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Wirtschaftsumfeld | Chile | Bau

Entspannung auf Chiles Büromarkt

Firmen, die in der Hauptstadtregion ein Büro suchten, brauchten vor den Corona-Lockdowns viel Geduld. Heute gestaltet sich die Suche leichter: Für Chile sind die Leerstände hoch.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Traditionell prägen niedrige Leerstandsraten den chilenischen Büromarkt: Bis 2019 erreichten sie lediglich etwas mehr als 4 Prozent. Im 3. Quartal 2022 hingegen bewegte sich die durchschnittliche Leerstandsrate für A- und B-Klasse-Büros in Santiago de Chile auf für lokale Verhältnisse rekordverdächtige 10,1 Prozent. Zwar ist dieser Wert immer noch der niedrigste der Region, doch für Chile ist er "gefühlt" sehr hoch, so Rosario Meneses, Leiterin der Marktforschung von Cushman & Wakefield.

Leerstandraten für Büroflächen im 1. Halbjahr 2022 in ausgewählten südamerikanischen Hauptstädten

Stadt

Leerstandrate (in Prozent)

Santiago de Chile

10,1

Bogotá

11,7

Buenos Aires

15,9

Lima

21,5

São Paulo

22,5

Rio de Janeiro

34,2

Quelle: Cushman & Wakefield 2022

Pandemie bringt Bewegung in den Markt 

Grund für die traditionell niedrigen Leerstandsraten auf dem chilenischen Büromarkt ist die sehr konservative Haltung der lokalen Investoren, erklärt Ingrid Hartmann vom Immobiliendienstleister CBRE: "Gebaut wird erst, wenn quasi alles vermietet ist – Spekulationen sind nicht gefragt."

Entsprechend schwierig gestaltete sich aber umgekehrt für Firmen die Suche nach geeignetem Büroraum. An dieser unelastischen Situation änderten selbst die sozialen Unruhen von 2019 zunächst nichts. Mieter wie Vermieter warteten ab - in der Annahme, es handle sich nur um eine vorübergehende Erscheinung.

Erst mit Ausbruch der Pandemie und der Verhängung des Lockdowns kam Bewegung in den Büromarkt. Viele Firmen verkleinerten sich, weil sie schlechtere Geschäfte machten und/oder ihr Personal ins Homeoffice schickten. Einige gaben einzelne Standorte auf und zogen ihr Geschäft an einen Ort zusammen.

Mieten tendieren nach unten

Dadurch wurden plötzlich Flächen frei – und die Preise gaben nach. Dies wiederum veranlasste weitere Firmen zu einem Umzug in kleinere Räumlichkeiten, aber in bessere Lagen oder Gebäude mit höherer Qualität, die nun für weniger Geld zu haben waren. Dabei ist zu beachten, dass Büromietverträge nicht in der Landeswährung Chilenischer Peso (chil$) abgeschlossen werden, sondern in Unidad de Fomento (UF). Der UF ist eine Rechnungswährung, deren Wechselkurs zum Peso täglich an den Inflationsindex IPC (Índice del Precio al Consumidor) angepasst wird, sodass sein Wert anders als der zur Abwertung neigende Peso im Zeitverlauf stabil bleibt.

Mietpreisentwicklung in Santiago de Chile*

Indikator

2. Quartal 2020

2. Quartal 2021

2. Quartal 2022

Klasse-A-Büros

0,60 UF (21,09 US$)

0,54 UF (22,08 US$)

0,50 UF (17,99 US$)

Klasse-B-Büros

0,44 UF (15,47 US$)

0,40 UF (16,36 US$)

0,39 UF (14,03 US$)

*) Angaben in Unidad de Formento (UF) beziehungsweise US-Dollar (US$) je Quadratmeter pro MonatQuelle: CBRE Research, Q2 2020; CBRE Research, Q2 2021; CBRE Research, Q2 2022

Büros werden kleiner, aber hochwertiger

Der Trend "Kleiner, aber feiner" ist nach wie vor nicht abgeschlossen. "Die weltweiten Entwicklungen arbeiten gegen die Büroanbieter", sagt Gustavo Valenzuela von Cushman & Wakefield – und meint damit den weiter fortbestehenden Trend zu Homeoffice und die in vielen Ländern befürchtete Rezession. Chile bildet da keine Ausnahme. Im Jahr 2022 soll die Wirtschaft nur noch um rund 2 Prozent wachsen, prognostiziert die chilenische Zentralbank. Für 2023 geht sie von einem Minus von etwa einem halben Prozent aus.

Zusätzliche Entspannung für bürosuchende Firmen wird die Erweiterung des Angebots in Santiago mit sich bringen. Nach zwei Jahren des Stillstands werden kurz- und mittelfristig in den bevorzugten Lagen Las Condes und Nueva Providencia drei Großprojekte mit hochwertiger Bürofläche auf den Markt kommen. Mit Spannung wird derzeit die Eröffnung des MUT, des Mercado Urbano Tobalaba, erwartet, von dem noch 2022 die ersten der vier Gebäude eingeweiht werden sollen. Die anderen beiden neuen Vorhaben sind das mit kolumbianischem Geld finanzierte Nueva Cordova sowie bis 2025 das Urbana Center Manquehue.

Diese drei Projekte allein umfassen rund 120.000 zusätzliche Quadratmeter Bürofläche. Mit ein paar weiteren kleinen Projekten kämen also bis 2025 laut CBRE circa 170.000 Quadratmeter (einschließlich Nueva Cordova) zusätzlich auf den Klasse-A-Markt.

Überblick über den Klasse-A-Büromarkt in Santiago de Chile (2. Quartal 2022)

Teilmarkt

Bürofläche (in qm)

Erwarteter Zuwachs an Bürofläche (qm)

Preis pro qm

Las Condes

1.316.221

23.086 (in Bau); 81.069 (projektiert)

0,53 UF (20,34 US$)

Nueva Providencia

94.367

89.955 (in Bau); 93.315 (projektiert)

0,64 UF (24,10 US$)

Santiago Centro

195.598

keine neuen Projekte

0,38 UF (14,31 US$)

Sonstige

86.765

keine Projekte

0,52 UF (19,58 US$)

Metropolregion Santiago de Chile insgesamt

1.692.951

113.041 (in Bau); 171.384 (projektiert)

0,53 UF (19,95 US$)

Die Preise in der Tabelle basieren auf dem Umrechnungskurs vom 22. Juni 2022: 1 UF= 32.981,75 chil$ beziehungsweise 37,66 US$; 1 US$ = 875,65 chil$Quelle: Cushman & Wakefield Marketbeat Santiago Office 2022

Nachfrage konzentriert sich auf wenige Standorte

Vor diesem Hintergrund dürften die Mietpreise in Santiago insgesamt weiter leicht nach unten tendieren. Valenzuelas könnte sich vorstellen, dass die Vermieter bei gleichbleibendem Preis künftigen Mietern in anderen Bereichen entgegenkommen, etwa bei der Bürogestaltung. Dass die Preise nicht stärker fallen, hängt vor allem mit der unelastischen Nachfrage zu tun.

Denn de facto konzentriert sich der gesamte chilenische Büromarkt auf die Metropolregion. Wichtigstes Zentrum ist die Gemeinde Las Condes. Nach Cushman & Wakefield verfügt die gesamte Region über knapp 1,7 Millionen Quadratmeter A-Büroflächen verteilt auf 103 Gebäude. Davon liegen 78 Prozent in Las Condes – und hier rund 40 Prozent des Gesamtangebots im Submarkt El Golf, wie zum Beispiel das Hochhaus Torre Titanium.

Das war nicht immer so. In den 1920er/30er-Jahren konzentrierten sich die damaligen A-Flächen auf die Innenstadt. In den 1970er-Jahren wurde die Nachbargemeinde Providencia "schick". Die letzten Jahrzehnte war mit dem Ausbau der Metro-Linie 1 eine Verlagerung des Angebots und der Nachfrage nach Büroflächen weiter Richtung Osten, nach Las Condes hinein zu beobachten, so Ingrid Hartmann. 

Großer Verlierer der Entwicklung ist die Innenstadt, die Gemeinde Santiago. Viele Objekte sind inzwischen stark renovierungsbedürftig. Die schwierige Sicherheitssituation vor Ort schmälert ihre Attraktivität zusätzlich. Laut einer Umfrage der Cámara de Comercio de Santiago (CSS) wurden 36 Prozent aller Geschäfte im Zentrum allein 2022 Opfer von Überfällen oder Diebstählen. Die Nähe zu den dort ansässigen Ministerien oder Regierungsgebäuden ist längst nicht für alle prioritär.

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