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Wirtschaftsumfeld | EU | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Löhne ziehen weiter an

Die Arbeitsproduktivität und die Lohnkosten nähern sich in mittel- und südosteuropäischen Märkten dem Mittel der EU an. Es bleiben aber große Unterschiede bestehen.  

Von Torsten Pauly, Regina Wippler | Mailand, Bonn

Bei der Entscheidung über einen Investitionsstandort ist neben der Fachkräfteverfügbarkeit auch die Höhe der Arbeitskosten - und wie sich diese in naher Zukunft entwickeln werden – ein wesentlicher Faktor. Aufschluss über die zu erwartenden Bruttostundenlöhne geben unter anderem die Prognosen der Europäischen Kommission.

Die Bruttostundenlöhne sind von 2020 bis 2023 EU-weit um nominal 12 Prozent gestiegen. Für 2024 und 2025 erwartet die Europäische Kommission weitere kräftige Nominallohnzuwächse um 4,9 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent. Diese sind auch ein Inflationsausgleich, denn die Reallöhne waren 2022 und 2023 um 2,5 Prozent sowie 0,6 Prozent gesunken. 

Lohndruck trotz schwacher Konjunktur

Selbst in Ländern, in denen Stellen aufgrund der schwächelnden Konjunktur abgebaut werden, bleibt der Lohndruck insgesamt bestehen - auch, weil es aufgrund des demografischen Wandels immer weniger verfügbare Arbeitskräfte gibt. 

Zudem tragen die zum Teil massive Anhebung des Mindestlohnes und der Vergütung im öffentlichen Sektor in vielen Ländern zum Lohnauftrieb bei. So haben zum Beispiel Kroatien und Bulgarien den Mindestlohn 2023 und 2024 um insgesamt 20 Prozent und Polen um 34 Prozent angehoben. 

Von 2020 bis 2023 waren die Bruttostundenlöhne in der Privatwirtschaft in Bulgarien und Litauen insgesamt um über 40 Prozent, in Rumänien und Ungarn um über 30 Prozent und in Estland, Irland, Kroatien, Lettland, Slowenien, der Slowakei und Tschechien um über 20 Prozent gestiegen.

In vielen Hochlohnländern gab es in den letzten Jahren eine stärkere Lohnzurückhaltung. In Belgien, Luxemburg und Österreich sind die Nominallöhne von 2020 bis 2023 dagegen stärker als im EU-Schnitt gestiegen. Der Grund ist die Lohnindexierung: Die Arbeitnehmerverdienste steigen dort entsprechend der allgemeinen Preisteuerung.

In Hauptstädten sind Arbeitskräfte am teuersten

Wenig überraschend sind die Löhne in den Hauptstädten und ihrem Umland im nationalen Vergleich am höchsten. Dies liegt unter anderem daran, dass sich hier viele große, internationale und damit finanzstarke Unternehmen, Banken und Versicherer niedergelassen haben. Bei der Entscheidung über den Investitionsstandort kann es daher sinnvoll sein, sich auch abseits der Hauptstädte umzuschauen. 

Allerdings sind im europäischen Vergleich die Lohnunterschiede zwischen Hauptstadt und den anderen Regionen mal größer, und mal kleiner. So haben die nordischen Länder Schweden, Dänemark und Finnland nur geringe regionale Lohnunterschiede. Grund ist die dort charakteristische starke Tarifbindung. Die Tarifverträge werden alle zwei bis drei Jahre neu verhandelt.

Arbeitsproduktivität gleicht sich tendenziell an 

Auch die Arbeitsproduktivität hat sich in Mitgliedsstaaten mit einem unterdurchschnittlichen Ausgangsniveau dem EU-Mittelwert in den letzten Jahren angenähert. Zwar hat Irland von 2014 bis 2023 dank exportorientierter ausländischer Investoren die stärkste Verbesserung der Arbeitsproduktivität je Beschäftigten in Bezug auf den EU-Durchschnitt verzeichnet. Es folgen jedoch Rumänien, Bulgarien, Polen, Lettland, Litauen und Tschechien.

In Italien und Malta waren die Löhne 2023 geringer als in der Gesamt-EU, die Arbeitsproduktivität hingegen höher. In Litauen, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien und Tschechien lag die Arbeitsproduktivität 2023 bei 80 Prozent bis 90 Prozent des EU-Durchschnitts. Gleichzeitig lagen die Bruttostundenlöhne in Portugal und Tschechien bei unter 60 Prozent, in Litauen und Polen bei unter 50 Prozent und in Rumänien nur bei 35 Prozent des EU-Mittelwertes. Das mit 29 Prozent des EU-Niveaus niedrigste Lohnniveau verzeichnet Bulgarien, wo die Arbeitsproduktivität 2023 mit 57 Prozent des EU-Schnitts ebenfalls deutlich höher war.

In Deutschland war die in einer Arbeitsstunde geschaffene Bruttowertschöpfung 2022 im Schnitt um 20,80 Euro höher als der dafür gezahlte Bruttostundenlohn. Damit lag Deutschland in der EU auf Rang zehn. Eine noch höhere Differenz zugunsten der Bruttowertschöpfung hatten Irland, Belgien, Dänemark, Luxemburg, Schweden, die Niederlande, Österreich, Finnland und Italien. Eine um weniger als 10 Euro höhere Bruttowertschöpfung hatten Ungarn, Litauen, Lettland, Estland, Bulgarien, Portugal, Rumänien, Griechenland Slowenien und Kroatien. 

Hohe Wertschöpfung generiert hohe Löhne

Nähere Informationen zu ausgewählten Ländern

Wie unterscheiden sich die Arbeitsmärkte in den einzelnen EU-Staaten? Zu zehn Ländern finden Sie hier weitere Informationen.

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