Trotz Wachstumshemmnissen wie Energieknappheit und technologischem Rückstand bietet die pakistanische Textilindustrie mittel- bis langfristig Chancen für deutsche Unternehmen.
Die pakistanische Textilindustrie trifft auf zahlreiche Hürden, die ihr Wachstum bremsen, so wie eine mangelnde Energieversorgung, sinkende Baumwollernten und eine begrenzte Produktion von Kunstfasern. Zudem verschärft der technologische Rückstand auf internationaler Ebene die schwierige Situation, insbesondere angesichts der wachsenden Konkurrenz aus Ländern wie China, Indien und Bangladesch.
Die Bewältigung dieser Probleme erfordert Modernisierung und technologische Innovation. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel konzentriert sich das Land zunehmend auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investoren im Textilsektor. Dabei richtet sich das besondere Augenmerk auf die Gewinnung ausländischer Geldgeber, um neues Kapital zu mobilisieren.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei die "Textile and Apparel Policy 2020-2025 (TAP)". Mit dieser Richtlinie setzt sich die pakistanische Regierung ehrgeizige Ziele für den Industriesektor. Durch den Bau von fünf Modebekleidungsfabriken und die Schaffung eines neuen Weberei-Clusters sollen die Produktionskapazitäten ausgebaut, die globale Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und gleichzeitig rund 3,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Eine neue Textilforschungs- und Konformitätsorganisation soll die Produktqualität sichern. Darüber hinaus plant die Regierung in Islamabad, den Einsatz importierter Maschinen auszuweiten und die finanziellen Rahmenbedingungen für die Branche zu verbessern. Ausländische Direktinvestitionen sollen durch steuerliche Anreize gefördert werden.
Hochwertige Textilmaschinen sind gefragt
Allerdings zeigt die Umsetzung des strategischen Plans für die Textilindustrie bisher kaum Fortschritte. Branchenexperten äußerten gegenüber Germany Trade and Invest (GTAI) ihre Skepsis. Sie bemängelten, dass sich bisherige Maßnahmen wenig verändert haben und sie in naher Zukunft keine größeren Umbrüche erwarten. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der politischen Unsicherheiten halten sie umfassende Reformen in naher Zukunft für unwahrscheinlich.
Trotz der aktuellen Herausforderungen zeichnen sich mittel- bis langfristig positive Perspektiven ab. In Gesprächen mit GTAI betonten Fachleute, dass Pakistan angesichts der zentralen Rolle des Sektors für die nationale Wirtschaft die notwendigen Entwicklungen nicht ignorieren kann und in die Modernisierung investieren muss. Hochwertige Technik wird zu über 95 Prozent importiert. In den letzten zehn Jahren war hier ein starker Anstieg zu verzeichnen.
Die Einfuhr von Textilmaschinen stieg laut UN Comtrade im Jahr 2021 auf 867,7 Millionen US-Dollar (US$). Das entspricht einem Plus von 78 Prozent gegenüber dem Jahr 2011 (487,6 Millionen US$).
Dieser Trend soll sich künftig verstärken. Laut Branchenfachleuten dürfte sich die Nachfrage nach Maschinen für Textildruck und Färberei sowie Spannrahmen und anderer Veredelungstechnik besonders dynamisch entwickeln.
Deutschland verliert Lieferanteile
China lag mit Textilmaschinenexporten in die Islamische Republik in Höhe von fast 499 Millionen US$ unangefochten auf dem 1. Rang, gefolgt von Japan (174 Millionen US$) und Italien (166 Millionen US$). Die deutschen Exporte nach Pakistan legten 2021 im Vergleich zum Vorjahr auf circa 111 Millionen US$ zu.
Mit 43 Millionen US$ belegte Deutschland im Jahr 2011 noch Platz 4 der Lieferländer. Vor allem China konnte in den letzten zehn Jahren seine Anteile stark ausbauen: von 141 Millionen US$ im Jahr 2011 auf circa 499 Millionen US$ eine Dekade später. Zugleich sank der Anteil deutscher Textilmaschinen bei den Gesamtexporten der Warengruppe.
Mittel- bis langfristig dürften deutsche Unternehmen von der anziehenden Nachfrage profitieren, bei den Marktanteilen jedoch gegenüber Unternehmen aus China und anderen Ländern den Kürzeren ziehen.
Vertreter
All Pakistan Textile Mills Association
Exporte von Textilmaschinen *) nach Pakistan (2021; in Millionen US-Dollar)Land | Exporte |
---|
Insgesamt | 1.289,8 |
China | 498,6 |
Japan | 174,4 |
Italien | 165,8 |
Belgien | 158,8 |
Deutschland | 110,7 |
Schweiz | 30,1 |
Malaysia | 20,4 |
Spanien | 16,1 |
SITC 724: Maschinen, Apparate und Geräte für die Textil- und Lederindustrie und die dazugehörigen Teile.Quelle: UN Comtrade 2023
Verlängerung des GSP+ Status ungewiss
Der "Generalised Scheme of Preferences Plus" (GSP+)-Status ermöglicht es Pakistan, Waren zu ermäßigten Zollsätzen oder sogar zollfrei in die EU zu liefern. Das südasiatische Land hat den Status 2014 erhalten und nach mehreren Untersuchungen eine Verlängerung bis Ende 2023 erworben. Das Ziel von GSP+ ist es, eine nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Regierungsführung zu unterstützen. Deshalb ist die Gewährung an Mindeststandards bei Menschenrechten sowie Arbeits- und Umweltbedingungen geknüpft. Die Bestimmungen für diesen Präferenzstatus wurden vor kurzem verschärft, sodass eine weitere Verlängerung über 2023 hinaus ungewiss ist. Ein Verlust hätte für Pakistan verheerende Auswirkungen, da rund 70 bis 80 Prozent aller Produkte, die in die EU exportiert werden, unter den Status fallen.
Bessere Standards durch Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Darüber hinaus verpflichtet die Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) deutsche Unternehmen dazu, die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihrer weltweiten Lieferkette zu überwachen. Die Einhaltung dieser neuen Vorschriften kann zusätzliche Herausforderungen und Kosten für deutsche Firmen in Pakistan mit sich bringen.
Die pakistanische Textilindustrie bewertet das neue Gesetz als positiven Schritt. Zaki Bashir, Geschäftsführer von Gul Ahmed, einem der größten Textilunternehmen des Landes, sagte gegenüber GTAI, dass das LkSG die Arbeitsbedingungen in der lokalen Textilindustrie verbessern werde, da es die Unternehmen vor Ort zwinge, höhere Standards einzuhalten. Die praktische Umsetzung der Bestimmungen werde jedoch nicht einfach sein, vor allem wegen der mangelnden Transparenz in Teilen der Produktionskette des Sektors.
Von Heena Nazir
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