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Branchen | Bangladesch | Textilien und Bekleidung

Bekleidungsindustrie muss sich auf mehr Wettbewerb einstellen

Bangladesch ist der weltweit zweitgrößte Exporteur von Bekleidung. Um diese Position zu halten, müssen die Unternehmen ihr Produktportfolio erweitern und effizienter werden.

Von Boris Alex | New Delhi

Die Bekleidungsindustrie ist eine Erfolgsgeschichte der bangladeschischen Wirtschaft. Das Land zählt bei Konfektionsware (Ready Made Garments; RMG) seit Jahren zu den bedeutendsten Beschaffungsstandorten für die globale Modebranche. Mit einem Anteil von 8 Prozent lag Bangladesch 2022 bei den weltweiten Bekleidungsexporten auf Rang 2 hinter China. Bis 2030 will die Branche ihre Ausfuhren auf 100 Milliarden US-Dollar (US$) mehr als verdoppeln.

Doch die Unternehmen stehen auch vor großen Herausforderungen. Weltweit geht die Nachfrage nach Baumwollkleidung zurück – diese macht mehr als 70 Prozent der bangladeschischen RMG-Produktion aus. Die Hersteller müssen also ihr Sortiment anpassen, um künftig nicht Marktanteile einzubüßen. 

Bekleidung ist wichtigster Industriezweig in Bangladesch

Welche Bedeutung die Bekleidungsindustrie für Bangladeschs Wirtschaft hat, machen zwei Zahlen deutlich: Der Anteil an den Gesamtexporten liegt bei 85 Prozent und der Anteil an der Bruttowertschöpfung des Industriesektors bei 45 Prozent. Zudem sind in den rund 4.500 RMG-Fabriken schätzungsweise 4 Millionen Menschen beschäftigt, davon 80 Prozent Frauen. Damit ist die Branche auch für die gesellschaftliche Entwicklung des Landes durch eine stärkere Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt von großer Bedeutung.

Die meisten Unternehmen haben sich auf die Massenfertigung von konfektionierter Strick- und Webware aus Baumwolle spezialisiert. Die Faser hat einen Anteil von gut 70 Prozent an der gesamten Bekleidungsproduktion, so die Daten der Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association. Hosen – meist aus Denim – und T-Shirts machen mehr als die Hälfte der bangladeschischen RMG-Exporte aus. Das weiße Baumwollshirt und die Bluejeans sind nach wie vor die Cashcows für viele Produzenten.

Exporte von Bekleidung nach Hauptprodukten (in Milliarden US-Dollar)

Produkt

2018/2019

2019/2020

2020/2021

2021/2022

2022/2023

Hosen

11,8

9,4

10,7

14,5

15,0

T-Shirts

7,9

6,3

7,2

9,9

10,9

Pullover

4,3

3,6

4,1

5,6

5,9

Hemden und Blusen

3,2

2,5

2,0

2,8

3,7

Unterwäsche

1,6

1,4

1,8

2,3

2,4

Finanzjahr: 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) 2023

Firmen müssen Produktion von Kunstfaserbekleidung forcieren

Doch weltweit steigt die Nachfrage nach Bekleidung aus Chemiefasern und Mischgeweben. Während diese im Jahr 2022 die Hälfte des globalen RMG-Markts ausmachten, waren es bei den Exporten aus Bangladesch nur 24 Prozent. Vor allem auf den wichtigsten Zielmärkten wie den USA und der EU geht der Trend weg von Baumwolle. Zwischen 2010 und 2020 legten dort die Importe aus Chemiefaserbekleidung im Schnitt um gut 6 Prozent zu, bei Baumwollkleidung hingegen nur um 1,3 Prozent.

Um den Export bis 2030 auf 100 Milliarden US$ zu steigern, muss Bangladesch seinen Marktanteil bei Kunstfaserbekleidung auf 12 Prozent verdreifachen und bei Baumwolle von 16 Prozent im Jahr 2022 auf mindestens 20 Prozent ausbauen, so eine Analyse des Policy Research Institute. Um das Ziel im Chemiefasersegment zu erreichen, sollten die Hersteller in nachgelagerte Produktionsschritte, wie die Garn- und Textilproduktion aus Polyester oder Viskose, investieren. Denn die größten regionalen Wettbewerber liegen hier vorne: Drei Viertel der chinesischen Bekleidungsexporte entfallen auf dieses Segment. In Vietnam sind es fast 60 Prozent.

Zugang zum EU-Markt wird schwieriger

Die Unternehmen müssen sich beim Wettbewerb um den EU-Bekleidungsmarkt auf noch mehr Konkurrenz aus Vietnam einstellen. Denn Bangladesch wird ab 2026 gemäß der Definition der Vereinten Nationen nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries) der Welt gehören. Damit läuft nach einer dreijährigen Übergangsperiode Ende 2029 das Zollpräferenzabkommen "Generalised Scheme of Preferences" aus, das Bekleidung aus Bangladesch bislang zollfreien Zugang zum EU- und US-Markt garantierte.

Gleichzeitig werden aber für Hersteller aus Vietnam die Einfuhrzölle im Rahmen des 2020 geschlossenen EU-Freihandelsabkommens bis 2028 schrittweise auf null abgesenkt. Auf dem hart umkämpften europäischen Modemarkt kann dies bereits entscheidend sein, so die Analyse der Denkfabrik Research and Policy Integration for Development (RAPID). Das 2023 gestartete europäische CO₂-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism) gilt zwar bislang nicht für Bekleidung, es könnte aber bei einer Erweiterung die Marktposition Bangladeschs weiter schwächen, so RAPID.

Unternehmen müssen neue Wachstumssegmente erschließen

Um auch künftig auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein, muss der RMG-Sektor also nicht nur sein Produktportfolio stärker diversifizieren, sondern auch effizienter und nachhaltiger werden. Investitionen in die Herstellung von Chemiefasern sowie deren Weiterverarbeitung zu Garnen und Textilien in den Vorstufenbetrieben sind wichtige erste Entwicklungsschritte, so die Einschätzung der Bangladesh Knitwear Manufacturers and Exporters Association. Dies wäre eine Voraussetzung, um künftig auch bei anspruchsvolleren Produkten wie Sport- und Funktionsbekleidung oder technischen Textilien international konkurrenzfähig zu sein.

Führende Hersteller wie die Noman Group, Beximco oder DBL Group, die seit Jahren die großen internationalen Modeketten beliefern, dürften diese Entwicklung vorantreiben. Damit könnte auch die Nachfrage nach Textilmaschinen zusätzlichen Schub bekommen. Bangladesch importierte im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) Maschinen im Wert von 1,5 Milliarden US$, ein Plus von 56 Prozent gegenüber der Vorperiode. Die wichtigsten Lieferländer sind China, Korea, Japan und Deutschland.

Importe von Textilmaschinen in Bangladesch (in Millionen US-Dollar; Veränderung zur Vorjahresperiode in Prozent)

Segment (HS-Position)

Importwert 2020/2021

Importwert 2021/2022

Veränderung

Maschinen zum Färben und Veredeln (8451)

211

328

55,5

Nähmaschinen (8452)

202

326

61,4

Spinnmaschinen (8445)

136

301

121,3

Wirk-, Strickmaschinen (8447)

155

237

52,9

Hilfsmaschinen (8448)

84

100

19,0

Webmaschinen (8446)

106

85

-19,8

Düsenspinnmaschinen (8444)

9

46

411,1

Maschinen zum Herstellen, Gerben oder Bearbeiten von Fellen, Leder oder Schuhwaren (8453)

22

21

-4,5

Maschinen zum Herstellen von Filz oder Vliesstoffen (8449)

7

6

-14,3

Insgesamt

932

1.450

55,6

Finanzjahr: 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Bangladesh Bank 2023

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