Branchen | Bangladesch | Textilien und Bekleidung
Spinnereien und Webereien müssen effizienter werden
Die heimische Produktion von Garnen und Textilien reicht nicht aus, um den Bedarf der Bekleidungsindustrie zu decken. Bei Vorprodukten aus Chemiefasern dominieren Importe.
01.09.2023
Von Boris Alex | New Delhi
Bangladeschs Textilindustrie deckt mehr Glieder in der Wertschöpfungskette ab als nur die Herstellung von Konfektionsware. Die Produktion in den Spinnereien und Webereien reicht allerdings nicht aus, um die Nachfrage der Bekleidungshersteller nach Garnen und textilen Flächen zu decken. Die Unternehmen müssen daher jedes Jahr Vorprodukte im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar (US$) importieren. Insbesondere bei Garnen und Textilien aus Chemiefasern ist die Branche auf ausländische Lieferungen angewiesen.
Bangladesch produziert vor allem Baumwollgarne
Im organisierten Sektor gibt es rund 500 Spinnereien mit 13 Millionen Spindeln und einer Kapazität von 3,7 Millionen Tonnen Garn pro Jahr, so die Angaben der Bangladesh Textile Mill Association (BTMA). In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Spinnereien um ein Drittel und die Kapazitäten um 50 Prozent gewachsen. In den nächsten Jahren sollen weitere 2,5 Millionen Spindeln installiert werden, schätzt BTMA.
Im vergangenen Finanzjahr 2022/2023 (1. Juli bis 30. Juni) produzierten die Spinnereien insgesamt 1,5 Millionen Tonnen Garn. Davon waren 80 Prozent reine Baumwollgarne und der Rest Mischgarne mit Chemiefaseranteil. Laut BTMA gibt es nur 50 Betriebe zur Kunstfaserherstellung. Für 2023/2024 erwartet der Verband ein Plus um 13 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen Garn, davon 1,3 Millionen Tonnen Baumwoll- und 400.000 Tonnen Mischgarn.
Indien und China sind wichtigste Lieferanten von Garnen
Zusätzlich importierte Bangladesch 2021/2022 rund 1,3 Millionen Tonnen Garn im Wert von 5,2 Milliarden US$. Den größten Anteil hatten Baumwollgarne mit rund 772.000 Tonnen und Chemiefasern mit fast 400.000 Tonnen. Drei Viertel der Garnimporte stammen aus Indien. Weitere wichtige Lieferländer sind China mit einem Anteil von 12 Prozent und Pakistan mit 7 Prozent, so die Angaben der Zentralbank Bangladesh Bank.
Produkt (HS) | Importmenge in 1.000 Tonnen | Importwert in Mio. US-Dollar |
---|---|---|
Baumwollgarne (5205, 5206, 5207, 5204) | 772 | 3.234 |
Garne aus Chemiefaser (5402, 5401, 5403) | 398 | 1.342 |
Spinngarne (5510, 5508, 5509) | 152 | 678 |
Sonstige Garne (5301, 5302, 5303, 5304, 5305, 5306, 5307, 5308) | 16 | 41 |
Garne gesamt | 1.338 | 5.295 |
Die Spinnereien könnten bis zu 70 Prozent des heimischen Bedarfs an Baumwollgarnen decken. Allerdings liegen die Erzeugnisse aus Indien zum Teil preislich unter denen der lokalen Spinnereien. Bislang produzieren die Mühlen fast ausschließlich für die heimischen Textil- und Bekleidungsunternehmen. Die Exporte beliefen sich im letzten Finanzjahr auf lediglich 40 Millionen US$, sie dürften aber in den kommenden Jahren wachsen, so die BTMA.
Gewebte Textilien müssen zum Teil importiert werden
Bei der Weiterverarbeitung der Garne zu textilen Flächen ist Bangladesch ebenfalls gut aufgestellt. Laut BTMA gibt es etwa 900 Unternehmen im organisierten Sektor mit einer Kapazität von rund 8 Milliarden Metern Stoff pro Jahr. Im Finanzjahr 2022/2023 lag der Output der Textilhersteller bei 4,5 Milliarden Metern und dürfte im laufenden Finanzjahr um etwa 2 Prozent zulegen, schätzt der Industrieverband. Die heimische Produktion deckt rund 85 Prozent des Bedarfs bei Gewirken und 40 Prozent bei gewebten Stoffen ab.
Produkt (HS) | Importmenge 1.000 Tonnen | Importwert in Mio. US-Dollar |
---|---|---|
Gewebe aus Baumwolle (5209, 5210, 5212, 5208, 5211) | 640 | 4.242 |
Gewirke und Gestricke (6001, 6006, 6002, 6003, 6004) | 407 | 2.505 |
Gewebe aus künstlichen Fasern und Spinnfasern (5408, 5516, 5515, 5512,5514, 5513, 5407) | 344 | 2.398 |
Gewebe gesamt | 1.391 | 9.145 |
Wie bei den Garnen müssen die bangladeschischen Bekleidungshersteller ihre Bedarfslücken über Importe schließen. Bei Geweben aus Baumwolle und Chemiefasern waren es 2021/2022 fast 1 Million Tonnen, bei Gewirken und Gestricken gut 400.000 Tonnen. Die wichtigsten Bezugsländer sind China mit einem Anteil von 60 Prozent, gefolgt von Indien mit 20 Prozent und Pakistan mit 17 Prozent. Auch bei diesem Vorprodukt sind die Exporte mit rund 25 Millionen US$ vernachlässigbar.
Färbereien verstoßen oft gegen Umweltauflagen
Laut BTMA gibt es inzwischen 70 Großfärbereien und schätzungsweise 350 kleinere Betriebe im organisierten Sektor. Deren Kapazitäten beziffert der Verband auf 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Daneben gibt es viele kleine Färbereien, die weitgehend unreguliert sind. Zwar gibt es gesetzliche Auflagen für die Branche im Hinblick auf den Einsatz von Chemikalien und die Aufbereitung und Entsorgung von Abwässern. Doch diese werden im informellen Sektor kaum erfüllt. Auch in den Großfärbereien kommt es immer wieder vor, dass die eingebauten Kläranlagen aus Kostengründen nicht betrieben werden, so die Kritik von Umweltschutzorganisationen.
Textilkonzerne decken oft die gesamte Wertschöpfungskette ab
Die meisten Vorstufenbetriebe sind — wie die Bekleidungsindustrie — im Großraum der Hauptstadt Dhaka angesiedelt. Es gibt dabei auf jeder Verarbeitungsstufe eine Reihe von Unternehmen, die sich nur auf einen Teil der Wertschöpfungskette spezialisiert haben. Bei den Spinnereien sind das unter anderem die Badsha Group mit einer Kapazität von fast 100.000 Tonnen sowie die F.A.R. Group und Salma Group mit Kapazitäten von jeweils rund 60.000 Tonnen Garn pro Jahr. Bei textilen Flächen gibt es eine Reihe von Herstellern, die sich auf die Produktion von Denim-Stoffen spezialisiert haben. Dazu zählen unter anderem Nice Denim oder Shasha Denims.
Unternehmen | Produkte (Auswahl) | Umsatz *) |
---|---|---|
Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung, Heimtextilien | 1.000 | |
Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung | 870 | |
Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung | 800 | |
Gewebe, Strickwaren, Bekleidung | 550 | |
Strickwaren, Bekleidung, Unterwäsche | 449 | |
Garne | 170 | |
Strickwaren | 109 | |
Garne, Gewebe, Bekleidung | 93 | |
Strickwaren, Bekleidung | 75 | |
Gewebe, Heimtextilien | 72 |
Die großen Bekleidungshersteller wie Noman Group oder Ha-Meem Group sind in der Mehrzahl vertikal integriert und decken oft alle Vorstufenbetriebe ab. Daneben gibt es noch eine Reihe von Industriekonglomeraten, die nicht nur im Textilsektor aktiv sind, aber ebenfalls mit zu den führenden Herstellern von Vorstufenprodukten und Konfektionsware gehören. Dazu zählen unter anderem Beximco und die DBL Group.
Kunstfasern und technische Textilien bieten Wachstumschancen
Bangladeschs Textilindustrie will sich ein größeres Stück vom Markt für Bekleidung aus Chemiefasern sichern. Das dürfte sich auch auf die vorgelagerten Fertigungsstufen auswirken. Viele Spinn- und Webbetriebe wollen künftig verstärkt Kunstfasern zu Garnen und Stoffen weiterverarbeiten, um den wachsenden Bedarf der Bekleidungshersteller zu decken, so die Aussage der BTMA. Der Verband erwartet auch Wachstumsimpulse von der Herstellung von technischen Textilien — ein Segment, das von den bangladeschischen Unternehmen bislang kaum besetzt wird.