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Branchen | Chile | Elektromobilität

Deutsche Firmen verlieren in Chile wichtige Positionen an China

Chiles Regierung fördert Elektrobusse für den Personennahverkehr. Neue Ausschreibungen stehen in Kürze an. Aber bei E-Mobilität geht es um mehr als Autos, es geht um Lithium.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chiles Transportwirtschaft soll grüner werden. Das ist ein erklärtes Ziel der Dekarbonisierungsstrategie der Regierung. Während der Individualverkehr bei der Mobilitätswende noch hinterherhinkt, kommt die Elektrifizierung des öffentlichen Busverkehrs gut voran. Gab es 2017 in der Metropolregion um die Hauptstadt Santiago de Chile gerade einmal zwei E-Busse, sind es aktuell bereits 2.000 von 7.000 eingesetzten Fahrzeugen.

Staat fördert Elektrifizierung des ÖPNV

Ein Grund dafür sind Anreize des Staates. So fördert das chilenische Transportministerium die privaten Fuhrunternehmen mit hohen Kaufzuschüssen. Derzeit liegen sie bei 65 Prozent der Anschaffungskosten. Wegen der geringeren laufenden Kosten rechnet sich ein E-Bus damit schneller als konventionelle Dieselbusse. Auch das von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GIZ) mit deutschem Steuergeld finanzierte Programm "Chile macht mobil" setzt sich mit Beratung, Workshops sowie Probefahrten in E-Bussen für die Elektrifizierung des öffentlichen Busverkehrs ein.

Bislang gilt die staatliche Förderung nur für die Hauptstadtregion, doch beginnt derzeit ein weiterer Versuch in der Industriestadt Antofagasta mit 40 E-Bussen. Eine Ausschreibung über 1.000 Busse in Valparaiso befindet sich in Vorbereitung (E-Busse und Dieselbusse der Euro-Norm 5 oder 6).

In den anderen Regionen Chiles dominieren dagegen weiter Dieselbusse. Diese sind wesentlich einfacher ausgestattet und damit preiswerter als die in der Hauptstadt eingesetzten Fahrzeuge. Deshalb fällt der Preisunterschied zum E-Bus deutlich höher aus.

Deutsche Firmen gehen leer aus

Kritiker bemängeln, dass nicht auch andere Antriebsformen wie die Brennstoffzelle oder Wasserstoff bei der Förderung eingeschlossen sind. Zumindest schade ist, dass deutsche Bushersteller bisher nicht profitieren konnten – zumal sie sich in den vergangenen Jahrzehnten im Dieselsegment einen hervorragenden Ruf in Chile erarbeitet hatten.

Den E-Busmarkt im Land teilen sich dagegen die chinesischen Firmen BYD, Yutong, Kinglong, Foton und Zhongtong. Eine naheliegende Möglichkeit, dies zu ändern, wäre an den nächsten Ausschreibungen für Santiago oder Valparaiso teilzunehmen. Letztere soll in den kommenden Monaten erfolgen.

Mit Batteriefabriken sichert sich China Zugang zu Lithium

Aber nicht nur bei den Fahrzeugen haben die Chinesen die Nase vorn. Auch im Lithiumsektor preschen sie voran, während deutsche Anbieter dabei sind, sich die Felle davonschwimmen zu lassen. Wie Präsident Gabriel Boric bei seiner Teilnahme an der Konferenz zur neuen Seidenstraße in Beijing im Oktober 2023 bekanntgab, will die chinesische Firma Tsingshan bis 2025 eine Fabrik zur Herstellung von Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LFP) für E-Autos in Chile hochziehen. Kostenpunkt: 233 Millionen US-Dollar.

Der Stahlkonzern Tsingshan, der wegen seines Engagements in Indonesien der weltgrößte Nickelproduzent ist, zählt nach einer Studie von Keheng Energy bislang nicht zu den großen LFP-Batterieherstellern. Diese sind CATL (China), LG Chem (Südkorea) und Panasonic (Japan) gefolgt von BYD. Allerdings konnte Tsingshan sich über seine Tochter Yongqing Technology bis 2030 den Bezug von 11.244 Tonnen batteriefähigem Lithiumkarbonat zum Vorzugspreis bei dem chilenischen Lithiumproduzenten SQM sichern. Darüber hinaus ist Tsingshan an einem Lithium-Projekt in Argentinien beteiligt. 

Diese Bedingungen ähneln denen von BYD, dem zweitgrößten E-Autohersteller der Welt. Bereits im Juli 2023 berichtete Bloomberg, dass BYD eine 290-Millionen-US-Dollar teure Lithium-Kathoden-Fabrik bei Antofagasta bauen wolle. Hierfür wurde BYD von der chilenischen Wirtschaftsförderungsagentur Corfo der Status eines spezialisierten Lithiumproduzenten verliehen, was BYD ebenfalls 11.244 Tonnen Lithiumcarbonat in Batteriequalität pro Jahr von SQM bis 2030 sichert. Deutsche Firmen finden sich hingegen bislang nicht unter den Playern im chilenischen Lithiumgeschäft.

Mit der Ansiedlung einer Batteriefabrik käme die chilenische Politik dem Ziel, die Wertschöpfungskette für Lithium nach oben zu erweitern, ein gutes Stück näher. Tatsächlich verfügt das Land über die weltgrößten Lithiumreserven. Doch die Verarbeitung des für die Energiewende unerlässlichen Rohstoffs erfolgt bislang anderswo.

Chile braucht mehr Ladestationen

Das zunehmende Engagement Chinas und der Ausbau der Wertschöpfungskette könnte der E-Mobilität in Chile künftig kräftigen Schub verleihen. Im Pkw-Segment bleibt bislang noch viel Luft nach oben: So wurden im 1. Halbjahr 2023 landesweit nur 780 E-Mobile verkauft, schreibt die Universidad de Santiago. Das entspricht weniger als 0,4 Prozent des gesamten Autoabsatzes. 

Abgesehen vom Preis schreckt potenzielle Kunden das Fehlen von Ladestationen – speziell auch Schnellladestationen. Laut Agencia de Sostentabilidad Energética gibt es aktuell in ganz Chile nur 692 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 517 in der Metropolregion um die Hauptstadt Santiago de Chile. Viel zu wenig für ein Land mit einer mehr als doppelt so großen Fläche wie Deutschland. Zum Vergleich: In Deutschland lag die entsprechende Zahl zum 1. Juli 2023 bei 97.495, so die Bundesnetzagentur.

Nur wenige Taxis "grün"

Ebenfalls nur schleppend verläuft der Umstieg der Taxiflotte auf E-Autos. Trotz des Programms "Mi Taxi Eléctrico", bei dem der Staat die Hälfte des Kaufpreises sowie eine Ladestation zu Hause bezuschusst, sind derzeit nur 109 E-Taxis auf Santiagos Straßen unterwegs. Im gesamten Land kommen noch einmal 30 dazu. Julio Briones Molina, verantwortlicher Mitarbeiter bei der GIZ für das Programm "Chile macht mobil", führt dies auch darauf zurück, dass Taxifahrer in der Regel aus einfachen Verhältnissen stammen und Einzelunternehmer mit ihrem eigenen Auto sind. Mit eventuellen Risiken behaftete Investitionen können und wollen sie sich nicht leisten.

Weiterführende Informationen
BezeichnungAnmerkungen
Estrategia Nacional de ElectromovilidadStrategie der chilenischen Regierung zur E-Mobilität
Hoja de ruta para el avance de la electromovilidad en ChileRoad Map der chilenischen Regierung zur Entwicklung der E-Mobilität
Chile macht mobilProgramm zur Förderung der Elektromobilität in Chile
Mi Taxi EléctricoProgramm zur Förderung der Elektrifizierung des Taxitransports

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