum in den reiferen Volkswirtschaften Ostasiens laut AMRO ab. Die Asian Development Bank (ADB) prognostiziert eine ähnliche Entwicklung in beiden Regionen. Bislang sind China (inklusive Hongkong), Südkorea und Japan die wichtigsten deutschen Handelspartner in Asien. China ist das bedeutendste Lieferland der Bundesrepublik und lag 2023 auf Rang 4 bei den deutschen Ausfuhren. Das schwächere Wachstum in Ostasien könnten die ASEAN-Staaten nun ein Stück weit abfedern. Ihre absolute Wirtschaftskraft ist allerdings noch verhältnismäßig gering: Das Bruttoinlandsprodukt aller zehn ASEAN-Staaten zusammen belief sich 2022 mit rund 3,6 Billionen US-Dollar auf ein Fünftel der chinesischen Wirtschaftsleistung. 

Diversifizierung spielt ASEAN in die Karten 

Viele deutsche Unternehmen sind im Rahmen ihrer Diversifizierungsbestrebungen bereits auf der Suche nach neuen Absatzmärkten in Südostasien. Die Ausfuhren in die Region haben sich in den letzten Jahren besser entwickelt als die nach China. Und schon heute nehmen die ASEAN-Länder insgesamt mehr deutsche Exporte auf als beispielsweise Japan oder Südkorea. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Auslandshandelskammern, Beratungsunternehmen und Kanzleien vor Ort berichten, dass sich die Anfragen von Unternehmen, die ihre Aktivitäten in der Region ausbauen möchten, häufen. 

Philippinen sind Spitzenreiter beim Wachstum

Das höchste Wirtschaftswachstum in der Region verzeichnen die Philippinen. Für 2024 sagt AMRO für den Archipel eine BIP-Steigerung von 6,3 Prozent voraus, angekurbelt vor allem durch Dienstleistungen wie Einzelhandel und Tourismus. Auch die ADB sieht die Philippinen sowie Vietnam mit einem Plus von jeweils 6,2 Prozent ganz vorne. Vietnam profitiert von steigenden Industrieexporten. Die niedrigsten Wachstumsraten dürften 2024 und im Folgejahr wenig überraschend auf Singapur – die reifste Volkswirtschaft in Südostasien – und Thailand entfallen. Das Königreich leidet derzeit unter nachlassendem Konsum und einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte.  

Hohe Inflation geht zurück 

In den vergangenen Jahren war die hohe Inflation in vielen Ökonomien der Region ein entscheidender Hemmschuh für stärkeres reales Wachstum. Vor allem ärmere Bevölkerungsschichten waren von rasch steigenden Nahrungsmittelpreisen betroffen, wodurch die ohnehin geringe verfügbare Kaufkraft weiter geschmälert wurde. Doch hier zeichnet sich Besserung ab: Die ADB sagt wie AMRO einen klaren Abwärtstrend bei den Inflationsraten voraus, so dass die Preissteigerung in der ASEAN-Gruppe 2025 wieder bei gut 4 Prozent liegen dürfte.

Auch bei der Wechselkursschwäche gibt es Entwarnung. Die Währungen in den ASEAN-Staaten hatten in den ersten Monaten des Jahres 2024 bis zu 7 Prozent an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren, und es kamen schon erste Bedenken bezüglich einer neuen Währungskrise analog zu 1997 auf. Doch Finanzexperten verweisen auf deutlich gesündere Fundamentaldaten, die hohen BIP-Steigerungen und eine insgesamt größere Resilienz der Ökonomien im Vergleich zur Situation um die Jahrtausendwende.

Gretchenfrage: Erst reich oder erst alt? 

Die Volkswirtschaften der ASEAN benötigen dringend hohe Wachstumsraten, da sie – mit Ausnahme von Singapur - noch nicht den Status eines Industrielandes erreicht haben. Die Fertilitätsrate sinkt in der Region insgesamt betrachtet aber bereits, vor allem in Malaysia und Thailand. In Ländern wie den Philippinen oder Indonesien steigt sie hingegen in den kommenden Jahren noch weiter an. 

Früher oder später werden die Gesellschaften alle mit den Herausforderungen einer alternden Bevölkerung kämpfen müssen, wie Arbeitskräftemangel, einer sinkenden Steuerbasis, der Finanzierung der Renten und der Gesundheitssysteme. Südkorea, Japan und Singapur waren wohlhabend, bevor die Menschen im Schnitt alt wurden. Die entscheidende Frage in den meisten Ländern Südostasiens lautet nun: Schaffen die Volkswirtschaften es ebenfalls, reich zu werden, bevor sie alt sind?

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