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Klimaschutz-AtlasInvestitionen: Klimaschutz braucht Investitionen in Billionenhöhe
Der Staat geht bislang bei Klimaschutzinvestitionen voran. Grüne Finanzinstrumente, Green Finance, sollen ihn dabei unterstützen.
04.09.2023
Von Corinne Abele | Shanghai
Um seine Klimaschutzziele zu erreichen, muss China gewaltig investieren. Diese sieben Investitionsbereiche haben die Nichtregierungsorganisation RMI und die Investment Association of China in einer Studie vom Februar 2021 identifiziert: Ressourcen-Recycling, Energieeffizienz, "End-use“-Elektrifizierung, CO2-neutraler Energieeinsatz, Energiespeicherung, Wasserstoff und Digitalisierung.
Die Experten schätzen die Marktgröße dieser sieben Bereiche im Jahr 2050 auf rund 2,3 Billionen US-Dollar (US$) oder 15 Billionen Renminbi Yuan (RMB). Den Investitionsbedarf zwischen 2020 und 2050 beziffern sie auf knapp 11 Billionen US$. Laut dem Energy Research Institute der nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) müssen bis 2050 jedoch allein in energiebezogene Infrastruktur etwa 15,5 Billionen US$ fließen. Die China International Capital Corp. schätzt den gesamten Klimaschutzfinanzierungsbedarf Chinas auf rund 21,3 Billionen US$ über die nächsten 40 Jahre, wie Forbes im April 2023 berichtete.
Staat treibt Investitionen voran
Sowohl der Staat als auch die Privatwirtschaft sind gefragt. Doch bislang schreitet immer noch der Staat voran, inklusive der Staatsunternehmen. Auch Public-Private-Partnership (PPP)-Projekte stützen sich stark auf Finanzierungen aus dem öffentlichen Sektor, wie eine Studie der Climate Policy Initiative zur Green-Finance-Situation Chinas von 2021 ergab. Demzufolge stammte 2017 und 2018 über die Hälfte der Finanzierung aus dem öffentlichen Sektor, und davon 95 Prozent von Staatsunternehmen auf nationaler Ebene, Staatsbanken und Entwicklungsbanken (Policy Banks).
Während subventionierte Tarifaufschläge für Solar- und Windkraftstrom oder nationale Subventionen für Elektroautos ausgelaufen sind, setzt der Staat im Bereich Energieeffizienz auf finanzielle Anreize. Parallel schraubt er die Anforderungen durch verbesserte Industriestandards und strengere Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Neuprojekten hoch.
Bereits seit 2008 fördert China Technologien im Bereich Energieeffizienz durch Aufnahme in Technologieproduktkataloge des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT). Der jüngste aus dem Jahr 2021 enthält ausgewählte Schlüsseltechnologien und Produkte zur Energieeinsparung für unter anderem Kohle- und Stromwirtschaft, Eisen und Stahl, Nichteisenmetalle, Petrochemie, Chemie und Baumaterialien. Subventioniert werden Unternehmen, die entsprechende klimafreundliche – häufig energetische – Maßnahmen ergreifen. Auch ausländische Unternehmen können Zuschüsse erhalten.
Darüber hinaus fördern die Zentral- wie Lokalregierungen Demonstrationsprojekte etwa im Bereich Wasserstoff. Diese sollen den Weg für künftige Technologielösungen zeigen. Ebenfalls soll das landesweite Emissionshandelssystem (ETS) künftig auf weitere energieintensive Industriebereiche ausgeweitet werden und so marktbasierte Anreize für mehr Klimaschutzinvestitionen und deren Finanzierung schaffen. Das ETS gilt seit Juli 2021, aber zunächst nur für den Energiesektor.
Steuererleichterungen für mehr Energieeffizienz
Bereits seit einigen Jahren erhalten "Energy Service Companies" (ESCO) steuerliche Erleichterungen. ESCO führen auf Basis von Energy Performance Contracts (EPC) Energieeffizienzmaßnahmen in Industrie oder kommerziellen Gebäuden durch. Die Bezahlung erfolgt auf Basis der Energieeinsparungen.
Auch für Energieeinsparungsmaßnahmen im Gebäudesektor gibt es in Abhängigkeit des Umfangs der Maßnahmen und Klimazonen Zuschüsse. Grundlage für eine Förderung ist die Zertifizierung nach lokalem Standard. Auch laufen landesweit zahlreiche Low-Carbon-Pilotprojekte im Gebäudesektor mit staatlicher Unterstützung.
Green Finance soll dem Staat bei der Finanzierung helfen
Um den Staat bei der Finanzierung zu entlasten, treibt China sein Green Finance-System voran, indem etwa ökologische Investments gefördert werden. Zu Chinas Green-Finance-Werkzeugkasten zählen unter anderem subventionierte grüne Kredite, eine obligatorische Versicherung gegen verursachte Umweltschäden (Environment Pollution Liability Insurance) und Green Funds (darunter fast 20 Regierungsfonds wie der Silk Road Green Industry Fund). Grüne Kredite stellten Ende des 3. Quartals 2022 rund 10 Prozent des gesamten Kreditmarktes, so eine Studie des Green Finance & Development Center der FISF Fudan University in Shanghai. Seit 2017 fungieren mittlerweile sieben Provinzen und regierungsunmittelbare Städte als Pilotregionen für grüne Finanzierungsformen. Darüber hinaus hat das Umweltministerium 23 Städte zu Pilotzonen für die Klimafinanzierung erklärt. Weitere lokale Initiativen ergänzen das Bild.
Mit der Ausgabe grüner Anleihen im Wert von 76,25 Milliarden US$ stand China 2022 laut der Climate Bonds Initiative (CBI) weltweit an erster Stelle. Für 2023 erwartet CBI in China die Ausgabe von grünen Anleihen im Wert von 90 bis 100 Milliarden US$. Dabei hat das Land Ende Juli 2022 mit den neuen "China's Green Bond Principles (China GBP) die Kriterien für die Ausgabe grüner Anleihen verschärft und harmonisiert. Demnach müssen alle Erlöse der entsprechend den China GBP ausgegebenen grünen Anleihen für grüne Projekte verwendet werden. Während sich die Bank of China (BoC) sowie die China Securities Regulatory Commission (CSRC) bereits hinter die China GBP gestellt haben, war die Haltung der nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) - zuständig für grüne Firmenanleihen, zumeist von Staatsunternehmen - Ende 2022 noch nicht entschieden.
Wettbewerbsverzerrung durch Subventionen
Chinas massive Unterstützung der Transformation seiner Wirtschaft hin zur Klimaneutralität schafft einen großen Markt, führt jedoch inländisch wie auch global zu verzerrten Wettbewerbsverhältnissen. Im Ergebnis schaffen es chinesische Anbieter wie im Solar- und Windkraftbereich, in der Batterieherstellung und künftig möglicherweise in der Wasserstoffwirtschaft sowie bei der Kernenergie in die weltweite Spitzengruppe. Hierauf gilt es, künftig stärker zu reagieren.