Branchen | Australien | Abfallwirtschaft
Branchenstruktur
Die vier größten Unternehmen in der Abfallentsorgung erreichen einen Marktanteil von über 40 Prozent. Die energetische Verwertung ist noch schwach ausgeprägt.
28.10.2024
Von Heiko Stumpf | Sydney
Großunternehmen mit starker Marktmacht
Die australische Entsorgungsindustrie besteht aus rund 820 Unternehmen und erzielte nach Zahlen von Ibis World im Finanzjahr 2021/2022 einen Umsatz von umgerechnet 2,9 Milliarden US-Dollar (US$). Nach einer Konsolidierungsphase wird der Sektor zunehmend durch Großunternehmen dominiert.
Die vier führenden Firmen in der Abfallentsorgung erreichen einen Marktanteil von über 40 Prozent. Dazu zählen Cleanaway (Anteil 21,5 Prozent), Veolia (Anteil 15,2 Prozent), JJ Richards & Sons (Anteil 5,0 Prozent) und Remondis (Anteil 4,0 Prozent).
Der Branchenführer Cleanaway setzt auf Wachstum durch Firmenzukäufe. Anfang 2022 erfolgte die Übernahme des Unternehmens Global Renewables Holding, das auf die Behandlung von Bioabfällen spezialisiert ist. Zuvor hatte sich Cleanway auch SKM Recycling sowie Teile der australischen Sparte von Suez einverleibt. Landesweit betreibt Cleanway eine Flotte von etwa 5.900 Müllfahrzeugen und ist von rund 130 kommunalen Councils mit der Abfallbeseitigung beauftragt.
Führendes Recyclingunternehmen ist Visy. Pro Jahr recycelt Visy rund 1,2 Millionen Tonnen Papier und Pappe, 512.000 Tonnen Glas, 91.000 Tonnen Plastik und 41 Tonnen Metall. Über bedeutende Kapazitäten verfügen auch die Pact Group für Plastik sowie Orora, insbesondere für Papier und Pappe, Glas sowie Aluminium. Papierrecycling betreiben auch Opal Australia Paper und Norske Skog. Sims Metal spielt eine wichtige Rolle im Recycling von Metallabfällen. Bingo Industries ist stark im Baubereich.
Entsorger erzielen große Reichweite
Obwohl besonders das Landesinnere von Australien durch eine sehr geringe Bevölkerungsdichte und weite Entfernungen geprägt ist, funktioniert die Abfallentsorgung flächendeckend. Rund 99 Prozent der Haushalte haben eine regelmäßige Müllabfuhr. Im Outback gibt es häufig Einrichtungen für die Müllabgabe. Zudem können rund 98 Prozent der Haushalte eine Recyclingtonne nutzen. Die getrennte Sammlung von organischem Abfall ist mit 84 Prozent noch weniger verbreitet.
Für das Recycling wird jedoch in der Regel nur eine gelbe Recyclingtonne bereitgestellt, in der Papier, Glas, Hartplastik und Metall gesammelt wird. Dadurch kommt es zu hohen Kontaminationswerten durch Bruchglas, aber auch durch unsachgemäß entsorgte Stoffe wie Weichplastik und Nahrungsmittelabfälle. Insbesondere die Unternehmen im Papierrecycling sprechen sich deshalb für eine bessere Mülltrennung aus. Als erster Bundesstaat will Victoria bis 2030 ein flächendeckendes Vier-Tonnen-System für Glas, Papier/Metall/Plastik, Bioabfall und Restmüll einführen.
Bis auf Tasmanien und Victoria haben mittlerweile alle Bundesstaaten Pfandsysteme für Getränkeverpackungen eingeführt. Jedoch wollen Tasmanien und Victoria im Jahresverlauf 2023 nachziehen. Die Effizienz der Systeme ist sehr unterschiedlich. South Australia und das Northern Territory erzielen mit 76 beziehungsweise 72 Prozent sehr hohe Sammelraten. In Western Australia werden jedoch nur 53 Prozent der Getränkeverpackungen über das Pfandsystem zurückgewonnen.
Mehrere Systeme im Rahmen der Herstellerverantwortung
In besonderen Abfallströmen wie Elektronikmüll oder Altreifen erfolgt die Entsorgung im Rahmen von Product Stewardship Programs. Diese werden in der Regel auf freiwilliger Basis durch die Industrie getragen und lediglich staatlich akkreditiert. Der Gesetzgeber kann aber auch selbst einen verbindlichen Rahmen schaffen.
Material | Name | Art | Sammelmenge (in t.) * | Sammelrate (in %) * |
---|---|---|---|---|
TV-Geräte und Computer | National TV and Computer Recycling Scheme | Co-Regulierung | 55,500 | 43 |
Mobilfunkgeräte und Zubehör | MobileMuster | Freiwillig | 106 | k.A. |
Öl | Product Stewardship (Oil) Act | Freiwillig | 420,000 | k.A. |
Verpackungen | Australian Packaging Convenant | Freiwillig | 3,787.000 | 55 |
Altreifen | Tyre Stewardship Scheme | Freiwillig | 246,000 | 68 |
Mit B-cycle startete im Februar 2022 auch ein System für das Recycling von Batterien. Zuvor wurden rund 90 Prozent der Altbatterien auf Müllhalden entsorgt. Nach der Product Stewardship Priority List will sich die Regierung künftig insbesondere um die Einführung von Systemen für Fotovoltaik und E-Waste kümmern.
Auf freiwilliger Basis ist in Australien auch die Verwendung von Recyclinglabeln geregelt. Planet Ark und die Australian Packaging Covenant Organisation (APCO) haben dafür das Australasian Recycling Label ins Leben gerufen, das von zahlreichen Unternehmen unterstützt wird. Bis 2023 sollen etwa 80 Prozent aller in Supermärkten verkauften Produkte mit dem Label versehen sein.
Waste-to-Energy-Sektor ist noch im Entstehen
Die energetische Verwertung von Abfällen spielt bislang keine große Rolle. Der Sektor besteht aus wenigen Kleinanlagen, überwiegend für Deponiegas. In Zukunft dürfte es vermehrt Projekte für Großanlagen zur Müllverbrennung geben. Den Anfang macht der Bundesstaat Western Australia. In der Kwinana Industrial Zone bei Perth werden bereits zwei Großprojekte realisiert.
Nach einer Bauzeitverzögerung von mehr als zwei Jahren will Avertas Energy im Jahr 2023 eine Müllverbrennungsanlage mit einer Kapazität von 400.000 Tonnen in Betrieb nehmen. Der Betriebsbeginn für das benachbarte East Rockingham Waste to Energy Project mit einer Kapazität von 300.000 Tonnen pro Jahr soll ebenfalls 2023 erfolgen.
Cleanaway will bis 2027 umgerechnet rund 1,4 Milliarden US$ in den Bau zweier Müllverbrennungsanlagen in Victoria und Queensland investieren. In Victoria ist eine Kapazität von 380.000 Tonnen pro Jahr geplant, wofür bereits ein Grundstück in Wollert im Norden von Melbourne erworben wurde. Für Queensland ist ein Standort bei Brisbane anvisiert.
Pläne von Cleanaway für eine Anlage in Sydney scheiterten jedoch an den rechtlichen Rahmenbedingungen. Im Jahr 2022 hatte die Regierung des Bundesstaates New South Wales den Energy from Waste Infrastructure Plan vorgestellt. Der Bau von Anlagen ist demnach nur in vier festgelegten Industriegebieten weit außerhalb von Sydney erlaubt. Deshalb muss Cleanaway alternative Pläne erarbeiten.
Nach neuen Möglichkeiten sucht auch Remondis, nachdem eine geplante Müllverbrennungsanlage in Swanbank (Queensland) an regulatorischen Hürden scheiterte. In Victoria will Veolia das Maryvale Project mit einer Kapazität von 325.000 Tonnen pro Jahr errichten. Allerdings hat Victoria eine Deckelung für die energetische Abfallverwertung von 1 Million Tonnen pro Jahr eingeführt.