Branchen | Chile | Bergbau und Rohstoffe
Chiles Kupferproduktion mittelfristig wieder auf Wachstumskurs
Die Kupferproduktion in dem Andenstaat schwächelt. Doch neue Projekte und Effizienzsteigerungen geben Hoffnung. Für deutsche Firmen gibt es zahlreiche Lieferchancen.
06.11.2023
Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile
Weltweit nimmt die Kupferförderung zu. Doch in Chile, dem Land mit den weltweit größten Vorkommen, geht sie zurück. Im Jahr 2022 sank die Produktion um 5,4 Prozent auf 5,3 Millionen Tonnen. Auch 2023 hält der Abwärtstrend an. Damit schrumpft der Anteil Chiles an der Weltkupferproduktion zugunsten von Ländern, die politisch als problematischer gelten wie zum Beispiel die DR Kongo.
Mittelfristig soll die Produktion wieder steigen
Doch es gibt Hoffnung: Bis 2026 soll die Kupfergewinnung laut der chilenischen Kupferkommission Cochilco wieder auf 6,73 Millionen Tonnen hochgefahren werden – dank neuer Projekte und Effizienzsteigerungen in den bestehenden Minen. Nach Recherchen des Informationsdienstleisters BNAmericas werden in Chile derzeit 15 Kupfergroßprojekte entwickelt, die bis 2026 in Betrieb gehen sollen. Mit ihnen verbunden sind Investitionen von mehr als 34 Milliarden US-Dollar (US$) - und eine Förderkapazität von 3,3 Millionen Tonnen Kupfer pro Jahr.
Projekt | Unternehmen | Investition in Mio. US$ | Produktionsaufnahme | Zusatzinformationen |
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Quebrada Blanca 2 | Teck Resources (Kanada) | 8.200 | 2023 (eröffnet im Oktober) | Verlängerung der Nutzungsdauer um 27 Jahre; Förderung von jährlich 320.000 Tonnen Kupfer in den ersten fünf Jahren; Bau einer neuen Anlage zur Kupferkonzentration für 140.000 Tonnen/Tag sowie eines neuen Lagers für Rückstände, einer Wasserentsalzungsanlage etc. |
El Teniente | Codelco | 5.794 | 2026 | Intensivierung der Ausbeutung der Lagerstätte in den drei neuen Untertagesektoren Andesita, Diamante und Andes Norte, um die Aufbereitung von 137.000 Tonnen kupferhaltiges Gestein pro Tag über die kommenden 50 Jahre fortzusetzen |
Centinela | Antofagasta Minerals | 4.175 | 2026 | Bau einer neuen Konzentrationsanlage für das Vorkommen Esperanza Sur |
Los Bronces Integrado | Anglo American (Vereinigtes Königreich) | 3.300 | 2026 | Entwicklung dreier neuer Ausbeutungsgebiete |
Collahuasi Optimierung | Minera Doña Inés de Collahuasi SCM | 3.200 | 2023 bis 2025 | Sicherstellung des Produktionsprozesses für die kommenden Jahre; Verbesserung der Konzentrierungskapazitäten und Steigerung der Verarbeitung von 170.000 auf 210.000 Tonnen pro Tag |
Los Pelambres, Projekt INCO | Antofagasta Minerals | 2.200 | 2023 | Erweiterung der Entsalzungsanlage auf 400 Liter pro Sekunde; Einrichtung einer vierten Linie zur Kupferkonzentration |
Santo Domingo | Capstone Copper (Kanada) | 2.180 | 2025 | Ausbeutung der Tagebaue Santo Domingo und Iris Norte |
Mine Catabela (Sierra Gorda) | Sierra Gorda SCM | 2.000 | 2025 | Steigerung der Kupferverarbeitungskapazitäten an der Abraumlagerstätte und den angeschlossenen Anlagen von 190.000 auf 230.000 Tonnen pro Tag; Erweiterung der Abraumhalden und Bau einer Verarbeitungslinie für oxidische Erze bis 2025 |
Rajo Inca (División Salvador) | Codelco | 1.500 | 2026 | Ausbeutung des Tagebaus der Lagerstätte Indio Muerto; Erhöhung der Verarbeitungskapazität für oxidische und sulfidische Erze |
Experten der staatlichen Gesellschaft Enami gehen indessen davon aus, dass der Trend vermehrt weg von Großbergwerken und hin zu Minen mit mittlerer Größe geht. Wegen ihres geringeren ökologischen Fußabdrucks erhielten sie schneller die notwendigen Genehmigungen. Zudem genössen sie eine höhere Akzeptanz unter der lokalen Bevölkerung, auch weil sie mehr Wertschöpfung schafften.
Allerdings erhalten kleinere und mittelgroße Unternehmen in der Regel schwieriger Kapital für ihre Investitionen. In der Folge dürfte es ihnen zum Beispiel schwerer fallen, ihre Arbeitsprozesse umweltgerechter zu gestalten.
Automatisierung, Autonomisierung und Digitalisierung
Doch insgesamt modernisiert sich Chiles Kupferbergbau in vielfacher Hinsicht. Und das macht ihn auch für deutsche Anbieter zum interessanten Kunden. Dies betrifft nicht allein den klassischen Anlagenbau beziehungsweise Verfahrenstechnik.
Auch im Umweltbereich investieren die Unternehmen auf den verschiedensten Ebenen, darunter in den Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen, um den enormen Wasserverbrauch der Minen nicht über das vor Ort knappe Süßwasser decken zu müssen. Gelder fließen zudem in Technologien zur Staubvermeidung im Abbau sowie die Installation von Feinstaubfiltern in der Kupferverarbeitung. Hierfür bedarf es moderner Mess- und Analysetechnik zum Monitoring und zur Auswertung der Daten.
Auch die Dekarbonisierung treiben die Bergbaufirmen auf Basis zahlreicher Selbstverpflichtungen voran, darunter über die Elektrifizierung von Prozessen (zum Beispiel Transportbänder statt Autos) und die Umstellung auf nicht-fossile Kraftstoffe (E-Fahrzeuge, grüner Wasserstoff, Hybrid-Fahrzeuge).
Zukunftsthema Nachbergbau
Ein ganz großes Thema ist ferner der Nachbergbau. In dem Andenstaat wurden bis 2019 landesweit Spülhalden mit einem Volumen von 10,5 Milliarden Tonnen aufgetürmt, schreibt der chilenische geologische Dienst Sernageomin. Und jedes Jahr kommt eine weitere halbe Milliarde Tonnen Abraum dazu.
Laut Cochilco gibt es in Chile 173 verlassene, 466 inaktive und 94 aktive Halden. "In Zukunft wird es darum gehen müssen, diese Halden ordnungsgemäß zu schließen, um die Risiken für Mensch und Umwelt zu minimieren", so Achim Constantin von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Zum Nachbergbau könne Deutschland enormes Know-how beitragen, ist er überzeugt. Dabei verweist er unter anderem auf die Erfahrungen der Wismut GmbH, auf das Forschungs- und Entwicklungszentrum Bergbaufolgen der BGR sowie die entsprechenden Forschungen der Helmholtz-Gesellschaft und deutscher Universitäten und Bergakademien.
Zunehmend Thema wird auch der Sekundärbergbau, wobei die Volumina riesig sind. "Das in Chile geförderte Erz enthält zwischen 0,3 und 0,5 Prozent Kupfer. Das heißt, 99,5 Prozent des geförderten Gesteins geht auf Halde – und alles wurde vorher gemahlen und aufbereitet. Diese Bergbaurückstände zu reduzieren und langfristig verantwortungsvoll zu sichern, wird neue innovative Lösungsansätze erfordern“, sagt Constantin.
Woran krankt Chiles Kupferproduktion?
So bieten sich in Chiles Kupferbergbau viele Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. Aktuell durchlebt der Sektor aber eine Schwächephase. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So steigen die Kosten beim Abbau des roten Metalls, weil die Qualität der Minen abnimmt. Laut Cochilco legten die Kosten im Großbergbau allein im 1. Halbjahr 2023 um fast 25 Prozent auf 1.988 US$ pro Tonne zu.
"Chiles Kupfervorkommen kennzeichnen abnehmende Wertmineralgehalte und zunehmende Teufen. Dies bedeutet, dass höhere Mengen an Material abgebaut und größere Transportdistanzen bewältigt werden müssen, um das Produktionsniveau aufrechtzuerhalten", so eine Studie der halbstaatlichen Gesellschaft Alta Ley. Gleichzeitig müssten die Bergwerke immer tiefer entwickelt werden, um Rohstoffe mit geeigneter Qualität zu finden. Der Trend gehe daher zum Untertagebau, was zu höheren Kosten führe. Dabei zögen die abnehmenden Wertmineralgehalte zudem einen Anstieg des Energiebedarfs in den nachgelagerten Produktionsprozessen nach sich.
Ein weiterer Faktor ist das Ausbleiben neuer Projekte. Gründe hierfür sind unsichere Aussichten, wie es in Chile politisch weitergeht, ein Mangel an Kapital sowie erschwerte Genehmigungsprozesse – speziell auch im Umweltbereich. Hinzu kommt die wirtschaftliche Schieflage von Codelco, dem weltgrößten Kupferproduzenten. Zur Jahresmitte 2023 schleppte der Staatskonzern Schulden von rund 18 Milliarden US$ mit sich. Bis 2027 könnten die Verbindlichkeiten auf 30 Milliarden US$ ansteigen, so ein Bericht des chilenischen Zentrums für Kupfer- und Bergbaustudien (CESCO).
Die Corporación Nacional de Cobre – kurz Codelco – ist der weltweit größte Kupferproduzent. Fast 10 Prozent der weltweiten und gut ein Viertel der chilenischen Produktion entfallen auf den Staatskonzern, der auch die landesweit größten Kupferraffinerien Chuquimata und Las Ventanas betreibt. Allerdings macht Codelco der jüngste Rückgang der Kupferpreise zu schaffen. Zudem sind die Minen nicht mehr so ergiebig. Die Produktion lag im 1. Halbjahr 2023 bei 633.000 Tonnen Kupfer, der niedrigste Stand seit 25 Jahren. Auch leiden Codelcos Kupferhütten unter den immensen Überkapazitäten in China und dem hieraus resultierenden Preiskampf. Vor diesem Hintergrund gingen die Überschüsse in den ersten drei Quartalen 2023 um zwei Drittel auf 917 Millionen US$ zurück. Das 1971 unter Präsidenten Salvador Allende verstaatlichte Unternehmen beschäftigt direkt und indirekt rund 62.000 Mitarbeitende. |
Bezeichnung | Anmerkungen |
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Regionale Kooperation zur nachhaltigen Gestaltung des Bergbaus in den Andenländern | Kooperationsprojekts der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik der Vereinten Nationen (CEPAL) in Santiago de Chile; Leiter: Achim Constantin |
German Mining Networks | Zusammenschluss von acht Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe der Auslandshandelskammern (AHKs) in Australien, Brasilien, Chile, Ghana, Kanada, Kasachstan, Peru, Südlichem Afrika und China sowie dem Deutsch-Mongolischen Unternehmensverband, der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) und Germany Trade and Invest (GTAI) |