Zollbericht EU Freihandelsabkommen (Warenursprung, Präferenzen)
Modernisierte Ursprungsregeln im PEM-Raum verabschiedet
Vom 1. Januar bis 31. Dezember 2025 finden zwei Sets an Ursprungsregeln Anwendung: die alten sowie die revidierten Regeln des PEM-Übereinkommens.
23.12.2024
Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn
Der Gemischte Ausschuss des PEM-Übereinkommens (PEM = Pan-Europa-Mittelmeer/Pan-Euro-Mediterranean) hat Anfang Dezember 2023 die neuen und modernisierten Ursprungsregeln verabschiedet. Diese sollten am 1. Januar 2025 in Kraft treten und von da an für einen modernisierten, vereinfachten und zugleich flexibilisierten Handel zwischen den 24 Vertragsparteien des PEM-Übereinkommens sorgen. Aufgrund langwieriger Gesetzgebungsverfahren in den einzelnen Ländern können bis Ende 2024 nicht alle Freihandelsabkommen angepasst werden, sodass auch nach dem 1. Januar 2025 noch zwei Sets an Regeln bestehen.
Zur PEM-Zone gehören folgende Länder: die Schweiz, die Europäische Union, Island, Liechtenstein, Norwegen, die Färöer-Inseln, die Türkei, Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, die palästinensischen Gebiete, Georgien, die Moldau, die Ukraine, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien und Kosovo.
Inkrafttreten des revidierten PEM-Übereinkommens zum 1. Januar 2025
Das revidierte PEM-Übereinkommen tritt wie geplant zum 1. Januar 2025 für alle Freihandelsabkommen in Kraft, die bereits einen dynamischen Verweis auf das PEM-Übereinkommen enthalten. Damit ersetzt es die derzeit geltenden Übergangsbestimmungen ("transitional rules"). Hierunter fällt zum Beispiel das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Schweiz.
Übergangsbestimmungen ab dem 1. Januar 2025
Der Gemischte Ausschuss des PEM-Übereinkommens hat am 12. Dezember 2024 sogenannte Übergangsbestimmungen beschlossen. Damit wird sichergestellt, dass weiterhin diagonal kumuliert werden kann und Lieferketten nicht gefährdet werden, obwohl zum 1. Januar 2025 noch nicht alle Freihandelsabkommen eine dynamische Referenz auf das PEM-Übereinkommen vorweisen und somit keine identischen Ursprungsregeln im gesamten PEM-Raum vorliegen.
Demnach werden auch nach dem 1. Januar 2025 zwei Systeme an Ursprungsregeln in der PEM-Zone gelten:
- Ursprungsregeln des revidierten Übereinkommens (von 2023)
- Ursprungsregeln des alten PEM-Übereinkommens (von 2012)
Damit tritt das revidierte PEM-Übereinkommen zwar wie geplant zum 1. Januar 2025 in Kraft und ersetzt die derzeit geltenden Übergangsregeln, dennoch bleiben vorerst auch die Ursprungsregeln des alten PEM-Übereinkommens von 2012 gültig und können parallel bis zum 31. Dezember 2025 angewendet werden.
Für eine vereinfachte Anwendung des revidierten PEM-Übereinkommens wird die sogenannte Durchlässigkeit eingeführt. Demnach können Ausführer, die bereits die revidierten Ursprungsregeln anwenden, auch dann kumulieren, wenn ihre Lieferanten noch die alten Ursprungsregeln anwenden. Die Durchlässigkeit kann in umgekehrter Richtung jedoch nicht angewendet werden. Im Agrarbereich sowie bei Fischerzeugnissen gelten gewisse Einschränkungen. Informationen zur Durchlässigkeit ("permeability") können dem Leitfaden der Europäischen Kommission und dem Beschluss 2024/2969 vom 28. November 2024 entnommen werden.
Im Rahmen des revidierten Abkommens ausgestellte Ursprungsnachweise müssen bis 31. Dezember 2025 den Zusatz "revised rules" enthalten. Dieser Zusatz ist ausschließlich in Englisch und in Rubrik 7 der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bzw. am Ende des Textes der Ursprungserklärung zu hinterlegen. Ursprungsnachweise, die vor dem 1. Januar 2025 ausgestellt und nach diesem Datum innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer vorgelegt werden, sollen für Waren anerkannt werden, die sich am 1. Januar 2025 im Durchgangsverkehr oder in einem besonderen Zollverfahren unter zollamtlicher Überwachung befinden.
Ausführlichere Informationen zur Anwendung der Übergangsbestimmungen finden Sie in den Leitlinien.
Ferner hat der Gemischte Ausschuss einen Beschluss über die Verwendung der elektronisch ausgestellten Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 zum 1. Januar 2025 angenommen.
Welche Ursprungsregeln finden vom 1. Januar bis 31. Dezember 2025 Anwendung?
Welche Ursprungsregeln im jeweiligen Fall zur Anwendung gelangen, hängt vom Handelspartner bzw. vom Freihandelsabkommen ab. Die Kommission hat eine vorläufige Matrix herausgegeben, aus der die Kumulierungsmöglichkeiten abgelesen werden können.
Es lassen sich folgende drei Szenarien unterscheiden:
- Freihandelsabkommen mit dynamischer Referenz und ratifizierten Übergangsbestimmungen
- Anwendung der alten oder der revidierten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den revidierten Regeln möglich
- Diagonale Kumulierung nach den alten Regeln möglich
- Durchlässigkeit von alten zu revidierten Regeln hin
- Freihandelsabkommen mit dynamischer Referenz, aber ohne ratifizierten Übergangsbestimmungen
- Anwendung der revidierten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den revidierten Regeln möglich
- Freihandelsabkommen ohne dynamische Referenz und ohne ratifizierten Übergangsbestimmungen
- Anwendung der alten Regeln
- Diagonale Kumulierung nach den alten Regeln möglich
Beachten Sie, dass die Auswahlmöglichkeit Auswirkung auf die aktuelle Gestaltung der Ursprungsnachweise hat.
Regeln ab dem 1. Januar 2026
Ab dem 1. Januar 2026 sollen nur noch die Regeln des revidierten PEM-Übereinkommens ("revised rules") und somit nur noch ein Set von Ursprungsregeln im gesamtem PEM-Raum Anwendung finden. Sämtliche Übergangsregeln sind sodann nicht mehr anwendbar. Vertragsparteien, die bis Ende 2025 keinen dynamischen Verweis auf das PEM-Übereinkommen in ihre Freihandelsabkommen aufgenommen haben, werden von der Kumulierung ausgeschlossen.
Ursprungsnachweise, die vor dem 1. Januar 2026 im Rahmen der alten Regeln ausgestellt und nach diesem Datum innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer vorgelegt werden, sollen für Waren anerkannt werden, die sich am 1. Januar 2026 im Durchgangsverkehr oder in einem besonderen Zollverfahren unter zollamtlicher Überwachung befinden. Ursprungsnachweise, die nach dem Inkrafttreten der Anpassung des Freihandelsabkommens ausgestellt wurden, müssen den Vermerk "revised rules" tragen, andernfalls sind sie ungültig.
Inhalte der revidierten Regeln
Die neuen Regeln (siehe Amtsblatt (EU) L/2024/390 vom 19. Februar 2024) gehen vor allem mit administrativen Vereinfachungen für Unternehmen einher. Im Handel mit allen Vertragsparteien wird in Zukunft nur noch eine Art von Ursprungsnachweis erforderlich sein. Nämlich die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder die Ursprungserklärung. Der Ursprungsnachweis EUR-MED wird nicht länger beibehalten.
Des Weiteren sieht das revidierte Übereinkommen unter anderem folgende Änderungen vor:
- Die produktspezifischen Listenregeln werden vereinfacht.
- Es soll eine Vollkumulation eingeführt werden.
- Die No-Drawback-Regel soll abgeschafft werden - die Möglichkeit der Zollrückerstattung wäre somit einfacher.
- Der Ab-Werk-Preis sowie der Wert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft sollen anhand von Durchschnittswerten eines Steuerjahres berechnet werden können.
- Die Werttoleranz von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft wird von zehn auf 15 Prozent erhöht.
- Die Regel der unmittelbaren Beförderung wird durch die Nichtveränderungsregel ersetzt.
- Die Listenregeln für Industrieerzeugnisse werden vereinfacht.
- Bei Verwendung des Wertkriteriums wird der zulässige Anteil an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft von 40 auf 50 Prozent des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses erhöht.
- Verfahren mit Zellkulturen und industrieller Fermentation werden den ursprungsverleihenden Be- oder Verarbeitungen zugerechnet.
- Textilien sollen die Ursprungseigenschaft anhand einer größeren Palette von Verarbeitungsschritten erlangen können.
- Bei den Agrarerzeugnissen soll der zulässige Anteil an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft nach dem Gewicht bemessen werden.
- Grenzüberschreitende Durchlässigkeit, um die Anwendung der revidierten Ursprungsregeln zu vereinfachen: So können Ausführer, die die revidierten Ursprungsregeln anwenden, auch dann kumulieren, wenn ihre Lieferanten die alten Ursprungsregeln anwenden.