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Bahrain setzt auf Diversifizierung
Das Königreich bleibt weiter erheblich abhängig vom Öl- und Gassektor. Bahrain verfügt aber auch über eine große verarbeitende Industrie und einen starken Dienstleistungssektor.
03.06.2024
Von Robert Espey | Dubai
Unter den sechs Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) ist Bahrain mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern (davon 0,9 Millionen Ausländer) und einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von nur 43 Milliarden US-Dollar (US$) das wirtschaftlich kleinste Land, deutlich hinter dem vorletzten Oman mit 109 Milliarden US$. Einsamer Spitzenreiter ist Saudi-Arabien mit 1.068 Milliarden US$.
Bahrain ist in der Ländergruppe auch der kleinste Öl- und Gasproduzent. Deshalb weist die Wirtschaft des Königreichs im GCC-Vergleich den höchsten Diversifizierungsgrad auf. Dennoch ist der Öl- und Gassektor mit einem BIP-Anteil von über 20 Prozent weiterhin der wichtigste Wirtschaftszweig. Die Haushaltsplanung für 2024 kalkuliert, dass Öl und Gas etwa 62 Prozent zu den Staatseinnahmen beisteuern. Die Hälfte der Exporterlöse entfiel 2023 auf Öl und Gas.
Bis 2060 will Bahrain klimaneutral sein. Bislang spielen erneuerbare Energien allerdings noch keine große Rolle. Nach Angaben der Electricity & Water Authority lag 2023 die Gesamtkapazität der mit dem nationalen Stromnetz verbundenen Solar- und Windkraftanlagen bei lediglich 38 Megawatt.
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Gute Rahmenbedingungen machen Bahrain attraktiv
Ein Beispiel für deutsches Engagement in Bahrain ist BASF Plastic Additives Middle East (BASF PAME). Das BASF-Werk arbeitet seit 2012 im Bahrain International Investment Park. Dort werden kundenspezifische Antioxidantien-Mischungen (Stabilisatoren, Pigmente und andere Additive) für die Kunststoffindustrie produziert. Abnehmer sind vor allem Polymerhersteller in den Ländern des Golfkooperationsrates.
"Wir haben uns vor allem wegen der Eigentumsverhältnisse, der Betriebskosten und der strategischen Lage in der Golfregion für Bahrain entschieden", erklärte Geschäftsführer BASF PAME, Michael Wille, in einem Interview. "Bahrain bietet einen besonders günstigen Zugang zu Saudi-Arabien, der größten Volkswirtschaft im Nahen Osten und lockt mit einem angenehmen Lebensstil und einem günstigen Geschäftsumfeld."
Raffinerie, Petrochemie und Metallerzeugung dominieren die Industrie
Die verarbeitende Industrie ist der wichtigste Sektor der Nichtölwirtschaft. Die Ölraffinerie des Landes ist das größte Industrieunternehmen. Ein 7 Milliarden US$ teures Modernisierungs- und Erweiterungsprojekt steht kurz vor dem Abschluss und soll die Verarbeitungskapazität der Raffinerie von unter 280.000 auf 380.000 Barrel pro Tag erhöhen. Zudem kann die Anlage schwere Rohöle verarbeiten und qualitativ hochwertigere und neue Produkte herstellen. Die Raffinerie gehört zur staatlichen Bahrain Petroleum Company (BAPCO Refining).
Sektoren | Anteil an der Bruttowertschöpfung 2023 |
Land- Forstwirtschaft, Fischerei | 0,3 |
Öl, Gas, Bergbau | 17,1 |
Öl und Gasförderung | 15,9 |
Bergbau | 1,2 |
Verarbeitende Industrie | 20,9 |
Energie- und Wasserversorgung | 1,4 |
Baugewerbe | 7,5 |
Dienstleistungen | 52,9 |
Staatliche Dienstleistungen | 12,9 |
Transport und Kommunikation | 6,8 |
Finanzdienstleistungen | 6,6 |
Versicherungen | 5,5 |
Offshore Finanzdienstleistungen | 5,5 |
Sonstige private Dienstleistungen | 5,2 |
Immobilienwirtschaft und Unternehmensdienstleistungen | 4,9 |
Groß- und Einzelhandel | 3,9 |
Hotel- und Gaststättengewerbe | 1,7 |
Im Chemiesektor dominiert die 1979 gegründete Gulf Petrochemical Industries Company (GPIC). Das Unternehmen ist ein Joint Venture aus BAPCO, der Saudi Basic Industries Corporation (Sabic) und der kuwaitischen Petrochemical Industries Company. GPIC verarbeitet lokal verfügbares Gas. Im Jahr 2023 produzierte es 0,47 Millionen Tonnen Ammonium, 0,45 Millionen Tonnen Urea und 0,75 Millionen Tonnen Methanol. Die Produktion des Unternehmens geht nahezu vollständig in den Export.
Die seit 2005 laufenden Planungen zur Erweiterung der GPIC Ammonium- und Urea-Produktion für etwa 2,2 Milliarden US$ ruhen derzeit wieder. Auch das seit 2019 diskutiertes GPIC-Projekt für 500 Millionen US$ zur Verarbeitung des in der Raffinerie hergestellten Naphthas liegt gegenwärtig auf Eis.
Neben der Raffinerie und der Petrochemie ist die Metallindustrie eine wichtige Sparte der verarbeitenden Industrie in Bahrain. Das größte Branchenunternehmen ist Aluminium Bahrain (Alba). Hauptanteilseigner sind der bahrainische Staatsfonds Mumtalakat und Sabic. Die sechs Produktionslinien (Pot Lines) lieferten 2023 rund 1,6 Millionen Tonnen Rohaluminium.
Die United Steel Company (SULB) ist der größte Stahlproduzent des Landes. Das Unternehmen, ein Joint Venture aus der arabischen Foulath und Yamato Kogyo aus Japan, produziert seit 2013 im "Hidd Steel Complex". Die DRI-Anlage (Direct Reduced Iron) verfügt über eine Jahreskapazität von 1,5 Millionen Tonnen. SULB betreibt auch ein Eisenerz-Pelletierwerk sowie Walzanlagen.
Finanzwesen und Tourismus sind wichtige Dienstleistungssparten
Der Finanz- und Versicherungssektor ist Bahrains größte Dienstleistungssparte. Nach bahrainischen Angaben sind über 360 Finanzdienstleister registriert. Das Land hat aber seine frühere Stellung als führender Finanzplatz der Region verloren. Insbesondere Dubai ist ein starker Konkurrent.
Der Tourismus trug 2021 etwa 7 Prozent zum BIP bei. Nach den Plänen der Regierung soll dieser Anteil bis 2026 auf über 11 Prozent und die Zahl der Gäste auf 14,1 Millionen steigen. Zu den touristischen Großprojekten zählen die Bilaj Al Jazaver Beachfront, das Jumeirah Bahrain Bay Resort und das Mantis Hotel and Ressort auf Hawar Island..
Im Jahr 2023 kamen 12,4 Millionen Besucher ins Land, davon 11 Millionen aus Saudi-Arabien und 1,2 Millionen aus anderen GCC-Staaten. Über 55 Prozent der Besucher waren Tagesgäste. Fast 90 Prozent der Gäste kamen über den 25 Kilometer langen King Fahd Causeway, die Brücke zwischen Bahrain und Saudi-Arabien.