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Branchen | Chile | Wasserversorgung, Bewässerung

Chile schärft das Bewusstsein zur Einsparung von Wasser

Die Landwirtschaft in dem Andenstaat leidet unter einer Rekorddürre. Gefragt sind Lösungen auf allen Ebenen zu einem effizienteren Wassereinsatz.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Vertrocknete Felder, leere Flussbetten - seit 2006 bleiben in Chile die Niederschläge weit unter dem langfristigen Durchschnitt. Besonders der Norden und Zentralchile leiden unter einer Jahrtausenddürre. Wegen des Klimawandels dürften die Wetterextreme  zunehmen. Am direktesten davon betroffen ist die Landwirtschaft, der größte Wasserverbraucher im Land: Die Erträge sinken und die Aussaattermine verschieben sich nach hinten.

Landwirtschaft braucht innovative Lösungen gegen Wasserknappheit

Vor diesem Hintergrund weist der Verband chilenischer Obstbauern darauf hin, dass künftig andere, den neuen Bedingungen angepasste Pflanzen angebaut werden müssen. Konkret könnte das zum Beispiel heißen: mehr Mandeln statt Avocados.

Teilweise ist dieser Anpassungsprozess bereits im Gang. So produzierte Chile in der Saison 2020/21 lediglich 140.000 Tonnen Avocados (Sorte "Hass"), meldet das Landwirtschaftsministerium. In der Saison 2016/17 konnten die Bauern noch eine Ernte von 245.000 Tonnen der "durstigen" Frucht einfahren. Zugleich weichen Chiles Avocado-Produzenten auf Länder mit günstigeren natürlichen Bedingungen aus, etwa nach Kolumbien.

Dass dies notwendig ist, bestätigt etwa die Stiftung für landwirtschaftliche Innovationen FIA (Fundación para la Innovación Agraría): "Die Dürre ist die neue Form der chilenischen Landwirtschaft. Sie zwingt uns, die Landwirtschaft zu verändern, zu erneuern und nach entsprechenden Technologien zu suchen“, so FIA-Geschäftsführer Álvaro Eyzaguirre gegenüber der chilenischen Presse.

Viel Luft nach oben für einen effizienteren Wassereinsatz

Laut Ramón Rada, Geschäftsführer von Ferrostaal Equipment Solutions, gehen 80 Prozent des in der chilenischen Landwirtschaft verwendeten Wassers "verloren", da es keine Systeme zur Wiederverwendung gibt. Gebraucht werden insbesondere Technologien zum Erhalt der Bodenfeuchtigkeit oder zur Beobachtung der Benetzung der Pflanzen mit Wasser, um dessen Verbrauch zu minimieren.

Ähnlich sieht es Felipe Villarino von der Schweizer Gruppe Aqua4D, die in Chile unter anderem Systeme zur Präzisionsbewässerung vertreibt. Tatsächlich ließen sich schon mit einfachen Mitteln große Effizienzsteigerungen erzielen. Gerade viele kleine Bauern leiten "wie schon immer" das von den Bergen kommende Wasser "einfach so" auf ihre Felder. Aber auch in urbanen Räumen gibt es großes Verbesserungspotenzial – etwa wenn Straßenbäume von Lastkraftwagen aus gegossen, Parks zur Mittagszeit gesprengt werden oder das Wasser ziellos auf die Straße fließt.

Zwar gibt es schon jetzt große Agrarbetriebe, die mit Hightech alles aus jedem Wassertropfen herausholen, was derzeit möglich ist. Genutzt werden beispielsweise digitale Monitoring-Systeme wie Telemetrie und der Einsatz von Luft- und Satellitenbildern bis hin zum exakten Verbringen des Wassers dorthin, wo es gebraucht wird. Solche Systeme scheitern indessen in abgelegeneren Landesteilen – abgesehen von der Finanzierung – oftmals schon allein daran, dass in vielen ländlichen Gebieten Chiles die Internetversorgung noch mangelhaft ist.

Erfolgreiches Pilotprojekt in Feuerland

Wie der Einsatz von Wasser effizienter gestaltet werden kann, zeigt ein 2015 eröffnetes Pilotprojekt auf der Farm Chanarcillo in Feuerland (Region Magallanes y Antártica Chilena). Dort hat die österreichische Firma Bauer ein Pivot-Beregnungssystem eingerichtet. Mit Hilfe der kreisförmigen Bewässerungsanlage gelang es, mit der gleichen Wassermenge den jährlichen Grasertrag von 400 auf mehr als 7.000 Kilogramm pro Hektar zu steigern.

Nach Ansicht von Felipe Donoso, Vertreter von Bauer in Chile, befindet sich der Markt für solche Technologien erst am Anfang. Gefragt sind insbesondere Lösungen, die sich rasch rechnen, wenig Energie verbrauchen und sich vor Ort gut reparieren lassen.

Meerwasserentsalzung keine Lösung

Obwohl sich durch den effizienteren Einsatz von Wasser schon sehr viel gewinnen lässt, werden auch immer wieder Forderungen nach einem Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen laut. Betrieben mit Sonnen- oder Windenergie ließe sich das verfügbare Wasserreservoir damit deutlich steigern, so die Befürworter. Allerdings sind sie ökologisch stark umstritten, denn die Nutzung von Meerwasserentsalzungsanlagen birgt gleichsam Risiken.

So gibt es noch keine nachhaltige Lösung für den Umgang mit der zurückbleibenden giftigen Salzlauge. Diese stellt - zurückgeführt ins Meer - eine Bedrohung für Meeresfauna und -flora dar, wegen ihrer höheren Temperatur (das Meer an Chiles Küste ist sehr kalt) und wegen ihrer Inhaltsstoffe. Denn sie enthält nicht nur Salz, sondern auch Chemikalien und gelöste Metalle. Diese werden dem Meerwasser beigemischt, damit die Anlagen nicht durch Algen, Sand oder Kleinlebewesen verstopfen. Hier besteht international noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Firmen mit derartigen Technologien hätten gute Absatzchancen.

Deutsche Firma gewinnt mit Fraunhofer-Technologie Wasser aus der Luft

Einen ganz anderen Weg offeriert dagegen die Hamburger Firma WLT Deutschland, indem sie Wasser nicht aus dem Meer, sondern aus der Atmosphäre gewinnt. Genutzt wird hierfür unter anderem Technologie des Fraunhofer-Instituts. Diese ermöglicht die Erzeugung von hochreinem Wasser (< 20 μS). Dieses Wasser ist für Elektrolyseure, weitere Anwendungen wie "Indoor farming" und bei der Produktion von Lebensmittelzusatzstoffen geeignet. WLT betreibt gegenwärtig drei Vorhaben in Chile, darunter das Trinkwasserprojekt Lo Barnechea mit dem Wasserversorger Aguas Andinas.

Laut Reinhard Stuth, Beiratsmitglied von WLT Deutschland, erwies sich der Kontakt zur chilenischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Corfo als hilfreich bei der Umsetzung des ersten Projektes. Eine Herausforderung bestand aber darin, die optimale Gesellschaftsstruktur zu finden. Da es zwischen Chile und Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, ergab sich als beste Lösung, Mehrheitspartner in Österreich und in der Schweiz zu finden.

Wer in Chile wieviel Wasser verbraucht (oberirdische und unterirdische Quellen; Anteile in Prozent, Stand 2017)

Sektor

Anteil am Gesamtverbrauch

Landwirtschaft

88,0

Menschlicher Verbrauch (Trinkwasser, Sanitär)

6,3

Bergbau

3,8

Stromerzeugung

0,6

Industrie

0,6

Fischwirtschaft

0,4

Sonstiges

0,3

Gesamt

100

Quelle: Die Initiative "Escenarios Hidricos 2030 Chile" sammelt und analysiert Daten, 2020

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