Wirtschaftsumfeld | Dänemark | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Die breite Tarifbindung sorgt für einen landesweit homogenen Lohnspiegel - allerdings auf hohem Niveau. Die Lohndynamik soll in den kommenden Jahren nur leicht abbremsen.
26.07.2023
Von Michał Woźniak | Stockholm
Löhne und Gehälter
Obwohl es in Dänemark keinen flächendeckenden Mindestlohn gibt - und sich das Land zusammen mit den nordischen Nachbarn gegen entsprechende Initiativen der Europäischen Kommission vehement wehrt - sind die Basissätze in den meisten Wirtschaftsbereichen vorgegeben: Sie werden in Tarifverträgen festgehalten und alle zwei bis drei Jahre neu verhandelt. Auch ausländische Unternehmen werden von dänischen Gewerkschaften kontaktiert, um eine Tarifvereinbarung für vor Ort angestellte oder selbst nach Dänemark entsandte Mitarbeiter abzuschließen. Auswege gibt es nur zwei: Entweder selbst einen Tarifvertrag mit einer Gewerkschaft aushandeln oder einem Arbeitgeberverband wie Dansk Industri oder Dansk Erherv beitreten und dessen Tarifvertrag übernehmen.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
---|---|---|---|---|
nominal (in dkr) | 42.592 | 43.577 | 44.546 | 45.481 |
nominal (in Euro) 1) | 5.705 | 5.846 | 5.990 | 6.106 |
reale Veränderung (in %) 2) | 2,5 | 1,9 | 2,9 | 3,4 |
Obwohl rechtlich keine Tarifvertragsabschlusspflicht besteht, hat die Übertragung der diesbezüglichen Kompetenzen auf die Tarifpartner dazu beigetragen, dass dänische Gewerkschaften in der Praxis erhebliche Machtbefugnisse haben. Damit üben sie Druck auf Unternehmen aus, um einen Tarifvertrag abzuschließen. Zudem können sie auf breite Unterstützung der Angestellten zählen. Laut dem dänischen Statistikamt DST wachsen ihre Mitgliederzahlen seit zehn Jahren stetig. In 2022 vereinten sie über 1,9 Millionen dänische Arbeitnehmer oder nahezu zwei Drittel aller erwerbstätigen Personen. Eine für Arbeitgeber unangenehme Folge: Laut dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut ETUI fallen streikbedingte Arbeitsausfälle EU-weit nur in Frankreich, Belgien und Finnland höher aus. Im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2021 kamen in Dänemark jährlich knapp 47 Streikstunden je 1.000 Arbeitnehmer zusammen - nahezu das Dreifache des deutschen Durchschnitts.
Arbeitsvertrag nach Tarif plus
Die Tarifverträge enthalten Regelungen unter anderem bezüglich:
- Arbeitszeiten;
- Löhnen und Gehältern;
- Renten;
- freien Tagen;
- Bezahlung während Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub;
- Krankheitsfällen.
Entsprechend sind sie auch eine gute Prognosebasis für die Lohnkostenentwicklung. Der im Frühjahr 2023 geschlossene und für zwei Jahre geltende Tarifvertrag zwischen CO Industri - einem Zusammenschluss von neun Gewerkschaften aus der Industrie - und dem Arbeitgeberverband Dansk Industri sieht beispielsweise zwei Erhöhungen des Mindeststundenlohns um etwa 0,60 Euro jeweils zum 1. März 2023 und 2024 vor. Das kommt einer Steigerung von 3,5 beziehungsweise 3,4 Prozent gleich. Gleichzeitig wurde beschlossen, Zusatzzahlungen 2023 um 4,5 Prozent und 2024 um 3,5 Prozent zu erhöhen, den Elternurlaubanspruch um 4 Wochen zu verlängern und die Einzahlungen auf das sogenannte Freiwahlkonto (fritvalgs lønkonto) zum 1. März 2024 um zwei Prozentpunkte zu erhöhen. Das Freiwahlkonto kann für zusätzliche Urlaubstage von Tarifangestellten, Gehaltsauszahlungen für Fehltage von Stundenarbeitern oder zusätzliche Einzahlungen auf die Rente verwendet werden.
Natürlich dienen auch in Dänemark die Tarifverträge als Ausgangsbasis. Arbeitsverträge sind frei verhandelbar und die dort festgehaltenen Konditionen liegen zumeist über den Tarifvorgaben. Zudem gibt es Möglichkeiten Mitarbeiter außerhalb des Tarifsystems anzustellen, beispielsweise über Managerverträge.
2021 (in dkr) | Veränderung 2021/20 (in %) 1) | 2021 (in Euro) 2) | |
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Bauwirtschaft | 42.819 | 5,1 | 5.828 |
Bergbau | 63.756 | -0,2 | 8.678 |
Verarbeitendes Gewerbe | 47.317 | 4,1 | 6.440 |
Handel | 41.526 | 3,4 | 5.652 |
Reparaturen | 37.228 | 2,1 | 5.067 |
Hotel und Gastronomie | 29.916 | 0,7 | 4.072 |
Transport | 41.949 | 1,2 | 5.710 |
Telekommunikation | 55.037 | 2,7 | 7.491 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 63.743 | 2,7 | 8.676 |
Versorgungssektor | 60.315 | 4,4 | 8.209 |
Immobilienbranche | 45.022 | 2,6 | 6.128 |
2021 (in dkr) | Veränderung 2021/20 (in %) 1) | 2021 (in Euro) 2) | |
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Lebensmittel-/Getränkeindustrie | |||
Maschinenführerinnen in der Nahrungsmittelindustrie | 37.255 | 5,7 | 5.071 |
Arbeiterinnen in der Lebensmittelverarbeitung | 35.020 | 3,2 | 4.767 |
Textilindustrie | |||
Maschinenbedienerinnen für Textil-, Pelz- und Lederwaren | 36.521 | 2,8 | 4.971 |
Holzindustrie | |||
Bedienerinnen von Holzverarbeitungsanlagen | 33.371 | 1,5 | 4.542 |
Kunsthandwerkerinnen in der Holz- und Korbflechterei | 32.619 | 7,4 | 4.440 |
Einrichterinnen und Bedienerinnen von Holzbearbeitungsmaschinen | 32.246 | 3,1 | 4.389 |
Holzbearbeiterinnen und Tischlerinnen | 32.193 | 2,6 | 4.382 |
Papierindustrie | |||
Bedienerinnen von Zellstoff- und Papierherstellungsanlagen | 39.803 | 5,5 | 5.418 |
Maschinenbedienerinnen für Papiererzeugnisse | 37.153 | 7,1 | 5.057 |
Chemische Industrie | |||
Chemieingenieurinnen | 69.207 | 1,9 | 9.420 |
Chemikerinnen | 60.971 | -3,7 | 8.299 |
Chemisch-technische Assistentinnen | 53.049 | 3,9 | 7.221 |
Anlagen- und Maschinenbedienerinnen für chemische Erzeugnisse | 46.876 | 1,7 | 6.380 |
Chemisch-physikalische Technikerinnen | 42.427 | 2,0 | 5.775 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | |||
Maschinenbedienerinnen für Kunststofferzeugnisse | 37.205 | 3,4 | 5.064 |
Maschinenbedienerinnen für Gummi-, Kunststoff- und Papiererzeugnisse | 37.068 | 4,3 | 5.045 |
Maschinenbau | |||
Maschinenbautechnikerinnen | 50.244 | 2,4 | 6.839 |
Maschinenbaumonteurinnen | 36.102 | 5,4 | 4.914 |
Metallurgie | |||
Bergbau- und Hüttentechnikerinnen | 62.042 | -2,7 | 8.445 |
Riggerinnen und Kabelspleißerinnen | 49.713 | -3,7 | 6.766 |
Prozesskontrolleurinnen in der Metallerzeugung | 48.158 | 7,3 | 6.555 |
Schmiedinnen | 38.994 | 2,8 | 5.307 |
Monteurinnen und Bedienerinnen von Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung | 38.831 | 3,7 | 5.285 |
Schweißerinnen und Brennschneiderinnen | 38.112 | 1,9 | 5.187 |
Metallarbeiterinnen und Maschinenbauerinnen | 37.901 | 2,9 | 5.159 |
Metallbauschlosserinnen und -monteurinnen | 37.712 | 4,6 | 5.133 |
Gießerinnen | 37.662 | 7,9 | 5.126 |
Metallpoliererinnen und Werkzeugschleiferinnen | 37.160 | 2,6 | 5.058 |
Werkzeugmacherinnen | 37.097 | 4,4 | 5.049 |
Goldschmiedinnnen und Edelmetallarbeiterinnen | 37.033 | 1,6 | 5.041 |
Blechtechnikerinnen | 35.584 | 3,6 | 4.843 |
Bedienerinnen von Metallverarbeitungsanlagen | 34.458 | 2,4 | 4.690 |
Bedienerinnen von Metallverarbeitungs- und -bearbeitungsanlagen | 34.415 | 2,5 | 4.684 |
Metallveredelungs-, Galvanik- und Beschichtungsmaschinenbedienerinnen | 34.160 | 3,2 | 4.650 |
Elektrotechnik/Elektronik | |||
Elektronikerinnen | 63.255 | 2,2 | 8.610 |
Ingenieurinnen der Elektrotechnik | 62.735 | 1,8 | 8.539 |
Elektrotechnikerinnen | 61.514 | 0,6 | 8.373 |
Elektrotechnische Assistentinnen | 52.616 | 2,3 | 7.162 |
Elektronikerinnen für Betriebstechnik | 49.332 | 3,4 | 6.715 |
Elektromechanikerinnen und -installateurinnen | 43.365 | 4,1 | 5.902 |
Elektro- und Telekommunikationsinstallateurinnen und -reparateurinnen | 42.117 | 3,2 | 5.733 |
Elektronikmechanikerinnen und -servicetechnikerinnen | 41.709 | 3,6 | 5.677 |
Installateurinnen und Reparateurinnen elektrischer Anlagen | 40.295 | 6,1 | 5.485 |
Monteurinnen für elektrische und elektronische Geräte | 35.061 | 3,0 | 4.772 |
2021 (in dkr) | Veränderung 2021/20 (in %) 1) | 2021 (in Euro) 2) | |
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Geschäftsführerin und Direktorin 3) | 111.215 | 2,7 | 14.954 |
Leiterin Vertrieb und Marketing | 79.031 | 2,6 | 10.627 |
Wissenschaftlerin und Ingenieurin | 59.093 | 1,8 | 7.946 |
Maschinenbauingenieurin | 61.146 | 1,1 | 8.222 |
Naturwissenschaftliche und ingenieurtechnische Fachkräfte | 48.398 | 2,7 | 6.503 |
Programmiererin und Entwicklerin | 60.139 | 2,7 | 8.086 |
Allgemeine Bürokaufleute | 38.955 | 1,8 | 5.238 |
Bürokräfte im Rechnungswesen und in der Buchhaltung | 41.132 | 2,6 | 5.531 |
Maschinenmechanikerin und -schlosserin | 37.901 | 2,9 | 5.096 |
Sekretärin | 41.435 | 2,3 | 5.571 |
Kraftfahrerin | 35.005 | 4,8 | 4.706,93 |
Tarifverträge vereinheitlichen regionales Lohnniveau
Durch die breite Tarifbindung ist das regionale Lohngefälle hauptsächlich der jeweiligen Branchenstruktur geschuldet. Die vierprozentige Spanne beim Durchschnittslohn in den meisten Regionen fällt entsprechend gering aus. Die einzige Ausnahme ist die Hauptstadtregion um Kopenhagen, deren Ausreißer nach oben allerdings vor allem auf die Anhäufung staatlicher Institutionen, Agenturen, Konzernzentralen und Hochlohnbranchen zurückzuführen ist.
Weitere Lohnbestandteile
Laut statistischen Ausarbeitungen von DST belaufen sich die Prämien und Zusatzleistungen in Dänemark auf etwa 4,5 Prozent des Basisgehalts - wovon Zusatzleistungen mehr als die Hälfte ausmachen. Dank der Steuerbehörde heißt es dabei entweder Klotzen oder Kleckern. Mit der Arbeit zusammenhängende Extras, wie Zeitungen am Arbeitsplatz, Tickets für den öffentlichen Nahverkehr auch für den privaten Gebrauch, Kreditkarten und ähnliches sind gemäß der Steuerregeln nämlich nur bis knapp 900 Euro im Jahr steuerfrei. Wird diese Obergrenze nur geringfügig überschritten, muss der Arbeitnehmer vom Gesamtwert Steuern abführen. Für Zusatzleistungen, die nicht mit der Arbeit zusammenhängen, oder Geschenke vom Arbeitgeber liegt die Obergrenze 2023 bei unter 175 Euro. Der Maximalbetrag wird jährlich neu festgesetzt.
Separat und außerhalb dieser Limits behandelt werden Zusatzleistungen wie die kostenlose Nutzung eines Dienstautos, Diensthandys oder einer Dienstyacht sowie kostenfreies Wohnen und kostenlose Verpflegung oder Mitarbeiterdarlehen.
Wie in vielen Ländern der Welt führte die Coronapandemie auch in Dänemark zur Erweiterung des Heimarbeitsangebots. Seit dem Abbau der letzten Einschränkungen geht die Nutzung des Home-Office zwar wieder zurück - teilweise durch Bemühen der Arbeitgeber, teilweise aber auch durch Bestreben der Arbeitnehmer. Nichtsdestotrotz sollte eine gewisse Flexibilität bei entsprechenden Wünschen der Mitarbeiter an den Tag gelegt werden. Soweit es die Aufgaben zulassen sollten mindestens ein oder zwei Fernarbeitstage pro Woche möglich sein.
Sozialversicherungsbeiträge
Dänemarks Arbeitskostenniveau - das laut Eurostat zweithöchste in der ganzen EU - wird nur geringfügig durch die vom Arbeitgeber zu tragenden Lohnnebenkosten angetrieben. Diese lagen mit etwa 12 Prozent am unteren Ende des EU-27-Ländervergleichs und somit bei nur etwas mehr als der Hälfte des deutschen Wertes.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | |
Arbeitsmarktrente / Betriebsrente laut Tarifvertrag | 10 Prozent |
obligatorische Arbeitsmarktzusatzrente ATP (abhängig vom Arbeitsstundenumfang) | 0,00 bis 189,35 dkr/Monat (etwa 25,41 Euro) |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall | 30 Tage (abhängig vom jeweils geltenden Tarifvertrag kann dieser Zeitraum länger sein, wofür allerdings eine Rückerstattung seitens der kommunalen Verwaltung beantragt werden kann; bis zu einer gewissen Firmengröße kann eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden, die die Lohnfortzahlung bereits ab dem 2. Krankheitstag übernimmt) |
Lohnfortzahlung während Schwangerschaft, Mutterschafts- und Elternurlaub | (teilweise übertragbar zwischen den Elternteilen; der jeweils geltende Tarifvertrag kann zusätzliche Ansprüche beinhalten; teilweise kann eine Rückerstattung der Lohnfortzahlung beantragt werden) |
Lohnausgleich für die Freistellung bei Erkrankung eines Kindes | (kann durch Arbeits- oder Tarifvertrag anders geregelt werden) |
Arbeitslosenversicherung | ist freiwillig und vom Arbeitnehmer abzuschließen; der Arbeitgeber ist verpflichtet maximal die ersten beiden Tage der Arbeitslosigkeit (G-dage) mit 911 dkr/Tag (etwa 122,27 Euro) zu entlohnen |
Arbeitsunfallversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung/AES (Arbeitgeberanteil) | etwa 38 bis über 1.000 Euro/Jahr (variiert nach Firmengröße, Beruf, Branche und Unfallrisiko) |