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Special | Frankreich | Wasser - Die knappe Ressource

Frankreich: Klimawandel erzwingt neue Lösungen im Wassersektor

Wasser wird in Frankreich zum Problem. Abwechselnde Dürre- und Hochwasserperioden zwingen ein Land zum Umdenken. Wasserversorger und Industrie investieren in Wasserrecycling.

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Langanhaltende Dürreperioden seit 2022 und gleich zwei große Überschwemmungen im Norden des Landes Ende 2023 schrecken Menschen, Unternehmen und Politik Frankreichs auf. Auch eine drohende Wasserbelastung, insbesondere mit Pestiziden und Mikropartikeln, macht den Menschen im Land Sorgen. 

Als Reaktion auf die akute und sich in Zukunft absehbar verschärfende Wasserkrise hat die Regierung im März 2023 eine Wasserstrategie, den "Plan Eau" aufgelegt.

Plan Eau: 53 Maßnahmen für das Wasser 

  1.  Sparsame Wasserverwendung: Absenkung des Wasserverbrauchs bis 2030 um 10 Prozent 
  2. Verbesserung der Wasserverfügbarkeit (u.a. durch Wiederverwertung von Gebrauchtwasser)
  3.  Sicherung der Wasserqualität 
  4.  Verbesserung des Wasserkrisenmanagements
  5.  Finanzielle Absicherung von Maßnahmen und Akteuren (475 Millionen Euro staatliche Förderung)

Wassereinsparungen sowie die Absicherung von Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität sind die Leitlinien, an denen sich in Zukunft das französische Wassermanagement auf allen Ebenen ausrichten soll und muss. 

Trink- und Abwasserversorgung fest in französischer Hand

Kommunen und Kommunalverbände sind zuständig für die Versorgung von Bevölkerung, Landwirtschaft und Industrie mit Trinkwasser sowie für die Abwasserentsorgung. Die öffentlichen Träger erfüllen ihre Aufgaben entweder in Eigenregie, durch eigene öffentliche Unternehmen oder sie delegieren die Trinkwasser- und Abwasserversorgung ganz oder teilweise an Privatunternehmen. 

Im Jahr 2021 befanden sich gut 59 Prozent der Trinkwasserversorgung und 51 Prozent der Abwasserversorgung in privater Hand. Den privaten Markt des Trink- und Abwassermanagements haben die drei großen französischen Wasser- und Abwasserkonzerne Veolia, Suez und Saur unter sich aufgeteilt. Für sonstige Anbieter, vor allem ausländische, bleibt wenig Raum.

Steigender Investitionsbedarf in Wasser und Abwasser ermöglicht ausländische Beteiligung

Möglichkeiten zur Beteiligung aber gibt es in den Bereichen Zulieferung von Ausrüstung und Technologie. So steigern die Akteure im Bereich Trink- und Abwassermanagement ihre Investitionen, um den Wassersektor für Herausforderungen durch Klimawandel, Trockenperioden, Urbanisierung und Wasserverschmutzung fit zu machen. Im Jahr 2021 lagen die Investitionen allein der privaten Akteure im Bereich Wassermanagement laut FP2E (Entreprises de l'eau) bei 891 Millionen Euro. Davon gingen 43 Prozent in Maschinen und Anlagen. Zwischen 2023 und 2027 rechnen die privaten Wassermanager mit jährlichen Zusatzinvestitionen in Höhe von 3 Milliarden Euro. Im Zentrum steht die Erneuerung der Trinkwassernetze, die Anpassung von Kläranlagen an sich verschärfende Wassernormen, die Bekämpfung von Mikroverunreinigungen und der Ausbau der Kapazitäten für die energetische Verwertung von Klärschlamm. 

Die Neuausrichtung der Wasserpolitik und drohende Wasserknappheit eröffnen neue Geschäftsfelder. Der Kampf gegen ungewollte Wasserverluste, die Entwicklung von Technologien für Einsparungen in industriellen Prozessen und vor allem die Wiederverwertung von Gebrauchtwasser gewinnt an Dringlichkeit. Damit bietet sich neuen Marktteilnehmern ein Zugang zum bislang sehr abgeschotteten französischen Wassersektor.

Kennzahlen Wasser- und Abwasserwirtschaft Frankreich 2021
Länge Trinkwasserleitungsnetz

900.000 km

Länge Abwasserleitungsnetz

425.000 km

Trinkwasserverbrauch (p.P./Tag)

148 l

Anzahl Abwasserentsorgungsdienste

12.392

Durchschnittlicher Jahresbeitrag pro Haushalt (auf Basis des Durchschnittsverbrauchs von 120 m3)

521 Euro

Durchschnittlicher Wasserpreis

4,3 Euro / m3 (inkl. MWSt)

Quelle: Observatoire national des services d'eau et d'assainissement 2024

 

Innovative Lösungen für ein undichtes Leitungsnetz gesucht

Das teilweise veraltete Leitungsnetz ist sanierungsbedürftig. Auf dem Weg von der Quelle bis zum Endverbraucher gehen in Frankreich 20 Prozent des Wassers verloren. In rund 18 Prozent der Kommunen erreicht der Wasserverlust annähernd 50 Prozent. Die Regierung stellt im Rahmen des Plan Eau 180 Millionen Euro für die Sanierung dieser hochgradig undichten Leitungsabschnitte zur Verfügung. Die Umsetzung der Sanierung aber ist schwierig und teuer. Kommunen und Leitungsnetzbetreiber sind auf der Suche nach Lösungen, wie das mehr als 900.000 Kilometer lange Leitungsnetz gezielt überprüft und repariert werden kann. Innovative Technologien und digitale Lösungen sollen helfen, den Arbeitsaufwand gering zu halten. Dies eröffnet auch kleineren Unternehmen wie dem Start-up Acwa Robotics Betätigungsmöglichkeiten. Das korsische Jungunternehmen hat einen Roboter entwickelt, der in der Lage ist, autonom Rohre und Leitungen im laufenden Betrieb zu überprüfen.  

Industrie investiert in Wassereinsparung und Hochwasserschutz

Die Zeichen der Zeit stehen auf Wassereinsparungen. Der Plan Eau sieht vor, dass bis 2030 mindestens 10 Prozent weniger Wasser verbraucht wird als im Jahr 2022. Die Industrie orientiert sich um in Richtung sparsamere und nachhaltigere Wassernutzung. Die Furcht, in Mangelzeiten keinen hinreichenden Zugriff auf Wasser zu haben und die Produktion herunterfahren zu müssen, schiebt Investitionen an. Große Unternehmensgruppen wie der Nahrungsmittelkonzern Sodiaal, Michelin oder St. Gobain verankern konkrete Einsparziele beim Wasserverbrauch in ihre Nachhaltigkeitsagenden. Die Regierung hat angekündigt, die 50 größten Wasserverbraucher bei ihren Einsparbemühungen zu unterstützen. Der Chemieriese Kem One steht für seine Wassersparinvestitionen ebenso auf der Förderliste wie Unternehmen wie Total Energie oder Arcelor Mittal. 

Kleine und mittlere Produktionsbetriebe gehen das Thema Wassereinsparungen ebenfalls an, wenn auch angesichts erwarteter hoher Investitionskosten zögerlicher. Sie befürchten, dass ihren Fabriken in Zeiten von Wasserknappheit der Hahn zugedreht wird. Gefragt sind deshalb vor allem Lösungen, die in ihrer Umsetzung praktikabel und bezahlbar sind. 

Industriebetriebe investieren zudem in interne Prozesse und Schutzmaßnahmen, um ihre Produktion vor Starkregen und Überschwemmungen abzusichern. Insbesondere der Überschwemmungsschutz von Gebäuden und Anlagen und Pumpensysteme, aber auch eine unabhängige (Not-)Stromversorgung wird in Gegenden, die potenziell zur Hochwasserregion werden könnten, zur Regelvorkehrung. 

Regierung entdeckt die Wasserwiederverwertung 

Wasserrecycling soll ein wichtiger technologischer Baustein zur Bewältigung der Wasserkrise werden. Bis 2030 soll die Wiederverwertungsquote von Altwasser von bislang knapp 1 Prozent auf 10 Prozent gesteigert werden. 1.000 Wasserwiederverwertungsprojekte peilt die Regierung bis 2027 an. Erste Dekrete, die die bislang sehr restriktiven Regelungen zur Nutzung recycelten Wassers erheblich lockern, treten nach und nach in Kraft. 

Seit Januar 2024 ist beispielsweise in der Nahrungsmittelbranche die Wiederverwendung von Altwasser erlaubt. Gerade wasserintensive Industrien wie die Chemie-, Papier- oder Nahrungsmittelindustrie, aber auch Hochtechnologiebranchen wie die Batterie- und Halbleiterfertigung erwarten, durch die Nutzung von Brauchwasser mittelfristig ihren Frischwasserbedarf um 20 bis 25 Prozent zu senken und die eigene Wasserversorgung auch in Zeiten der Knappheit aufrechterhalten zu können. 

Landwirtschaft fordert Unterstützung ein

Die Landwirtschaft ist mit einem Anteil von rund 58 Prozent am Wasserverbrauch nicht nur der größte Wassernutzer. Sie leidet auch am stärksten unter den Auswirkungen von Dürre und Wassermangel. Das Interesse an Lösungen zur Wassereinsparung ist groß. Viele Betriebe sehen sich jedoch nicht in der Lage, die notwendigen Investitionen zu tätigen.   

Die Regierung hat angekündigt, Landwirte mit einem gezielten Wasserplan ("Plan Hydraulique Agricole") und einer finanziellen Förderung von 20 Millionen Euro zu unterstützen. Im Vordergrund der Förderung stehen technische und digitale Lösungen für eine sparsamere Bewässerung. Zudem soll die Nutzung von Brauchwasser in der Landwirtschaft verstärkt werden.

Kontaktadressen und weiterführende Informationn
BezeichnungAnmerkung
Ministère de la Transition écologique
Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Energie
Union Nationale des Industries et Entreprises de l'Eau (UIE)Verband der Wasserunternehmen
France Eau PubliqueVerband für öffentliche Wasserunternehmen
Fédération professionelle des entreprises de l'eau (FP2E)Verband für Wasserwirtschaftsunternehmen
AquagirZusammenschluss von Akteuren der Wasserwirtschaft zur Unterstützung von Gebietskörperschaften 
Pollutec
Messe für Kreislaufwirtschaft und Umwelttechnologien, 26. - 27.11.2024, Paris; 7. - 10.10.2025, Lyon

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