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Griechische Unternehmen müssen digitaler werden

Der Digitalisierungsgrad kleiner und mittlerer Unternehmen weist hohen Nachholbedarf auf. EU-Fördermittel und staatliche Unterstützung sollen dem abhelfen.

Von Michaela Balis | Athen

Mehr als 200.000 Unternehmen werden von dem Programm „Digitale Transformation von kleinen und mittleren Unternehmen“ mit einem Budget in Höhe von rund 442 Millionen Euro profitieren. Mit den Finanzmitteln aus dem Aufbaufonds der Europäischen Union (EU) können Unternehmen, E-Shops, Systeme künstlicher Intelligenz, Internet of Things, Telearbeit-, Cybersecurity-Systeme und Cloud-Dienste entwickeln, kaufen oder anmieten. Auch Ausbildungsmaßnahmen für digitale Fähigkeiten werden finanziert.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus Griechenland können ab sofort ihre Anträge auf dem dafür eingerichteten Internetportal der griechischen Regierung stellen. Für die Entwicklung digitaler Infrastruktur und Cloud-Dienste stehen insgesamt 100 Millionen Euro bereit. Die Zuschüsse variieren zwischen 200.000 Euro und 2 Millionen Euro pro Unternehmen. Für den Erwerb digitaler Produkte und Dienste stehen Unternehmen 180 Millionen Euro in Form von Voucher zur Verfügung. Mit weiteren rund 162 Millionen Euro wird der Erwerb von Geräten und Software für die digitale Rechnungsausstellung, die Verwaltung von Steuerdokumenten sowie für elektronische Zahlungen gefördert.

Griechische und europäische Lieferanten, Vertreter und Handelsunternehmen, können ihre Produkte und Dienstleistungen im Rahmen dieses Programms auf dem Regierungsportal anbieten.

„Griechische Unternehmen sollten die Chance zur Digitalisierung schleunigst ergreifen“,

äußert sich Andreas Spyridis, Geschäftsführer der Digital Marketing Agentur iTrust Digital, Vizepräsident und Präsident des Ausschusses für digitale Transformation der AHK Griechenland. „Gerade in dieser Zeit, in der brüchige Lieferketten und die turbulenten Umstände die Suche nach neuen Lieferanten fordern, können digitale Vorreiter neue Kunden gewinnen oder ihre Marktanteile erweitern“, fügt er hinzu.

EU-Fördermittel und staatliche Anreize für griechische Unternehmen

Mehr als ein Fünftel der rund 30,5 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbaufonds fließt in digitale Projekte. Die Vorhaben umfassen öffentliche Projekte, beispielsweise die Erweiterung der digitalen staatlichen Dienste, sowie private Vorhaben, insbesondere die Digitalisierung von KMU und Ausbildungsprogrammen für die Förderung der digitalen Fähigkeiten.

Die Digitalisierung wird auch in der EU-Partnerschaftsvereinbarung 2021 bis 2027 prioritär behandelt. Die griechische Regierung erarbeitete ein Operationelles Programm „Digitale Transformation“. Rund 943 Millionen Euro stehen für den Ausbau von E-Government und E-Health, für den Ausbau der Breitband-Internetanschlüsse sowie für den Erwerb digitaler Fähigkeiten zur Verfügung. Auch das Programm „Wettbewerbsfähigkeit, Unternehmertum und Innovation“ (3,9 Milliarden Euro) sieht unter anderem die digitale Transformation in Tourismus, Kultur und Logistik vor.

Nicht zuletzt setzt das neue Investitionsförderungsgesetz auf die Modernisierung griechischer Unternehmen und bietet Zuschüsse und Steuererleichterungen für die Einführung digitaler Verfahren und Produktionsmethoden und die Nutzung von IKT-Technologien.

Griechenland hat großen Nachholbedarf

Dass die ausgeschriebenen und geplanten Programme auf die Bedürfnisse der Wirtschaft zugeschnitten sind, zeigen die Ergebnisse der Umfrage des AHK-Mitgliederausschusses „Digitale Transformation“ vom Februar 2022. Auch der 3. Jahresbericht des Observatoriums für die digitale Transformation des griechischen Industrieverbands SEV vom Februar 2022 bestätigt die Notwendigkeit einer besseren digitalen Infrastruktur in den Unternehmen.

Nur rund 11,5 Prozent der etwa 100 AHK-Mitgliedsunternehmen, die an der Umfrage teilgenommen haben, verfügen über eine Digitalisierungsstrategie. Zwei Drittel sind dabei, eine zu erarbeiten. Die Unternehmensvertreter stufen den digitalen Reifegrad ihres Unternehmens als mittelmäßig ein. Um ihre Lage zu verbessern, würden die Firmen Unterstützung zu Themen, wie beispielsweise Cybersecurity und künstliche Intelligenz (KI), begrüßen.

Die Ergebnisse des SEV-Berichts decken die Lücken auf: Griechische Unternehmen nehmen, gemessen an ihrem digitalen Reifegrad, den 24. Platz unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten ein. Dem Bericht zufolge investieren die Unternehmen zwar in digitale Systeme, die jedoch nicht auf dem aktuellsten Stand sind: Nur drei Prozent der Unternehmen nutzen KI-Systeme gegenüber 40 Prozent im EU-Durchschnitt. 

„Dabei findet der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht mehr auf Kostenebene, sondern auf Innovationsebene statt“,

fasst Athanasios Syrianos, Präsident der griechischen Brauerei, Hellenic Breweries of Atalanti und Vorsitzender des Industrieverbands für Thessalien und Zentralgriechenland, die digitale Herausforderung zusammen.

Allerdings hapert es häufig am Unwillen etwas zu ändern. Besonders aufseiten des Managements, das selbst von der Anwendung digitaler Technologien in Unternehmen überzeugt sein muss, um die Mitarbeiter zu überzeugen. Auch der Kunde muss bereit sein, digitale Produkte anzuwenden. „Bei dem Digitalisierungsprozess darf nicht übersehen werden, dass der Mittelpunkt der Mensch ist, entweder als Entscheidungsträger, Mitarbeiter oder als Kunde“, betont Spyridis.

Pandemie als Katalysator für digitale Lösungen

Besonders KMU hinken in Griechenland digital hinterher. Vor der Pandemie hatten nur 9 Prozent digitalisierte Lieferketten, gegenüber 29 Prozent der großen Unternehmen. Nur 15 Prozent nutzten Kundenverwaltungssysteme gegenüber 40 Prozent bei den großen Unternehmen.

Die Coronapandemie wirkte als Transformationsbeschleuniger, meldeten knapp 40 Prozent der AHK-Unternehmen. Das bestätigt auch der SEV-Jahresbericht. „Aufgrund der Abstandsregeln während der Pandemie wurden digitale Medien und Dienste unerwartet schnell ein wichtiger Bestandteil des Alltags für Bürger, Unternehmen und den Staat“, erklärt Thanasis Navrozoglou, Präsident und geschäftsführender Vorstand des griechischen Banking-Softwareentwicklers Natech.

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