Interview | Gabun | Beratende Ingenieure
"In Gabun kennt man uns aufgrund lange bestehender Beziehungen"
Im Interview berichtet Şener Uçar von Gauff Engineering von seinen Erfahrungen mit Straßenbauprojekten in Afrika. Partnerschaften sind dabei zentral - auch mit chinesischen Firmen. (Stand: 20.12.2023)
Von Marcus Knupp | Berlin
Die Gauff GmbH & Co. Engineering KG betreut als Ingenieurdienstleister viele Infrastrukturprojekte in Europa, Asien, Amerika und Afrika. Gauff Engineering verfügt heute über Niederlassungen an sieben Standorten in Afrika. Şener Uçar leitet die Dependance in Abidjan, Côte d’Ivoire. Mit ihm sprach Germany Trade & Invest über das Projekt Port Gentil-Omboué in Gabun. Es umfasste den Bau einer Straße zwischen den beiden Städten sowie mehrere Brücken. Zwei davon gehören mit Längen von 4,7 und 4,6 Kilometern zu den längsten Brückenbauwerken des Kontinents.
Herr Uçar, in welcher Weise war Gauff Engineering am Projekt Port Gentil-Omboué in Gabun beteiligt? Welche anderen Partner waren dabei?
Gauff Engineering hat die Projektleitung und die Qualitätsüberwachung für das gesamte Projekt übernommen. Die Beauftragung dazu erfolgte direkt durch das Infrastrukturministerium, das Ministère de l’Équipement, des Infrastructures et des Traveaux Publics. Das ausführende Bauunternehmen war die China Road and Bridge Corporation (CRBC).
Wie haben Sie von diesem Vorhaben erfahren?
In diesem Fall wurden wir im Vorfeld direkt angesprochen. In Gabun kennt man uns aufgrund der lange bestehenden Beziehungen. Zudem spielte unsere Erfahrung im Umgang mit chinesischen Firmen eine wichtige Rolle. Wir bringen ein gutes Verständnis der kulturellen Nuancen und geschäftlichen Praktiken von chinesischen Firmen mit. Das ermöglicht uns, auf Augenhöhe zu kommunizieren und gemeinsame Ziele effektiv zu verfolgen.
Wie wählen Sie die Länder aus, in denen Sie aktiv werden?
Mit unseren sieben strategisch platzierten Niederlassungen allein in Afrika sind wir generell nah an unseren Kunden dran. So können wir gut verfolgen, wann und wo interessante Projekte in der Pipeline sind. Im Fokus stehen Infrastrukturprojekte in den Bereichen Wasser, Abwasser, Energie und Verkehr. Ein wichtiges Kriterium für die Auswahl ist, dass das Land kreditwürdig ist.
Welche Hürden gab es bei dem Projekt zu überwinden?
Das Projekt war tatsächlich auch für uns eine große Herausforderung. Das fing schon damit an, dass ein normaler Zugang zur Baustelle praktisch gar nicht existierte. Das heißt, das Projekt fing ursprünglich irgendwo im Regenwald von Gabun an und hörte auch im irgendwo im Regenwald wieder auf, da die entsprechenden Anbindungen an das vorhandene Straßennetz erst später realisiert werden sollten.
Zu Beginn konnte man sich beispielsweise nur mit dem Boot auf den verschlungenen Flüssen des Regenwaldes fortbewegen. Auch die Kommunikation mit der chinesischen Firma war sehr zäh, da die Verantwortlichen außer Chinesisch keine weiteren Sprachen sprachen und die Verständigung nur mit Hilfe von Übersetzern möglich war. Trotz dieser Hürden haben wir das Projekt erfolgreich und termingerecht fertiggestellt.
Sie sind recht erfolgreich in Afrika. Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz durch?
Dank unserer Kompetenzen in den verschiedensten Disziplinen und unserer weitgefächerten Partnerschaften sehen wir uns in einer komfortablen Situation. Insbesondere mit unserem EPPM-Modell (Engineering, Procurement, Project Management) können wir eine umfangreiche Projektbegleitung aus einer Hand anbieten. Ein entscheidender Vorteil ist der Faktor Zeit. Über den direkten Draht zu unseren Kooperationspartnern und dank unserer langjährigen Erfahrung mit Banken, Kreditinstituten und Kreditversicherern für die Projektfinanzierung sind wir in der Lage, auch Megaprojekte ohne lange Anschubzeiten und bürokratische Warteschleifen zu realisieren.
Wie wichtig ist es für die Auftragsakquise, in Netzwerken oder mit Partnern zusammenzuarbeiten?
Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern ist eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Auftragsakquise und Projektrealisierung. Man muss in der Lage sein, ohne große Vorverhandlungen mit den Partnern schnell und unkompliziert ein technisches Angebot erstellen zu können. Bei unserem EPPM Fast-Track Modell sind wir vor allem auf stabile Finanzierungspartner angewiesen. Wir und unsere Partner bringen nicht nur die jeweils eigenen Erfahrungen in die Projekte ein, sondern können dank langfristiger Kooperationen oft auch aus einem Pool gemeinsamer Erfahrungen schöpfen. Ist ein Team gut eingespielt, erbringt es nicht nur mehr Leistung, sondern spart auch Zeit und Kosten.
Welche Erfahrungen machen Sie mit chinesischen Firmen?
Das hängt davon ab, in welcher Form wir den chinesischen Firmen auf dem Markt begegnen. Je nach Projekt und Situation können chinesische Unternehmen als Wettbewerber, Partner oder sogar auch als Kunden auftreten. Solange chinesische Firmen nicht als Wettbewerber auftreten, machen wir eigentlich nur gute Erfahrungen mit ihnen. Wir haben schon etliche Projekte mit chinesischen Baufirmen in unterschiedlichsten Konstellationen realisiert. Bei ihnen sind wir als verlässlicher und sehr fachkundiger Partner mit ausgeprägter interkultureller Kompetenz hoch geschätzt und anerkannt.
Bereiten Sie auch Ausschreibungen für Bau- und Lieferleistungen vor? Können Sie dabei Details festlegen, die bestimmte Anbieter in die nähere Auswahl bringen?
Ja, das tun wir. Im Rahmen unserer EPPM Fast-Track Projekte, die aufgrund ihrer Finanzierungsbedingungen einen deutschen Content in Höhe von 51 Prozent aufweisen müssen, laden wir im Namen und Auftrag unserer Kunden auch deutsche Unternehmen ein, an unseren Ausschreibungen teilzunehmen. Je nach Projekttyp und technischen Anforderungen wird da natürlich eine Vorauswahl getroffen. Hier an der Elfenbeinküste hören wir auch von verschiedenen Stellen den Wunsch, dass sich mehr deutsche Firmen vor Ort niederlassen.