Der Investitionsbedarf ist immens. Bis 2030 sollen 12 Millionen Tonnen Müll zusätzlich verwertet werden. Zusätzliche Kapazitäten braucht es insbesondere für das Plastikrecycling.
Abfallmengen steigen kontinuierlich an
Australiens Entsorgungsunternehmen müssen immer größere Abfallmengen bearbeiten. Im Finanzjahr 2020/2021 (Juli bis Juni) erzeugte Down Under insgesamt 75,8 Millionen Tonnen Abfall. In den vergangenen 15 Jahren gab es einen durchschnittlichen Zuwachs von 1,3 Prozent pro Jahr.
Während das jährliche Müllaufkommen pro Kopf mit zuletzt drei Tonnen eine leicht rückläufige Tendenz aufweist, dürfte das hohe Bevölkerungswachstum auch künftig für einen Anstieg der Gesamtmenge sorgen. Insbesondere die Bauindustrie produziert steigende Abfallmengen.
Mit rund 28 Millionen Tonnen pro Jahr landen weiterhin beträchtliche Müllmengen auf den Deponien. Die Verwertungsquote trat mit rund 63 Prozent in den vergangenen Jahren auf der Stelle. Der Großteil entfällt mit 60 Prozent auf stoffliche Verwertung durch Recycling. Die energetische Verwertung ist mit drei Prozent nur schwach ausgeprägt.
Abfallpolitische Ziele erfordern Ausbau des Recyclingsektors
Die australische Regierung will mit dem National Waste Policy Action Plan bis zum Jahr 2030 eine durchschnittliche Verwertungsquote von 80 Prozent erreichen. Dies erfordert große Anstrengungen, insbesondere im Recyclingsektor.
Bislang sind die Recyclingquoten sehr ungleich verteilt. Ausreichend hohe Wiederverwertungsraten gibt es derzeit nur bei Metall (2020/2021: 87 Prozent) und Bauabfällen (2020/2021: 80,2 Prozent). Baustoffe werden dabei fast ausschließlich lokal recycelt, während Metall zu etwa 50 Prozent für die Wiederverwertung exportiert wird.
Weiter gesteigert werden müssen die Recyclingraten für Glas und Papier. Erhebliche Mengen der beiden Wertstoffe werden immer noch auf Mülldeponien entsorgt. Große Anstrengungen unternimmt der Verpackungshersteller Visy. Bis 2030 will das Unternehmen rund 1,4 Milliarden US-Dollar (US$) in den Ausbau seiner Recyclingkapazitäten investieren. Dadurch soll der Anteil recycelten Materials bei Glasflaschen von 30 auf 70 Prozent steigen.
Für die Altglasverarbeitung entsteht für rund 347 Millionen US$ eine Anlage bei Yatala im Bundesstaat Queensland. Ab 2025 soll diese 1 Million Tonnen Glasverpackungen pro Jahr produzieren. Zudem erhöht Visy den Recyclinganteil bei der Papierherstellung.
Rahmendaten zur Abfallwirtschaft in Australien 2020/2021 *Abfallart | Abfallmenge (in Mio.t.) | Recyclingmenge (in Mio.t.) | Recyclingquote (in %) |
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Bauschutt | 25,17 | 20,95 | 83,2 |
Metall | 5,71 | 4,97 | 87,0 |
Organische Stoffe | 14,43 | 6,68 | 46,3 |
Papier und Pappe | 5,76 | 3,15 | 54,7 |
Plastik | 2,63 | 0,34 | 12,9 |
Glas | 1,54 | 0,91 | 59,1 |
Textilien | 0,86 | 0,04 | 4,7 |
Gefährliche Abfälle | 7,37 | 1,99 | 27 |
Kohleasche (Stromerzeugung) | 12,02 | 6,02 | 50,1 |
Sonstige | 0,3 | 0,02 | 6,7 |
Gesamt | 75,78 | 44,4 | 58,6 |
* Veröffentlichung erfolgt alle zwei Jahre.Quelle: National Waste Report 2022; Department of Agriculture, Water and Environment
Großer Handlungsbedarf im Kunststoffsektor
Massiv ausgebaut werden müssen die Kapazitäten für das Recycling von Kunststoffen. Mit 13 Prozent ist die Wiederverwertungsrate extrem niedrig. Zuletzt wurden in Australien nur 216.000 Tonnen Plastik recycelt, weitere 124.000 Tonnen wurden zu Recyclingzwecken exportiert.
Initiativen für den Aufbau einer lokalen Kreislaufwirtschaft kommen aus der Verpackungsindustrie. Der Hersteller Pact Group will seine Plastikrecyclingkapazitäten bis 2025 auf rund 120.000 Tonnen pro Jahr steigern. Bereits 2023 werden in Melbourne zwei Anlagen mit einer Kapazität von jeweils 20.000 Tonnen pro Jahr in Betrieb gehen, welche die Kunststoffe PET, HDPE und PP verarbeiten. Zwei weitere Projekte in Queensland und Western Australia sind in der Planung.
Große Probleme bereitet der Umgang mit Weichplastik. Negativschlagzeilen machte insbesondere das REDcycle Programm, über welches Plastikverpackungen von den Supermarktketten Coles und Woolworths eingesammelt wurde. Mangels ausreichender Recyclingkapazitäten wurde Material heimlich in Lagerhallen verstaut.
Eine Reihe von Unternehmen arbeitet bereits an Lösungsansätzen. Die Firmen Cleanaway und Quenos setzen auf das Pyrolyseverfahren, um Weichplastikabfälle in synthetisches Öl zu verwandeln. Dieses kann als Ausgangsstoff für neue Kunststoffprodukte dienen. Zwei geplante Anlagen in Sydney und Melbourne könnten pro Jahr insgesamt 100.000 Tonnen Weichplastikabfall verarbeiten. Die erforderliche Investitionssumme wird mit über 345 Millionen US$ angegeben.
APR Plastics kooperiert für seine Pyrolyseanlage in Melbourne mit dem deutschen Unternehmen Biofabrik. Advanced Recycling Victoria wiederum bevorzugt die neue Cat-HTR-Technologie des australischen Start-ups Licella. Das geplante Projekt in Altona bei Melbourne soll pro Jahr 20.000 Tonnen Plastikabfall verflüssigen.
Regierung stellt Fördermittel bereit
Für den Aufbau der benötigten Recyclingkapazitäten erhalten Unternehmen finanzielle Zuschüsse über den Recycling Modernisation Fund (RMF). Die nationale Regierung in Canberra steuerte bis Ende 2022 rund 174 Millionen US$ bei. Verwaltet wird der Topf durch die Bundesstaaten, welche eine Kofinanzierung in ungefähr gleicher Höhe bereitstellen.
Durch die jeweiligen Programme der Bundesstaaten wurden bislang 85 Einzelprojekte ausgewählt. Bis 2024 entstehen dadurch neue Recyclingkapazitäten mit einer Kapazität von rund 1,1 Milliarden Tonnen. Mit 327.000 Tonnen entfällt der größte Teil auf die Entsorgung von Altglas. Aber auch das Plastikrecycling zieht mit rund 293.000 Tonnen große Investitionen an. Dies schafft Nachfrage nach Maschinen, beispielsweise zur Zerkleinerung und Pelletierung. Projekte für Altpapier erreichen rund 239.000 Tonnen.
Weitere Vergaberunden, beispielsweise in Tasmanien oder Queensland, sollen folgen.
Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in AustralienProjekt | Geplante Fertigstellung | Projektträger | Anmerkung |
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Newcastle Material Recycling Facility | 2023/2024 | City of Newcastle Council | Materialrückgewinnungsanlage mit einer Kapazität von 56.175 t pro Jahr |
Bankstown Recycling and Recovery Facility | 2023/2024 | SUEZ | Duale Recyclinganlage für Papier und Kunststoff. Jährliche Kapazität: 100.000 t für Papier, 16.000 t für gemischten Kunststoff |
ACT Material Recycling Facility | 2023/2024 | ACT Government | Materialrückgewinnungsanlage mit einer Kapazität von 52.300 t pro Jahr |
Victoria PET-Recycling Facility | 2023/2024 | Martogg & Company | Recyclinganlage für PET-Kunststoffe mit einer Kapazität von 24.700 t pro Jahr |
Mordialloc Plastic Recycling Facility (HDPE, LDPE, PP, PS) | 2023/2024 | Polymer Processors | Recyclinganlage für Kunststoffe mit einer Kapazität von 18.721 t pro Jahr |
Melbourne PET-Recycling Facility | 2023/2024 | Circular Plastics Australia | Recyclinganlage für PET-Kunststoffe mit einer Kapazität von 20.535 t pro Jahr (rund 1 Milliarde Flaschen) |
Victoria Paper Recycling Facility (Project Zepplin) | 2023/2024 | Visy | Papierrecyclinganlage mit einer Kapazität von 95.000 t pro Jahr |
Western Australia Plastic Recycling Facility (HDPE, PET, PP) | 2023/2024 | Chairay Sustainable Plastic Company | Recyclinganlage für Kunststoffe mit Sortierlinie und einer Kapazität von 21.000 t pro Jahr |
Western Australia Tyre Recycling Facility | 2023/2024 | Tyrecycle | Recyclinganlage für Altreifen mit einer geplanten Kapazitätssteigerung von 7.000 t auf 23.000 t pro Jahr (max. Kapazität 42.000 t pro Jahr) |
Adelaide Paper and Cardboard Recycling Facility | 2023/2024 | Nothern Adelaide Waste Management Authority | Recyclinganlage für Altpapier und Kartonagen mit einer jährlichen Kapazität von 40.000 t |
Quelle: Department of Climate Change, Energy, the Environment and Water 2023
Abfallexporte wurden reguliert
Über lange Zeit exportierte Australien große Abfallmengen in asiatische Staaten wie China, Malaysia oder Indonesien. Darunter auch viel Material minderer Qualität, wie gemischtes Plastik oder Papier. In den Jahren 2021 und 2022 hat die australische Regierung jedoch Exportverbote für Glas, Plastik und Altreifen erlassen.
Dadurch darf nur noch Material exportiert werden, das bereits für eine direkte Wiederverwertung aufbereitet ist. Zuletzt tritt im Juli 2024 ein Verbot für die Ausfuhr von gemischtem und unsortiertem Abfall aus Papier und Pappe in Kraft. Dies dürfte für weitere Investitionen in die Ausstattung von Materialrückgewinnungsanlagen sorgen, beispielsweise zur Sortierung von Altglas und gemischtem Altpapier.
Von Heiko Stumpf
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Sydney