Zollbericht Deutschland Exportkontrolle
16. Informationstag Exportkontrolle
In bewährter Tradition informierte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über aktuelle Entwicklungen im Exportkontrollrecht.
17.12.2024
Von Dr. Achim Kampf | Bonn
Unter der Moderation des Leiters der Abteilung 2 (Ausfuhrverfahren, Genehmigungen, Internationale Regime-Verfahren, Outreach-Projekte), Georg Pietsch, erhielten Unternehmen wichtige Informationen für ein rechtssicheres Exportgeschäft. Die Themen reichen von aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene über Informationen zur Einstufung von Gütern und zu allgemeinen Genehmigungen bis hin zu praktischen Hinweisen für eine optimierte Antragstellung für Dual-Use und Rüstungsgüter. Auch den Russlandsanktionen ist ein eigener Programmpunkt eingeräumt. Die Informationen sind sowohl für bereits seit langem mit Exportkontrollfragen befasste Unternehmen wegweisend als auch für Unternehmen, die sich intensiver diesen Themen nähern möchten. Die Zahl von über 1200 Teilnehmern in der hybriden Veranstaltung verdeutlicht die Relevanz der Exportkontrolle in der unternehmerischen Praxis.
Die seit dem 19. August 2024 amtierende Präsidentin des BAFA, Dr. Mandy Pastohr, begrüßt die Anwesenden und betont die Bedeutung des Exportkontrollrechts und die Anstrengungen des BAFA für eine verbesserte Verfahrenseffizienz. Sie wies auf ein Rekordhoch an Allgemeinen Genehmigungen (AGGss) sowie eine halbierte Bearbeitungszeit für Dual-Use-Güter und Rüstungsgüter hin und betonte die Rolle des BAFA als Partner der Wirtschaft.
EU-Weißbuch setzt Wegmarken
David Lamberti, Leiter der Unterabteilung 22 (Ausfuhrüberwachung, Informationsanalyse, Kriegswaffenkontrolle, Prüfungen, Outreach-Projekte) berichtet über aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem im Januar 2024 veröffentlichten Weißbuch der Europäischen Kommission über Ausfuhrkontrollen zu. Es ist eingebettet in die Europäische Strategie für Wirtschaftliche Sicherheit. Ausgangspunkt dieser Strategie ist eine gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik an das Europäische Parlament, den europäischen Rat und den Rat über eine Europäische Strategie für wirtschaftliche Sicherheit vom Juni 2023. Die wesentlichen Maßgaben des Weißbuches sind :
- Eine einheitliche Kontrolle von Gütern zu schaffen, die aufgrund von Verzögerungen in den multilateralen Exportkontrollregimen noch nicht angenommen worden sind;
- ein Forum auf hochrangiger Ebene für die politische Koordinierung von Ausfuhrkontrollen einzurichten;
- einen Mechanismus für die bessere Koordinierung nationaler Kontrolllisten zu etablieren;
- sowie die Evaluierung der in 2021 novellierten Dual-Use-Verordnung durchzuführen.
Mit Blick auf die reformierte Dual-Use-Verordnung lenkt Lamberti den Blick auf die Art. 9 Abs. 4 S. 2 Dual-Use-Verordnung, der eine Zusammenstellung der in den EU-Mitgliedstaaten geltenden nationalen Kontrolllisten vorsieht. Im Unterschied zur vorherigen Rechtslage veröffentlicht die EU-Kommission diese nicht mehr jährlich sondern ad-hoc. Unter den Voraussetzungen des 10 Abs. 1 der Dual-Use-Verordnung kann die nationale Kontrollliste eines anderen Mitgliedstaates zur Implementierung eigener Genehmigungspflicht genutzt werden. Bislang hat die EU-Kommission entsprechende Listen in Frankreich, Spanien und den Niederlanden veröffentlicht. Im kommenden Jahr soll eine Koordinierung nationaler Kontrolllisten in Angriff genommen werden. Außerdem wird eine weitere Anpassung des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung an die multilateralen Exportregime erfolgen.
Güterlisten richtig prüfen
Im nächsten Themenblock stellt Frau Dr. Ohleier aus dem Referat technische Grundsatzfragen – Verfahren, Güterlisten und Regime - zunächst aktuelle Änderungen der Güterlisten vor, bevor Dr. Thomas Jennen, Leiter der Abteilung 3 (Ausfuhr-Technik, Technische Stellungnahmen, Internationale Regime-Technik) die Vorgehensweise bei der Einstufung von Gütern erläutert. Dabei geht er sowohl auf die deutsche Ausfuhrliste als auch die Güterlisten der Dual-Use-Verordnung ein. Zu beachten ist, dass im Falle von Maschinen oder Anlagen die Listenprüfung nicht bereits dann zu Ende ist, wenn die Maschine oder Anlage als solche nicht erfasst ist. Vielmehr ist dann zu prüfen, ob zumindest ein Bestandteil gelistet ist. Ist dies der Fall, so ist die Maschine oder Anlage nämlich trotz fehlender Listung genehmigungspflichtig, wenn es sich um ein Hauptelement der Maschine oder Anlage handelt und es nicht leicht entfernt oder für andere Zwecke verwendet werden kann (Allgemeine Anmerkungen zu Anhang I, Nr. 2). Jennen stellt des Weiteren das auf der Seite des BAFA abrufbare gemeinsame Stichwortverzeichnis zu Anhang I der Dual-Use-Verordnung und Teil I der Ausfuhrliste sowie das Umschlüsselungsverzeichnis als Hilfsmittel zur Listenprüfung vor. Das Umschlüsselungsverzeichnis ermöglicht eine Zuordnung zwischen den Nummern des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik und den Kontrollpositionen der Güterlisten. Zu beachten ist allerdings, dass Warenverzeichnis und Güterlisten einer unterschiedlichen Systematik folgen und eine eindeutige Zuordnung daher nicht immer möglich ist. Hinzu kommt, dass beiden Hilfsmitteln keine Rechtsverbindlichkeit zukommt und sie daher eine eigenverantwortliche Prüfung der Gütereinstufung nicht ersetzt.
Erleichterungen durch Allgemeine Genehmigungen
Weiter geht es mit dem sehr praxisrelevanten Thema der Allgemeinen Genehmigungen (AGG'en), welches Verena Becker vom Referat 223 (innerbetriebliche Exportkontrollsysteme, Sammelgenehmigungsverfahren) sowie Nina Weck vom Referat 221 (Informationsanalyse, Berichtswesen) vorstellen. Sie unterscheiden sich von einer Einzelgenehmigung oder Sammelgenehmigung dadurch, dass ihnen kein Antrag vorausgehen muss, sondern die von der AGG erfasste Ausfuhr von Amts wegen als genehmigt gilt. AGG‘en stellen somit für die Ausführer erhebliche Erleichterungen dar, erfordern aber auch eine gewissenhafte eigenverantwortliche Prüfung, ob die jeweilige Ausfuhr auch den in der AGG geschilderten Voraussetzungen entspricht. Zu unterscheiden sind AGG’s, die vom BAFA erlassen werden von solchen der EU für Dual-Use-Güter und Anti-Folter Güter. Während es sich bei den vom BAFA erlassenen AGG‘en um sog. Allgemeinverfügungen handelt, einer Sonderform des Verwaltungsakts, sind die AGG’en der EU in Anhang II der Dual-Use-Verordnung bzw. Anhang V der Anti Folter Verordnung aufgeführt. Mit Hilfe des AGG-Finder auf der Seite des BAFA können Ausführer prüfen, ob eine AGG für ihre Ausfuhr verwendbar ist. Während AGG’en des BAFA befristet sind (derzeit bis 31. März 2025) gelten AGG‘en der EU unbefristet. Die Inanspruchnahme einer AGG ist – je nach AGG - vor der ersten Ausfuhr oder innerhalb von 30 Tagen danach anzuzeigen. Im Sinne einer Entlastung der Unternehmen hat das BAFA einen Verzicht der Meldungen über die Nutzung der EU-AGG‘en 001, 002, 003, 004, 005, 006, 007 und 008 eingeführt. Eine Übersicht über die derzeit geltenden AGG‘en ist der Internetseite des BAFA unter zu entnehmen.
Fehler bei der Antragstellung vermeiden
Im Anschluss daran befassen sich Mirjam Kochendörfer, Referatsleiterin des Referates 212 (Genehmigungen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck) und Kai Pawlowski, Leiter des Referates Genehmigungen für konventionelle Rüstungsgüter mit Hinweisen für eine optimierte Antragstellung für Dual-Use- und Rüstungsgüter. Anknüpfend an den vorangegangenen Vortrag unterstreichen sie zunächst noch einmal die Bedeutung der Nutzung der AGG‘en. Wichtig ist, dass alle abgefragten Felder im ELAN.K2 Ausfuhrportal vollständig und schlüssig ausgefüllt sind, der Ausfuhrverantwortliche benannt ist, die Endverbleibserklärung beigefügt ist und Lieferwege angegeben sind. Ebenso ist darauf zu achten, technische Unterlagen zu übermitteln, das ausformulierte Firmenprofil bzw. einen Webseitenauszug beizufügen und etwaige Widersprüchlichkeiten in einem Begleitschreiben aufzulösen. Der Webseitenauszug bezieht sich auf das Unternehmen des Antragstellers und ist von diesem zu erstellen, das Firmenprofil auf den jeweiligen Vertragspartners, der es auch zu erstellen hat. Wichtig ist, dass es ausformuliert ist und nicht auf einem vom Antragsteller vorformulierten und standardisierten Fragebogen beruht. Zu den Endverbleibsdokumenten gibt es zwei neue Bekanntmachungen. Hiernach ist es nicht mehr erforderlich, die Original-Endverbleibserklärung im Rahmen der Antragstellung einzureichen. Es genügt zukünftig die Einreichung einer digitalen Kopie. Diese digitale Kopie ist mindestens fünf Jahre aufzubewahren.
Erleichterungen der Rahmenbedingungen für Anträge
Nicolle Hoffmann, Leiterin des Referats 216 (Auflagenkontrolle, Antragsein- und ausgang) und der Leiter des Grundsatzreferates (211), Thomas Barowski, erläutern Änderungen in den Rahmenbedingungen des Antragsverfahrens und bezüglich Gebühren. Barowski stellt zunächst Erleichterungen und Besonderheiten im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds (European Defence Fund) vor, welcher der Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie dient. So kann das BAFA Sammelgenehmigungen ohne eine Prüfung des unternehmensinternen Compliance Programms erteilen. Das Erfordernis von Endverbleibserklärungen ist abhängig vom "Technology Readiness Level“, also dem Reifegrad, den die Technologie aufweist. Einzelheiten enthält ein instruktiver Leitfaden des BAFA. Über die bereits im vorangegangenen Vortrag dargestellten Neuerungen im Rahmen von Endverbleibserklärungen hinaus ist zu beachten, dass die Vorlage eines "International Import Certificate“ (IC) (ein auf einem amtlichen Vordruck einer staatlichen oder staatlich ermächtigten Stelle ausgestelltes Endverbleibsdokument des Empfangsstaates) nur noch bei Ausfuhr von Gütern des Wassenaar-Regimes oder des Missile Technology Control Regimes erforderlich ist. Das Reexport-Zustimmungsverfahren entfällt für solche Reexporte, die (fiktiv) unter einen AGG fallen. Weitere Neuerungen betreffen Erleichterungen der Form von Endverbleibserklärungen. Bezüglich der Dual-Use-Verordnung ist ein neues Merkblatt zu Art. 5, der sog. Catch-all-Regelung für Güter der digitalen Überwachung zur Verwendung im Zusammenhang mit interner Repression, schwerwiegenden Verstößen gegen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht zu berücksichtigen, das unter Rechtsgrundlagen abrufbar ist. Was das Thema Gebühren angeht, berichtet die zuständige Referatsleiterin über Einzelheiten der Erteilung des Bescheids und der Zahlung und weist darauf hin, dass auch im Falle eines Widerspruchs die Zahlungspflicht grundsätzlich fortbesteht. Darüber hinaus informiert sie über Mahnverfahren und die Kontrolle der Erfüllung von Auflagen.
Rechtssicher mit Sanktionen umgehen
Zum Abschluss des Informationstages stellen Anna Rebecca Rohr, Leiterin des Referates 217 (Embargo Russland/Belarus) und Giulia Romano sowie Layprit Kaur vom Grundsatzreferat wichtige Aspekte der Sanktionen und Sanktionsumgehung vor, in dessen Zentrum die Russlandsanktionen stehen. Umfassende Informationen über die güterbezogenen Verbote im Außenwirtschaftsverkehr mit Russland sind dem Merkblatt zu entnehmen. Bezüglich der Bereitstellung von Unternehmenssoftware und Dienstleistungen an EU-Tochtergesellschaften in Russland können Unternehmen die AGG Nr. 42 noch bis zum 31. Dezember 2025 nutzen. Zur Unterstützung der Unternehmen beim Umgang mit den Sanktionen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Hinweispapier herausgegeben, das wertvolle Hinweise enthält und welches die Unternehmen für die Ausgestaltung der internen Compliance-Prozesse berücksichtigen sollten. Vor allem drei Unternehmenspflichten sind es, welche neben den Aus- und Einfuhrverboten von den Unternehmen zu beachten sind. Gemäß Art. 8a der EU-VO 833/2014 müssen Personen, Organisationen und Einrichtungen nach besten Kräften, sicherzustellen, dass sich Unternehmen außerhalb der Union nicht an Handlungen beteiligen, die die Sanktionen untergraben (Bemühenspflicht). Art. 12g Abs. 1 verpflichtet die Unternehmen, die Wiederausfuhr von bestimmten Gütern nach Russland oder zur Verwendung in Russland bei einem Verkauf, einer Lieferung, einer Verbringung oder Ausfuhr dieser Güter, vertraglich zu untersagen (no Russia clause). Schließlich sind gemäß Art. 6b der Verordnung natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen verpflichtet, dem BAFA alle Informationen zu übermitteln, welche die Umsetzung der Verordnung erleichtern (Jedermannspflicht). Dies dient dazu, Sanktionsverstöße sowie die Umgehung von Sanktionen besser bekämpfen zu können. Es ist nicht Aufgabe des BAFA, diese Pflichten auszulegen. Unterstützung bieten hier FAQ’s der Europäischen Kommission.
Die Tatsache, dass nach Beendigung der Vorträge die Referentinnen und Referenten an Thementischen für Gespräche mit den Teilnehmern zur Verfügung stehen, rundet das Bild einer sehr informativen und gelungenen Veranstaltung ab.