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Branchen | Chile | Wasserversorgung, Bewässerung

Chile braucht rentable und robuste Bewässerungssysteme

Ohne Bewässerung läuft in Chiles Landwirtschaft wenig. Angesichts des Klimawandels wird der Bedarf an effizienten Bewässerungssystemen weiter zunehmen.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chile verfügt über eine starke Land- und Forstwirtschaft. Wein und Trauben, Äpfel und Kirschen gehören zu den Exportschlagern des Andenstaates. Doch ohne künstliche Bewässerung sind diese Erfolge undenkbar. Tatsächlich entfallen mehr als 70 Prozent des Wasserverbrauchs in Chile auf die Land- und Forstwirtschaft. In der Saison 2020/21 wurden rund 900.000 Hektar Land bewässert, so das nationale Statistikamt INE.

Viel Luft nach oben für effizienten Wassereinsatz

Doch Wasser ist in vielen Landesteilen rar und wird angesichts des schon heute spürbaren Klimawandels noch knapper. Umso wichtiger wäre es, die wertvolle Ressource möglichst effizient einzusetzen. Doch hier bleibt noch viel Luft nach oben, denn die Effizienz des Wassereinsatzes in der Landwirtschaft liegt nur bei 45 Prozent. Dies zeigen Zahlen des Zentrums für Wasserressourcen für Landwirtschaft und Bergbau CRHIAM (Centro de Recursos Hídricos para la agricultura y la minería). Möglich wären laut CRHIAM aber 80 Prozent, rund 30 Prozent gingen allein bei der Verteilung verloren.

Das International Journal of Agricultural and Natural Ressources berichtete 2021 für Chile von einer "ökonomischen Wasserproduktivität" von 0,52 US-Dollar (US$) pro Kubikmeter; dagegen lag die Durchschnittsproduktivität des Sektors in ganz Lateinamerika laut Weltbank 2019 bei 1,01 US$ pro Kubikmeter.

So schwierig diese Aussagen zu interpretieren sind, eines ist klar: Es gibt viel Raum für Verbesserungen. Dabei ließen sich laut Branchenexperten häufig schon mit einfachen Mitteln große Effizienzsteigerungen erzielen. Vor allem viele Kleinbauern leiten das Wasser aus den Bergen wie eh und je auf ihre Felder.

Chiles Wasserverbrauch nach Sektoren (2017) *)

Sektor

Anteil des Wasserverbrauchs (in Prozent)

Wasserverbrauch (in Kubikmeter pro Sekunde)

Landwirtschaft

72,4 

250,5 

 davon

 

 

  versickert im Boden

15,9

55,0

  wird über Kanäle weitergeleitet

32,6

112,8

  wird von den Pflanzen aufgenommen 

23,9

82,7

Trinkwasser für menschlichen Konsum

11,8

40,8

Industrie

6,7

23,2

Bergbau

3,9

13,5

Sonstiges

5,2

18,0

* keine neueren Daten verfügbar.Quelle: Centro de Recursos Hídricos para la agricultura y la minería (CRHIAM) 2023

Hochprofessionelle Agrarbetriebe neben traditionell wirtschaftenden Kleinbauern

Daneben gibt es schon jetzt große Agrarbetriebe, die mit Hightech aus jedem Wassertropfen das Maximum herausholen. Genutzt werden beispielsweise digitale Monitoringsysteme wie Telemetrie und der Einsatz von Luft- und Satellitenbildern bis hin zum exakten Verbringen des Wassers dorthin, wo es gebraucht wird. Allerdings scheitern solche Systeme in abgelegeneren Regionen – abgesehen von der Finanzierung – oft schon an der mangelhaften Internetversorgung.

Überdies findet bereits eine Wanderbewegung der großen Agrarkonzerne Richtung Süden beziehungsweise Küste in regenreichere Regionen statt. Für Kleinbauern ist dies jedoch keine Option. Der Umgang mit Wasserknappheit ist deshalb auch ein Thema für die Stiftung für innovative Landwirtschaft FIA (Fundación para la Inovación Agraría), die zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium Projekte im Wasserbereich finanziell unterstützt.

Nach Ansicht einer FIA-Vertreterin gegenüber der Wirtschaftszeitung Diario Financiero mangelt es in Chile überdies an Ansätzen für eine regenerative Landwirtschaft, die neben einer wassersparenden Bewässerungskultur auch den Bodenschutz einschließt. Hier gäbe es großen Bedarf an Know-how und bezahlbarer Technologie. Insbesondere Referenzprojekte wären hilfreich. 

Rechtliche Grundlagen

Rechtliche Grundlagen für die Bewässerung in der Landwirtschaft sind neben den verschiedenen Wassergesetzen (letzte Aktualisierung 2022) und dem Umweltgesetz (letzte Aktualisierung 2023) insbesondere:

  • Dekret DFL 1.123 (Decreto con Fuerza de Ley) über die Investition des Staates in die Bewässerungsinfrastruktur

  • Dekret D.S. MOP 900 (Decreto Supremo des Ministeriums für öffentliche Arbeiten (Ministerio de Obras Públicas; "Konzessionsgesetz")

  • Gesetz 18.450 zur Förderung privater Investitionen in Be- und Entwässerung

Politik will mehr Bodenschutz und Ernährungssicherheit

Für die Politik gewinnt außerdem die Ernährungssicherheit an Bedeutung. Chile exportiert zwar viel Wein und Obst. Doch hängt das Land bei Basisprodukten von Importen ab. Bei Weizen lag der Anteil 2022 laut dem nationalen Statistikamt bei rund 52 Prozent. Noch höher ist die Abhängigkeit bei Mais (80 Prozent) oder Reis (73 Prozent).

Allerdings hat Chile – etwa gegenüber dem Nachbarland Argentinien – bei solchen Erzeugnissen strukturelle Nachteile: Es mangelt an großen Flächen, die außerdem zusätzlich bewässert werden müssten. In der Folge steigen die Preise für Agrarnutzflächen stark an, vor allem, wenn sie über Wasserrechte verfügen. 

Wie selbst in der trockenen Atacama-Wüste der Boden mit intelligenter Technik fruchtbar gemacht werden kann, zeigt die landesweit agierende private Agrargenossenschaft Cooprinsem. Sie installierte 2022 dort im Auftrag von Sergio Hudson Investments eine Pivot-Bewässerungsanlage der österreichischen Firma Bauer. Diese kreisrunde Beregnungsanlage deckt 42 Hektar ab. Das nötige Wasser kommt aus einem Tiefbrunnen, der sich aus Niederschlägen aus den Anden speist. 

Technik sollte robust, langlebig und an lokale Bedingungen angepasst sein

Bislang waren die Anbaumöglichkeiten dort auf kleine Täler mit besonderem Mikroklima beschränkt – abgesehen von einem kleinen Bewässerungsprojekt für Olivenbäume. Die Erträge waren niedrig. Geerntet wurden vorwiegend Kartoffeln. Doch jetzt können auch andere Nutzpflanzen kultiviert werden. Der Mehrertrag macht die Investition nach Aussage der Betreiber rentabel. Außerdem entstünde deutlich weniger Abfall, denn zuvor waren die Kartoffeln über unterirdisch verlegte Schläuche bewässert worden. Diese gingen bei der Ernte in großen Mengen kaputt; sie mussten entsorgt und im Folgejahr neu verlegt werden.

Den Ausschlag für die Investition gaben, so Cooprinsem, das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die Zuverlässigkeit, das heißt die Nutzungsdauer und die Anpassungsfähigkeit der Anlage an das widrige lokale Klima. Schon das 2015 eröffnete Pilotprojekt auf der Farm Chanarcillo in Feuerland zeigte, wie sich Erträge mit effizienterem Wassereinsatz verbessern lassen. Dort gelang es mit einer Pivot-Bewässerungsanlage des Unternehmens Bauer, mit der gleichen Wassermenge den jährlichen Grasertrag von 400 auf über 7.000 Kilogramm pro Hektar zu steigern.

"Gefragt sind bei den privaten Abnehmern insbesondere Lösungen, die sich rasch rechnen, wenig Energie verbrauchen und sich vor Ort gut reparieren lassen. Gebraucht werden insbesondere Technologien zum Erhalt der Bodenfeuchtigkeit oder zur Beobachtung der Benetzung der Pflanzen mit Wasser, um dessen Verbrauch zu minimieren."

Felipe Donoso, Vertreter der österreichischen Firma Bauer in Chile

Nach Ansicht des Firmenvertreters Donoso befindet sich der Markt für solche Technologien erst am Anfang. Die wichtigsten Anbieter kämen aus Israel, den USA und Italien. Deutsche seien bislang unbekannt.

Weiterführende Informationen
BezeichnungAnmerkung
Centro de Recursos Hídricos para la agricultura y la míneria (CRHIAM)Zentrum für Wasserressourcen für Landwirtschaft und Bergbau
Fundación para la Inovación Agraría (FIA)Stiftung für innovative Landwirtschaft
Ministerio de Agricultura (Mingari)Landwirtschaftsministerium 
VIII Censo Agropecuario y ForestalVIII. Zensus für Land-, Forst- und Viehwirtschaft; Informationen des Statistikamts INE über die Land-, Forst- und Viehwirtschaft
Instituto de Desarrollo Agropecuario (INDAP)Institut für die Entwicklung der Land- und Viehwirtschaft; kümmert sich vorwiegend um die Belange kleinerer und mittlerer Bauern.
Comisión Nacional de Riego (CNR)Nationale Bewässerungskommission
Aktion "Wasser und Wasservorkommen“ (Agua y Recursos Hídricos)Die Maßnahme soll dazu beitragen, die Be- und Entwässerungsinfrastruktur in der Landwirtschaft zu verbessern; federführend sind das Landwirtschaftsministerium, FIA, INDAP und CNR.

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