Rechtsbericht Georgien Gesellschaftsrecht
Georgien: Änderungen im Gesellschaftsrecht
Das georgische Gesellschaftsrecht wurde modernisiert und mit dem EU-Gesellschaftsrecht harmonisiert.
12.04.2022
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Am 1. Januar 2021 traten wesentliche Änderungen gemäß des georgischen Gesetzes Nr. 557 "Über Unternehmen“ Kraft. Das Gesetz regelt die Rechtsformen eines Unternehmens, die Verfahren für die Gründung und die Registrierung sowie Fragen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit. Das bisherige Gesetz aus dem Jahr 1994 galt als veraltet und nicht eindeutig. Das neue Gesetz wurde aufgrund des DCFTA-Abkommens (Deep and Comprehensive Free Trade Area) grundlegend reformiert um es an das europäische Gesellschaftsrecht anzupassen.
Registrierung und Gründung
Bei der Gründung einer Gesellschaft müssen eine Gründungsurkunde und ein Gesellschaftsvertrag bei der Nationalen Agentur für das öffentliche Register vorgelegt werden. Für den Gesellschaftsvertrag ist die Schriftform vorgesehen. Zudem muss er von allen Gründungsgesellschaftern unterzeichnet sein. Der Gesellschaftsvertrag besteht aus einer Gesellschaftssatzung und der im Gesetz vorgesehen Dokumente. Die Gesellschaftssatzung muss zwingend folgende gesetzlich vorgeschriebene Angaben enthalten:
- Rechtsform des Unternehmens;
- Gegenstand der Tätigkeit des Unternehmens;
- Beschränkungen der Gesellschafterrechte.
Die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ist flexibel. Dennoch müssen Mindestangaben gemacht werden wie zum Beispiel die Benennung der Gründungsgesellschafter. Das Gesetz sieht sowohl eine Mustersatzung als auch ein Muster für einen Gesellschaftsvertrag vor. Die Mustersatzung enthält keine individuellen Elemente und variiert je nach der Rechtsform der Gesellschaft. Ein Muster-Gesellschaftsvertrag kann auf der Seite des Ministeriums der Justiz abgerufen werden.
Gesellschaftsname und Briefkopf
Der Firmenname der Gesellschaft kann grundsätzlich frei gewählt werden. Das reformierte Gesetz sieht eine Reihe von Ausnahmen vor. So darf der Firmenname unter anderem Folgendes nicht enthalten:
- staatsfeindliche, spalterische, zu Gewalt aufrufende, propagandistische Bezeichnungen;
- diskriminierende oder beleidigende Bezeichnungen;
- irreführende Zusatzwörter;
- Namen von Personen ohne dass deren Zustimmung vorliegt;
- identische oder ähnliche Titel von anderen in Georgien registrierten juristischen Personen.
Zu beachten ist die neu eingefügte Vorschrift bezüglich der Mindestangaben für den Briefkopf, E-Mails und das Impressum. Folgende Angaben müssen gemacht werden:
- Gesellschaftsname;
- Registrierungsadresse;
- Identifikationsnummer;
- zusätzlich für ausländische Unternehmen die Registrierungsbehörde und -nummer.
Begriff des Leitungsorgans und Haftung
Die bisherige Bezeichnung der leitenden Person als "direktor“ wird durch den Begriff Leitungsorgan bzw. Leitungsperson ersetzt. Eine wichtige Änderung betrifft die Haftung von Leitungsorganen der Gesellschaft. Sie werden von einer Schadensersatzpflicht befreit, wenn das Leitungsorgan auf Grundlage von ausreichenden und zuverlässigen Informationen im Interesse der Gesellschaft gehandelt hat, ohne dabei in einen Interessenkonflikt zu geraten. Die Haftungsbefreiung gilt nicht, wenn die Handlungen gegen die Satzung verstoßen oder den gesetzlichen Vorgaben zuwiderlaufen. Darüber hinaus unterliegt das Leitungsorgan einem Konkurrenzverbot. Konkret wird die Tätigkeit bei einer Gesellschaft ohne Zustimmung der anderen Gesellschaft verboten. Das Konkurrenzverbot gilt für drei Jahre nach Beendigung der Gesellschaftertätigkeit. Hält sich die Person nicht an das Verbot, so drohen Schadensersatzforderungen.
Zu beachten ist, dass zwischen der vertretungsberechtigten Person und der Gesellschaft ein separater Arbeitsvertag geschlossen wird. Allerdings gilt hierfür nicht das georgische Arbeitsrecht, sondern die Vorschriften des Zivilgesetzbuches. Wenn vertraglich keine Abreden über die Vergütung getroffen worden sind, dann wird vermutet, dass die Tätigkeit unentgeltlich erfolgt. Der Vertrag endet mit dem Rücktritt der jeweiligen Person.
Umstrukturierung und Beendigung der Gesellschaft
Das Gesetz enthält neue Vorschriften bezüglich der Umstrukturierung und der Beendigung. Die Umstrukturierung wird detailliert geregelt: Arten der Reorganisation, Verfahren, Befriedigung von Gläubigeransprüchen, Kauf von Anteilen durch einen Gesellschafter.
Die Auflösung der Gesellschaft ist in drei Etappen geregelt. Eine Gesellschaft kann aufgrund einer Gesellschafterentscheidung, Gesetzesverstößen oder einer Klage eines Gesellschafters (erhöhte Voraussetzungen) aufgelöst werden. Nach der Auflösung muss die Gesellschaft liquidiert werden.
Die Gesellschafteranteile müssen unter den Gesellschaftern aufgeteilt werden. Die Gesellschafter haben einen Anspruch auf Auszahlung des verbleibenden Gesellschaftsvermögens entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen. Zu beachten ist, dass sowohl im Briefkopf als auch im Impressum der Internetseite der Zusatz „In Liquidation“ angegeben werden muss. Die Gesellschaft gilt als liquidiert, wenn der Registrierungseintrag gelöscht wird. Die Ansprüche gegen die Gesellschaft müssen innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden.
Weitere Änderungen
Weitere Änderungen betreffen die einzelnen Gesellschaftsformen: Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft. Insbesondere wurde die Kapitalaufnahme von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erleichtert zum Beispiel durch die Herausgabe von Aktien. Die Kapitalstruktur ist flexibler geworden und ähnelt einer Aktiengesellschaft. Diese Neuerung wird es den Investoren erleichtern die Gesellschaft durch Kapitalbeteiligungen zu finanzieren.