Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Chile | Start-ups

"Chilecon Valley" - Topadresse für Start-ups in Lateinamerika

Chile bietet eine sehr lebendige Start-up-Szene mit zahlreichen Unterstützungsprogrammen, die auch Jungfirmen aus Deutschland offenstehen.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Steckbrief Start-ups in Chile

  • Chile – ein guter Einstiegsmarkt für Start-ups in Lateinamerika

    Der Andenstaat verfügt über ein gut entwickeltes Ökosystem für Start-ups und ist ein beliebtes Sprungbrett in weitere Länder der Region. Was macht Chile so attraktiv?

    Zwar spielt Chile im Vergleich zu den USA, dem Vereinigten Königreich oder Israel nicht in der ersten Liga der internationalen Start-up-Szene, doch innerhalb Lateinamerikas bietet das Land "am Ende der Welt" die zweitbesten Bedingungen für Jungunternehmen - nach dem weitaus größeren Brasilien. Weltweit rangiert der Andenstaat unter 100 bewerteten Ländern immerhin auf Platz 36. Dies ergab der Startup Ecosystem Report 2023 von StartupBlink.

    Ein Grund für den Erfolg: Chile bietet Start-ups - wie allen Investoren - ein stabiles politisches Umfeld und einen sicheren Rechtsrahmen. Innerhalb Lateinamerikas liegt das Land nach Uruguay auf dem 2. Platz im Antikorruptionsindex von Transparency International. Außerdem gilt Chile wegen seiner großen kulturellen Nähe zu Europa als "einfacherer" Ausgangspunkt zur Bearbeitung des lateinamerikanischen Marktes als andere Staaten der Region.

    "In der globalen Start-up-Szene zählt Chile schon seit längerem zu den Topadressen",

    sagt Pamela Valdivia, Repräsentantin des Freistaats Bayern in Santiago de Chile und neben Chile zuständig für die Länder Argentinien, Kolumbien, Peru und Uruguay. "Laut Forbes und The Economist sind die Chancen für Start-ups im sogenannten "Chilecon Valley" ausgesprochen gut. Das Wachstum der dort gegründeten Technologiefirmen beträgt durchschnittlich 13 bis 15 Prozent pro Jahr. Die Geschäftsmodelle haben sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt." 

    Ranking der besten Start-up-Ökosysteme in Lateinamerika

    Land

    Regionales Ranking

    Globales Ranking

    Zahl der Städte mit gutem Ökosystem

    Brasilien

    1

    27

    28

    Chile

    2

    36

    1 (Santiago, Rang 67 unter 1.000 Städten) *)

    Mexiko

    3

    37

    13

    Kolumbien

    4

    40

    11

    Argentinien

    5

    47

    4

    Uruguay

    6

    55

    1

    Peru

    7

    69

    1

    Costa Rica

    8

    72

    1

    Ecuador

    9

    81

    2

    Panama

    10

    86

    1

    * Valparaiso und Viña del Mar schafften es 2023 nicht mehr unter die besten 1.000 Standorte. Quelle: Startup Ecosystem Report 2023 von StartupBlink 2023

    Die wichtigsten Anlaufpunkte für Start-ups aus Deutschland

    Um Start-ups den Markteinstieg zu erleichtern, gibt es in Chile eine ganze Reihe von Informations- und Serviceangeboten. Unterstützung bieten unter anderem:

    Die Akteure helfen Unternehmen, Kontakte zu knüpfen. Dennoch sollten sie prüfen, mit wem sie Geschäftsbeziehungen eingehen: "Es ist sehr wichtig, sich ein seriöses Netzwerk aufzubauen. Denn es tummeln sich viele unseriöse Consultants, die die Unternehmen nur Zeit und Geld kosten", sagt Carolina Moreno, Mitarbeiterin im Bereich Fintech & Venture Capital bei InvestChile.

    Gute Entwicklungschancen für Start-ups sieht die staatliche Investitionsförderagentur in den Bereichen FinTech, Bildung, Gesundheit und Food Tech sowie Lithium und grüner Wasserstoff. Dabei könne InvestChile dank seiner eigenen Inkubatoren breiter beraten als etwa die Entwicklungsagentur Corfo.

    Als nächsten Schritt für Neueinsteiger empfehlen Branchenkenner eine Kontaktaufnahme mit wichtigen Universitäten des Landes, die - unterstützt von Corfo - alle eigene Inkubatoren betreiben und wo sich die besten Köpfe des Landes finden. Hierzu zählen je nach fachlicher Ausrichtung folgende Hochschulen: 

    Ausgewählte Start-up-Initiativen von deutscher Seite
    NameKurzbeschreibung
    MarkterkundungsreisenDie AHK Chile organisiert regelmäßig Markterkundungsreisen für deutsche Start-ups nach Chile und umgekehrt; Ansprechpartnerin: Annika Schüttler (E-Mail: aschuttler@ahkchile.cl)

    Energy Challenge Germany & Chile (im Rahmen der deutsch-chilenischen Energiepartnerschaft)

     

    Organisatoren: u.a. AHK Chile, Bayerische Repräsentanz für Südamerika, GIZ Chile

    Zielgruppe: Start-ups in Deutschland und Chile, die Lösungen zur Energiewende anbieten

    WENGAN

     

    Virtueller Hub der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika und den AHKn Argentinien, Chile, Kolumbien und Peru.

    Ziel: Vermittlung strategischer Partner für deutsche Start-ups in Argentinien, Chile, Kolumbien, Peru und Uruguay sowie Unterstützung beim Internationalisierungsprozess; Unterstützung lateinamerikanischer Scale-ups bei einem Markteinstieg in Deutschland

    OktoberINVESTFest

     

    Informationsveranstaltung der Bayerischen Repräsentanz für Südamerika

    Ziel: Anbahnung von Venture Capital-Kooperationen für Hightech-Start-ups; nächster Termin: 18. Oktober 2023 im Hybrid-Format

    Chilean & German Innovation Ecosystem MeetupsRegelmäßige Austauschreihe in Präsenz; Kontakt: Bayerische Repräsentanz für Südamerika
    Falling Walls Lab Chile 2023Plattform für innovative Ideen von wissenschaftsbasierten Start-ups; organisiert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Zusammenarbeit mit Partnern; jüngste Veranstaltung: 29. Juni 2023
    German Accelerator (South America)

    Sitz: Buenos Aires (Argentinien)

    Ziel: Vernetzung der deutschen Start-up-Szene mit Südamerika

    Quelle: AHK Chile 2023; Bayerische Repräsentanz für Südamerika in Santiago de Chile 2023; German Entrepreneurship GmbH 2023

    Kleiner Binnenmarkt, aber große Chancen in der Region

    Angesichts des kleinen Binnenmarkts mit nur rund 20 Millionen Einwohnern und einer wenig aufgefächerten Industriestruktur sind die Wachstumsmöglichkeiten in Chile begrenzt. Erfolgreiche Start-ups nehmen deshalb relativ schnell auch die Nachbarmärkte ins Visier oder versuchen, sich in den USA zu etablieren.

    Vertreter von Start-up Chile oder Magical empfehlen den Andenstaat als Ausgangspunkt für eine Expansion in weitere Märkte der Region, die zwar interessant seien, aber nicht das Maß an institutioneller Sicherheit böten. Eine Ausnahme sei Brasilien. Dort sollten Firmen besser direkt einsteigen, denn das Land sei eher "ein anderer Kontinent".

    Nicht grundlos siedeln sich viele Start-ups aus Argentinien, sobald sie "etwas weiter" sind, in Chile an: Sie finden hier das Maß an Zuverlässigkeit, das in ihrer Heimat fehlt. Darüber hinaus ist Chile nicht nur sehr deutsch-affin, auch der Kulturschock dürfte aufgrund der kulturellen und institutionellen Ähnlichkeit viel geringer ausfallen als etwa in Peru oder Bolivien. "It will make the landing softer for you", so Javier Cueto vom Accelerator Imagine.

    Ein zusätzlicher Bonus ist die Mitgliedschaft Chiles in der Freihandelszone Pazifische Allianz (Alianza del Pacífico), der außerdem Kolumbien, Mexiko und Peru angehören. Hinzu kommen Freihandelsabkommen mit 18 Ländern sowie das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union, das gerade aktualisiert wird.

    Die wichtigste Voraussetzung, so betonen Acceleratoren, sei jedoch: Start-ups sollten sorgfältig prüfen, ob es für das Produkt einen Markt gebe und wer als Kunde in Frage komme. So gilt der Bergbau, die Kernbranche des Landes, als überaus konservativ. Er kooperiere überwiegend mit etablierten Unternehmen und weniger mit Start-ups, bestätigt ein Vertreter des Industrieverbands Sofofa Chile.

    Auswahl an Inkubatoren und Acceleratoren in Chile
    NameFokusAnmerkungen
    Start-Up Chilegilt als "der" Pre-Seed und Seed Accelerator Chiles, unterstützt auch "Ideen"

    Untersteht der staatlichen Wirtschaftsförderagentur Corfo; steht sowohl in- als auch ausländischen Start-ups offen und hat laut eigenen Angaben bisher mehr als 2.500 Unternehmen aus 85 Ländern unterstützt; zu den großen Erfolgen zählt das

    Foodtech-Unicorn NotCo; besondere Fonds für Unternehmerinnen; unterstützt auch über Chile hinaus Ausweitung der Aktivitäten ins Ausland.

    MagicalPre-Seed / Seed, für B2B und/oder B2B2CVon Corfo 2021 als bester Accelerator ausgezeichnet; unterstützt auch über Chile hinaus Ausweitung der Aktivitäten ins Ausland.
    ImagineInnovative, technologieorientierte Unternehmen, speziell KMUVon Microsoft unterstützter Business-Inkubator, kooperiert mit AHK Chile und der Bayerischen Repräsentanz in Südamerika; einer der ersten privaten Acceleratoren in Chile; bietet ein Netzwerk aus Mentoren und Unternehmen, verteilt auf Chile, Mexiko, Argentinien, Peru, Kolumbien und Costa Rica.
    GaneshaLabBiotech-UnternehmenSeit 2016 in Santiago
    IncubatecUFROSmarte und nachhaltige B2B-Lösungen für StädteInkubator der Universidad de La Frontera in Temuco
    Founder Institute SantiagoTechnologieunternehmenWeltweit aufgestellter "Pre-Seed"-Accelerator mit Niederlassung in Santiago
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Laut StartupBlink gab es in Chile Anfang 2022 insgesamt 345 Start-ups, davon fast alle in der Metropolregion Santiago (96 Prozent). Hierzu zählen auch die drei Unicorns, die Chile bisher hervorgebracht hat: Cornershop, NotCo und Betterfly.  

    Cornershop, NotCo und Betterfly - drei Einhörner aus Chile

    Den Gründern des 2015 gestarteten virtuellen Marktplatzes Cornershop gelang es, Online-Einkäufe von angeschlossenen Läden aus der Nachbarschaft des Bestellers mit einem Lieferdienst zu verknüpfen; 2021 ging Cornershop komplett an Walmart und Uber über, die das Konzept erfolgreich in anderen Ländern umsetzen.


    Das ebensfalls 2015 gegründete Start-up NotCo stellt pflanzenbasierte Fleisch- und Molkereierzeugnisse her ("Notburger", "Notmilk", "Notchicken"). Basis der Rezepturen ist "Guiseppe", ein Algorithmus, der die Molekularstruktur der nachzuahmenden Produkte analysiert und auf pflanzliche Ausgangsstoffe überträgt. Es besteht eine Kooperation mit dem US-Konzern Kraft Heinz.


    Die App des 2018 gegründeten Insurtech-Unternehmens Betterfly belohnt Angestellte für gesundheitsfördernde Aktivitäten und Gewohnheiten über Einzahlungen des Arbeitgebers in eine Lebensversicherung. Der Versicherungsschutz wächst mit einem gesünderen Lebenswandel. Außerdem besteht die Möglichkeit, über die Plattform für wohltätige Zwecke zu spenden.

    Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest; Firmenangaben 2023

    Allerdings spiegeln diese Zahlen nicht die gesamte Start-up-Szene wider, etwa fehlen die Start-ups von IncubatecUFRO in Temuco. Klar ist jedoch: das Start-up-Geschehen konzentriert sich im Wesentlichen auf Santiago - was nicht heißt, dass nicht anderswo im Land interessante Ideen umgesetzt werden.

    Start-up-Zentren in Chile (Stand Februar 2022)

    Standort

    Zahl

    Metropolregion Santiago de Chile

    332

    Valparaíso

    5

    Viña del Mar

    4

    Concepción

    4

    Gesamt

    345

    Quelle: Startup Ecosystem Report 2023 – StartupBlink 2023

    Laut StartupBlink sind etwa 35 Prozent aller chilenischen Start-ups im Bereich Software und Datenverarbeitung tätig. Der Fintech-Sektor sowie E-Commerce und Handel folgen mit jeweils rund 13 Prozent auf den Plätzen zwei und drei.

    Zahl der chilenischen Start-ups nach Sektoren (Februar 2022)

    Sektor

    Zahl

    Software und Datenverarbeitung

    122

    Fintech

    46

    E-Commerce und Handel

    44

    Soziales und Freizeit

    40

    Gesundheit

    26

    Marketing und Verkauf

    19

    Bildung

    16

    Energie und Umwelt

    14

    Hardware und Internet of Things

    12

    Foodtech

    9

    Quelle: Startup Ecosystem Report 2023 – StartupBlink 2023

     

     

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • An Kapital fehlt es nicht – wichtiger ist die Geschäftsidee

    Weltweit fließt weniger Risikokapital. Doch Chile bietet interessante staatliche Förderungen für Start-ups. Selbst wenn sie nur eine Idee und keine Rechtsform in Chile haben.

    Mit dem Anstieg der Zinsen in den USA und Europa und der wachsenden Unsicherheit sitzt das Geld für die Finanzierung von Start-ups nicht mehr so locker wie in den vorangegangenen Jahren. Seit Jahresbeginn 2023 meldet das Nachrichtenportal Crunchbase zweistellig sinkende Venture-Capital-Einnahmen für Start-ups.

    Der Rückgang macht sich auch in Lateinamerika und der Karibik bemerkbar  einer Region, die ohnehin nicht zu den bevorzugten Zielen globaler Venture-Capital-Investoren zählt. Chilenischen Presseberichten zufolge sollen im 1. Quartal 2023 nur 2,2 Prozent des weltweiten Start-up-Fundings in die Region geflossen sein. Damit wäre der Anteil sogar noch unter die schon unterdurchschnittliche Marke von 3 Prozent des Jahres 2022 gefallen. Das Gros der Zuflüsse geht dabei traditionell nach Brasilien, gefolgt von Mexiko und Kolumbien

    Tatsächlich berichtete die Wirtschaftszeitung Diario Financiero, dass die chilenischen Start-ups im 1. Halbjahr 2023 gerade 199 Millionen US-Dollar (US$) einsammeln konnten, nach 485 Millionen US$ im 1. Halbjahr 2022. Dafür benötigten sie 45 Runden gegenüber 27 im letzten Jahr. Nach Angaben des chilenischen Verbands für Risikokapital ACVC lagen die Risikokapitalinvestitionen in Chile 2022 bei etwas über 1 Milliarde US$. Der nicht vollständige Bericht von StartupBlink meldet für 2022 einen Wert von knapp 0,8 Milliarden US$ bei 107 Gründungen.

    Zahl der Start-up-Gründungen und -Funding in Chile (in Millionen US-Dollar)

    Jahr

    2020

    2021

    2022

    Zahl der Gründungen

    93

    135

    107

    Finanzvolumen

    175,6

    753,1

    772,4

    Quelle: Startup Ecosystem Report 2023 – StartupBlink 2023

    Es braucht Anpassungsfähigkeit und das richtige Produkt

    Trotzdem wird es auch unter diesen Bedingungen weiter Investoren geben. Wichtig sei, dass die Start-ups über anpassungsfähige Geschäftsmodelle verfügten, um die Durststrecke zu überstehen, sagt Camila Mohr, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Innspiral. Das Jahr 2023 sieht sie als "Jahr der Kamele". Und 2024 dürfte es nicht anders werden.

    Doch der Kapitalmarkt ist nicht alles. Denn bevor private Investoren zum Zuge kommen, tritt in Chile oft erst der Staat als Geldgeber auf. So sieht es auch Chris Thompson, Scout Manager beim Accelerator Magical in Santiago:

    "An Kapital für Start-ups fehlt es in Chile nicht – was es braucht, ist eine Geschäftsidee, die hier funktioniert, und die richtige Herangehensweise."

    Wichtigste Anlaufstelle für Jungunternehmen ist das Programm Start-Up Chile, das der staatlichen Entwicklungsagentur Corfo untersteht; auch darüber hinaus bietet Corfo ein vielfältiges Programm für Start-ups und unterstützt zahlreiche Inkubatoren und Acceleratoren im Land.

    Corfo-Programme zur Unterstützung von Unternehmensgründungen
    ProgrammInformationen

    Start-Up Chile

     

    Öffentlicher Inkubator/Accelerator zur Förderung innovativer Gründer und Unternehmen; drei Finanzierungslinien: "Build", "Ignite" und "Growth".

    Im Rahmen von "Build" bietet Start-Up Chile eine Kofinanzierung von bis zu 90 Prozent des Gesamtbetrags, maximal 15 Mio. chilenische Pesos (chil$; rund 17.000 US$), für "Ignite" bis zu 50 Mio. chil$ (rund 57.000 US$) und für "Growth" bis zu 75 Mio. chil$ (86.000 US$).

    Venture Capital Chile

     

    Vorstellung am 23. August 2023. Ziel: Unterstützung der lokalen Wirtschaft mit Risikokapital und Anziehung ausländischer Investoren. Außerdem soll die Finanzierung über die chilenische Börse ausgebaut werden. Federführend ist Scalex.

    Semilla Inicia und Semilla Expande


     

     

    "Semilla Inicia" unterstützt Firmen mit Sitz in Chile und großem Wachstumspotenzial und stellt bis zu 75 Prozent an Kofinanzierung, aber maximal 15 Mio. chil$ (rund 17.000 US$) zur Verfügung.

    "Semilla Expande" bietet innovativen Unternehmen mit Sitz in Chile und einem Erstumsatz von bis zu 60 Mio. chil$ im Vorjahr eine Kofinanzierung von 75 Prozent in zwei Stufen mit einer Obergrenze von 25 Mio. chil$ (circa 29.000 US$) für die erste Stufe und 20 Mio chil$ (23.000 US$) für die zweite.

    Capital Semilla Sercotec


     

     

    Der Fonds unterstützt kleine Firmen bei Gründung und Expansion. Er stellt Mittel in Höhe von bis zu 3,5 Mio. chil$ (rund 4.000 US$) zur Verfügung für Hilfen zur Unternehmensführung (technische Hilfe, Ausbildung und Marketingaktivitäten) sowie bis zu 3,3 Mio. chil$ (3.800 US$) für Investitionen.

    Capital Abeja

     

    Der Fonds richtet sich ausschließlich an Neugründungen von Unternehmerinnen. Er finanziert bis zu 3,5 Mio. chil$ (rund 4.000 US$) für Unternehmerinnen, die keine der oben genannten Mittel in Anspruch genommen haben.
    Förderung neuer Technologien wie grüner Wasserstoff

    Corfo fördert auch den Einsatz neuer Technologien. Hierzu zählt grüner Wasserstoff. Für Projekte in diesem Bereich steht laut chilenischem Wirtschaftsministerium ab 2024 ein Fördertopf von über 1 Mrd. US$ bereit - davon stammen allein 100 Mio. US$ von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

    Nach einer Umfrage der AHK Chile unter Energieunternehmen waren für 45 Prozent der 20 befragten Firmen öffentliche Fonds die wichtigste Fremdfinanzierungsquelle gefolgt von Risikokapitalfonds (30 Prozent). Erst dann folgten kooperative Risikokapitalfonds (20 Prozent) und Fonds privater Geldgeber (4,6 Prozent).

    Quelle: Corfo 2023


     

    Start-Up Chile unterstützt bereits Ideen ...

    Start-Up Chile ist nicht auf chilenische Unternehmer beschränkt. Hintergrund ist der öffentliche Auftrag, zur Diversifizierung und Entwicklung der Wirtschaft beizutragen und hierfür unter anderem innovative Firmen ins Land zu holen. "Wir haben eine andere Herangehensweise als konventionelle Fonds“, erklärt Carmen Contreras Romero, CEO bei Start-Up Chile und zugleich Direktorin des Entrepreneurship Departments bei Corfo. Start-Up Chile unterstütze bereits Ideen, entscheidend sei das Wachstumspotenzial.

    Mit dem Programm Build unterstützt der Inkubator chilenische und ausländische Firmen bereits in einem ganz frühen Stadium mit Zuschüssen. Auf Firmen, die maximal drei Jahre operativ tätig sind, richtet sich Ignite. Bedingung ist ein "Minimum Viable Product", also ein Produkt, das nur die Basisfunktionen abdeckt, um zu testen, wie es beim Kunden ankommt, wie es verbessert werden könnte und wieviel es kostet. Voraussetzung zur Teilnahme an Growth ist ein Vorjahresumsatz zwischen 100.000 und 1 Million US$.

    Für alle drei Linien gilt, dass das ausländische Start-up keine Firma in Chile gegründet haben muss. Die Anträge können auch von natürlichen Personen gestellt werden - im Gegensatz zu anderen Start-up-Programmen von Corfo wie etwa Semilla Inicia und Semilla Expande.

    "Start-Up Chile ist das gründerfreundlichste Programm in Lateinamerika", sagt Chris Thompson von Magical insbesondere dann, wenn sich das Start-up noch in einer ganz frühen Phase befindet oder man seine Geschäftsidee für Lateinamerika ausprobieren will. "Sie geben Gründern Geld, helfen bei Kontakten und bei der Beseitigung bürokratischer Hürden."

    ... und hilft bei der Bewältigung von Bürokratie

    Das gilt speziell für die Visabeschaffung und bei der Registrierung der Identifikationsnummer RUT ("Rol Único Tributario"): Unternehmer können nicht nur schnell in der Regel nach zwei statt der üblichen sechs Monate - ein zweijähriges Start-up-Visum bekommen. Die RUT ist in Chile für viele Dinge unabdingbar, darunter für die Eröffnung eines Bankkontos.

    Außerdem bietet Start-up-Chile Unterstützung beim Aufbau von Netzwerken, bei der Kontaktaufnahme mit potenziellen Investoren, Mentoren und Kunden. In einem relativ kleinen Land wie Chile kennen sich häufig die wichtigen Personen in einer Branche, nicht zuletzt, weil viele die gleichen Schulen oder Universitäten besucht haben. "Wenn man hier nicht 'drin' ist, dann ist es hart", sagt Javiera Araneda von Start-Up Chile.

    Venture-Fonds und Business Angels für spätere Wachstumsphasen

    Ferner gibt es mehrere private Stiftungen und andere Wagniskapitalfonds, die Start-ups finanziell unterstützen. Hierzu gehören etwa die öffentlich-private Fundación Chile oder der Daedalus-Fonds von Cristobal Piñera (Sohn des Ex-Präsidenten und Milliardärs Sebastian Piñera), Juan Turner sowie Daniel Undurraga, einem der Mitbegründer von Cornershop. Daedalus beteiligte sich unter andem an Hackmetrix. Hackmetrix hackt Firmen in deren Auftrag und hilft ihnen, Sicherheitslücken zu beseitigen. Ein Überblick zu Wagniskapitalfonds findet sich auf der Webseite des Verbands für Wagniskapital ACVC.

    Business Angels gibt es in Chile nur wenige, und sie sind nach Aussage eines Branchenvertreters in der Regel weniger risikofreudig als Business Angels in den USA oder Europa. Viele beteiligen sich erst in späteren Wachstumsstadien. Populärer sind Crowdfunding-Plattformen. Die wichtigste ist Broota. Ferner soll die Finanzierung über die chilenische Börse ausgebaut werden. Federführend ist Scalex.

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Erfolgsfaktoren für den chilenischen Markt

    Mit seinem gut entwickelten Ökosystem scheint Chile für Start-ups ein leichter Einstiegsmarkt nach Lateinamerika zu sein. Doch es gibt auch Hürden.

    Aufgrund der kulturellen Nähe zu Europa und der großen Affinität zu Deutschland empfiehlt sich Chile als Sprungbrett für deutsche Start-ups nach Lateinamerika. Trotzdem gilt es Einiges zu beachten - angefangen damit, dass Englisch nicht vorausgesetzt werden kann. Wie auch in den Nachbarländern sollte deshalb immer jemand im Team Spanisch verhandlungssicher beherrschen.

    Risikoaverse Kunden brauchen Referenzprojekte

    Auch erfordert es Zeit, den chilenischen - wie den lateinamerikanischen Markt überhaupt - zu entwickeln. "Innovationsbereitschaft besteht meist erst dann, wenn die Firmen an ihre Grenzen stoßen", sagt Camilo Pabon von OroraTech, einem Spinn-off der TU München, das innovative Instrumente zur satellitengestützten Waldbrandfrüherkennung entwickelt hat. Es sei schwer, Firmen zu finden, die offen genug seien, Neues auszuprobieren, und die Geduld hätten, das Produkt weiterzuentwickeln, bis es genau passe. Denn die erste Version sei selten perfekt. "Kundennähe und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sind essenziell, neben dem nötigen Budget“, so Pabon.

    Generell gelten Chiles Firmen als sehr vorsichtige Kunden. Sie warten lieber ab und lassen andere Unternehmen testen, "ob es funktioniert". Umso wichtiger sind Referenzprojekte. Dies bestätigen die Erfahrungen eines anderen deutschen Start-ups, das in Chile mit seiner App zur Digitalisierung von Montageprozessen vor allem den Bergbau (aber auch andere Industriesektoren) im Blick hatte. Trotz einer Präsenz vor Ort, unzähliger Gespräche und niedriger Kosten kam es nie zu einem Abschluss. Einer der Beteiligten führt dies auf die geringe Bereitschaft zurück, wirklich Neues auszuprobieren und bevorzugt auf Altbewährtes - in diesem Fall die Papierform - zurückzugreifen.

    Ähnliches ergab eine Diskussion zwischen chilenischen Acceleratoren und Wirtschaftsexperten mit deutschen Start-ups im August 2023 in der AHK Chile: Man müsse sich sicher sein, dass es für das Produkt vor Ort einen Markt gebe, wissen, wer als Kunde in Frage komme, so ein Vertreter des chilenischen Industrieverbandes Sofofa. Gerade der in Chile sehr wichtige Bergbau gelte als überaus konservativ und sei eher dafür bekannt, mit etablierten Unternehmen zu kooperieren und nicht so sehr mit Start-ups.

    Das chilenische Umfeld ist vergleichsweise wenig innovativ. Nicht nur mangelt es vielfach an Fachkräften, es gibt auch nur ungenügende Anreize für Forschung und Entwicklung beziehungsweise für Investitionen, um neue Märkte zu erschließen. Im letzten Global Competitiveness Report 2020 des World Economic Forum erreichte der Andenstaat in dieser Kategorie nur 31,7 von 100 möglichen Punkten. Der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt lag laut OECD 2020 (jüngste verfügbare Zahl) lediglich bei 0,34 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 2021 rund 3,1 Prozent. Umso willkommener müssten innovative Firmen aus dem Ausland sein.

    Bürokratie und Intransparenz lassen manche verzweifeln

    Allerdings klagen viele Unternehmen über ein sehr bürokratisches und auch intransparentes Umfeld. Während einerseits ein "supercooles und von viel Hilfsbereitschaft geprägtes Klima für Start-ups herrsche", so ein deutscher Unternehmensvertreter, sei oft sehr schwer einzuschätzen, welche Unterlagen für welche Genehmigungsprozesse notwendig seien. Viele Ideen scheitern am Behördenweg. Allein schon die Beschaffung oder Verlängerung der persönlichen Identifikationsnummer RUT können zum Kraftakt werden. Ohne RUT sind viele Transaktionen in Chile unmöglich. Und selbst die Ausreise kann sich schwierig gestalten, musste ein deutscher Start-up-Vertreter erfahren.

    Erschwerend käme hinzu, dass Chilenen nicht nein sagen können. Im Ergebnis fließe viel unnötige Zeit in Follow-ups und Nachfragen. Hartnäckigkeit sei wichtig, gerade in Lateinamerika. Zugleich falle es schwer, den Zeitpunkt festzustellen, an dem man keine Chance mehr habe. Antwortet der potenzielle Kunde nicht, weil er es vergessen oder gerade sehr viel zu tun hat, oder ist sein Interesse tatsächlich erloschen?

    Hier hat Javiera Araneda von Start-Up Chile einen Tipp parat: Wenn der Punkt gekommen sei, an dem ein Start-up nicht weiterwisse, empfehle sich ein Schreiben, aus dem Verständnis für die Zeitnöte des Gegenübers hervorgehe. Man wolle ihn nicht länger belästigen, weshalb dies die letzte E-Mail sei, die man an ihn richte. Passiere daraufhin nichts, sei tatsächlich Schluss.

    Trotz aller Herausforderungen gibt es eine ganze Reihe ausländischer Start-ups, die sich in Chile erfolgreich etablieren konnten.

    Beispiele für erfolgreiche Start-ups in Chile mit ausländischem Hintergrund
    • Das Start-up Bureo wurde - unterstützt von Corfo - 2013 von drei US-amerikanischen Ingenieuren gegründet. Sie verfolgten die Idee, alte Fischernetze zu recyclen. Bis März 2023 hat Bureo eigenen Angaben zufolge rund 3.000 Netze zu Kleidung, Skateboards und anderen Waren verarbeitet. Ein Hauptkunde ist die Outdoormarke Patagonia. Sitz von Bureo ist die Hafenstadt Concepción.

     

    • Die 2013 von vier Deutschen gegründete Busticket-Plattform Recorrido, die Busfernreisen in Chile deutlich transparenter macht und inzwischen auch in weiteren Ländern in Lateinamerika agiert. Bei einer Umfrage der Tageszeitung La Tercera landete Recorrido aus dem Stand auf Platz 16 unter den am meisten nachgefragten Verkaufskanälen.

     

    • Das Spinn-off der Technischen Universität München OroraTech bietet Instrumente zur Waldbrandfrüherkennung und -überwachung mittels eigener Satelliten vom Weltall aus. Seit 2019 arbeitet OroraTech mit Forestal Arauco, dem größten privaten Forstbetrieb Chiles, zusammen, allerdings ohne eigene Niederlassung vor Ort. Der Kontakt kam über den Umweg Argentinien zustande, wo jedoch die nötigen Devisen fehlten. Nach vier Jahren Präsenz und vorzeigbaren Referenzprojekten vor Ort zeigen nun auch andere Firmen ernsthaftes Interesse.

     

    Mentalitätswandel hilft Start-ups bei Personalsuche

    Auch die Suche nach Personal dürfte in Chile etwas einfacher geworden sein. Wie ein Vertreter der renommierten Universidad Católica feststellte, streben die Absolventen nicht mehr wie noch vor wenigen Jahren ausnahmslos in die etablierten Konzerne. Im Gegenteil: Gegenwärtig gelte es unter vielen als "cool", in einem innovativen Start-up etwas zur Veränderung der Welt beizutragen. Wer erfahrenere Kräfte braucht, dem bleibt jedoch oft nichts anderes, als sie anderswo abzuwerben.

    AHK in vielen Fragen hilfreich

    Bei der Personalsuche helfen kann die AHK mit ihrem Netzwerk. Dies gilt auch für die Frage, welche Rechtsform letztlich für den Markteintritt gewählt wird. Ratsam ist dabei die Hinzuziehung eines kompetenten Anwalts- beziehungsweise Steuerberatungsbüros, zumal zwischen Chile und Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Auch hier kann die AHK Chile mit einer entsprechenden Liste weiterhelfen.

     

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkung

    AHK ChileBreites Informations- und Serviceangebot für deutsche Firmen in Chile
    Bayerische Repräsentanz für SüdamerikaEngagiert sich stark für Start-ups in Chile sowie in anderen Ländern der Region
    Start-Up ChileStaatlicher Pree-Seed und Seed-Inkubator/Accelarator, untersteht Corfo; fördert in- und ausländische Start-ups; hat bisher mehr als 2.500 Unternehmen aus 85 Ländern unterstützt
    CorfoStaatliche Entwicklungsagentur mit breitem Unterstützungsprogramm für Unternehmensgründungen
    InvestChileVielfältiges Beratungs- und Netzwerkangebot
nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.