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Branche kompakt | Indien | Kfz-Industrie

Indiens Kfz-Industrie läuft rund

Die Produktion wächst und die Kauflaune der Kunden ist ungebrochen. Die solide Wirtschaftslage stützt die Nachfrage. Elektromobilität gewinnt weiter an Bedeutung.

Von Florian Wenke | Mumbai

Ausblick der Kfz-Branche in Indien

Bewertung:

 

  • Die gute wirtschaftliche Lage stützt die Kauflaune der Bevölkerung.
  • Die Nachfrage nach höherpreisigen Modellen wächst, das hilft insbesondere deutschen Herstellern.
  • Unternehmen investieren, auch mit Blick auf die Umstellung hin zu mehr E-Mobilität.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Februar 2024.

  • Markttrends

    Die indischen Kunden sind in Kauflaune. Die Nachfrage nach Pkw könnte auf über vier Millionen Stück steigen. Die Hersteller beschäftigen sich derweil mit volatilen Regulierungen.

    Indiens Konjunkturmotor läuft derzeit wie geschmiert. Für das Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) prognostizieren Volkswirte Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zwischen 6 und 7,5 Prozent. Für das folgende Finanzjahr wird ein Wirtschaftswachstum von etwa 6,5 Prozent erwartet. Das kommt der Kauflaune im Land zugute und stützt die Fahrzeugnachfrage. 

    3. Platz

    beim weltweiten Absatz von Pkw, hinter China und den USA.

    Der Fahrzeugabsatz nimmt zu

    Im Finanzjahr 2022/2023 konnten die Hersteller im Vergleich zur Vorjahresperiode rund 27 Prozent mehr Pkw absetzen. Für Busse fiel das Wachstum mit 160 Prozent bei Weitem stärker aus. Die Nachfrage nach Zweirädern wuchs hingegen mit 17 Prozent vergleichsweise gering. Hier spüren die Hersteller noch immer die Folgen der Coronapandemie. Diese hat ärmere Konsumenten finanziell überproportional hart getroffen, was sich bei der Nachfrage nach Einstiegsmobilität in Form von Zweirädern nach wie vor negativ auswirkt. Die Nachfrage nach Kleinwagen ist ebenfalls betroffen. 

    Für das laufende Finanzjahr sind die Aussichten gut. Zahlen aus den ersten drei Quartalen nach zu urteilen, werden die Vorjahreswerte erneut übertroffen. Damit könnte Indien 2023/2024 mehr als 4 Millionen Pkw absetzen.  

    Der Hersteller Tata verkauft erneut mehr Pkw als in der Vorperiode. Auch aufgrund seiner Dominanz bei Elektroautos setzt das Unternehmen die (Rück-)Eroberung von Marktanteilen fort. Unangefochtener Platzhirsch bleibt zwar Maruti Suzuki, allerdings verliert die Firma Marktanteile. 

    In der Breite legten fast alle Hersteller beim Absatz zu. Einzig Renault musste 2022/2023 Einbußen hinnehmen, was unter anderem daran lag, dass die Firma in Indien nur wenige Modelle und darunter vermehrt Kleinwagen anbietet. Im laufenden Finanzjahr 2023/2024 werden die meisten Pkw-Hersteller die Vorjahreswerte übertreffen. 

    Absatz von Pkw nach Herstellern in Indien Stückzahl, Veränderung und Marktanteile in Prozent

    Hersteller

    Absatz 2022/2023

    Veränderung

    Marktanteil

    Absatz 2023/2024*)

    Maruti Suzuki India

    1.606.870

    20,7

    41,3

    1.280.090

    Hyundai Motor India

    567.546

    17,9

    14,9

    454.404

    Tata Motors

    544.391

    45,9

    14,0

    424.350

    Mahindra & Mahindra

    359.254

    59,0

    9,2

    333.777

    Kia Motors India

    269.229

    44,1

    6,9

    180.265

    Toyota Kirloskar Motor

    173.245

    40,0

    4,5

    174.121

    Honda Cars India

    91.418

    6,8

    2,4

    63.690

    Renault India

    78.926

    -9,8

    2,0

    33.308

    SkodaAuto India

    52.269

    53,7

    1,3

    37.087

    MG Motor India

    48.866

    21,0

    1,3

    34.871

    Finanzjahr vom 1. April bis 31. März; * 1. April bis 31. Dezember 2023.Quelle: Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM) 2024

    Stadtgeländewagen liegen weiter im Trend

    Stark nachgefragt bleiben Sport Utility Vehicle (SUV) beziehungsweise Fahrzeuge mit SUV-Optik. Auch kleinere Modelle, die hochgelegt und bullig gestaltet sind, treffen den Geschmack der Kunden. Darüber freuen sich die Hersteller, denn die Modelle gelten als margenstärker im Vergleich zu beispielsweise klassischen Limousinen. Die indischen Kunden legen dabei wenig Markentreue an den Tag. Was für Käufer in Indien zählt, sind ein attraktiver Preis, robuste Technik und ein ansprechendes Design.

    Branchenexperten bemerken, dass sich Kunden zunehmend bewusst die luxuriösere Ausstattung oder das größere Modell leisten. Hinzu kommt die wachsende Nachfrage nach Fahrzeugen der Oberklasse. Obwohl diese nur einen kleinen Anteil am Gesamtmarkt ausmachen, meldeten die deutschen Hersteller Audi, BMW und Mercedes ein starkes Wachstum in Indien allerdings auf niedrigem Niveau. Branchenmedien zufolge wuchs 2023 beispielsweise für Mercedes der Absatz im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent. Das entspricht circa 17.400 veräußerten Pkw.    

    Regulierung bleibt komplex

    Im Frühjahr 2022 hatte Indiens Regierung angekündigt, dass zukünftig sechs Airbags für Pkw verpflichtend sein sollen. Bis Herbst 2023 sollten die Hersteller ihre Produktion entsprechend anpassen. Im September 2023 erfolgte aber eine Rolle rückwärts: Der indische Verkehrsminister gab bekannt, dass sechs Airbags nun doch nicht verpflichtend sind. Mangelnde regulatorische Berechenbarkeit wird von deutschen Unternehmensvertretern immer wieder als Herausforderung in Indien genannt. 

    Die Bemühungen der Regierung, mehr industrielle Wertschöpfung ins Land zu holen, stellen die Unternehmen der Kfz-Branche vor neue Aufgaben. Indien setzt dabei verstärkt auf eigene Standards. Momentan betrifft dies beispielsweise Befestigungsmittel wie Schrauben und Muttern. Unternehmen müssen sich bemühen, entsprechend zertifiziert zu werden oder Zulieferer mit der entsprechenden Zertifizierung finden. Das sorgt für Herausforderungen in etablierten Lieferketten, auch weil die Übergangsfristen häufig kurz sind. 

    Neue Grenzwerte werfen ihre Schatten voraus

    Mit "Bharat Stage VI" hat Indien bereits Abgasnormen, die vergleichbar mit "EURO 6" sind. Zudem gelten seit Frühjahr 2023 neue Vorgaben für Tests von Abgaswerten. Damit sind Hersteller verpflichtet, die Abgaswerte nicht nur unter Laborbedingungen, sondern auch auf der Straße zu testen. Hinzu kommen seit 2023 Grenzwerte für den durchschnittlichen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) pro Pkw im Sortiment eines Hersteller (Corporate Average Fuel Efficiency II; CAFE II). Aktuell liegt der Wert bei 113 Gramm CO2 pro Kilometer. 

    Nicht alle Unternehmen schaffen es derzeit, diesen vorgegebenen Wert zu erreichen. Laut Medienberichten stehen beispielsweise Kia und Hyundai heftige Strafzahlungen bevor. Zudem bereiten sich die Branchenunternehmen darauf vor, dass die CAFE II-Normen in den kommenden Jahren weiter verschärft werden. Im Raum stehen Werte knapp unter 100 Gramm CO2 pro Kilometer. 

    Infrastruktur zur Altfahrzeugentsorgung noch im Anfangsstadium

    Bereits 2021 stellte Indien die Einführung einer Abwrackprämie in Aussicht. Seit April 2023 werden nun schrittweise verpflichtende, regelmäßige Technik- und Verkehrssicherheitsprüfungen eingeführt, zunächst für Nutzfahrzeuge älter als 15 Jahre. Im Juni 2024 folgen Pkw älter als 20 Jahre. 

    Allerdings ist die für die Entsorgung notwendige Infrastruktur noch unzureichend entwickelt. Indiens Verkehrsminister gab Ende 2023 bekannt, dass erst 85 Verschrottungszentren offiziell zertifiziert waren. Der Bedarf liegt bei 1.000 solcher Einrichtungen. Zusätzlich seien mindestens 400 Testzentren notwendig, um die Verkehrssicherheit von Fahrzeugen zu prüfen. Die aktuell vorhandene Zahl dürfte deutlich darunter liegen.  

    (Stand Februar 2024)

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • Branchenstruktur

    Die Produktionsmenge in der volkswirtschaftlich wichtigen Kfz-Branche nimmt immer weiter zu. Die Unternehmen investieren derweil in neue Kapazitäten.

    Der Automobilsektor ist von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung für Indien. Nach offiziellen Angaben trägt er rund 7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Die Branche beschäftigt – optimistisch geschätzt – zwischen 35 Millionen bis 37 Millionen Menschen direkt und indirekt. Geht es nach dem "Automotive Mission Plan" der Regierung, sollen die Werte bis 2026 auf mindestens 12 Prozent Anteil am BIP beziehungsweise 65 Millionen Beschäftigte steigen.

    Im Land ansässig sind sowohl heimische als auch internationale Hersteller. Zudem gibt es eine leistungsfähige Zulieferindustrie. Es werden alle wichtigen Bereiche der Wertschöpfungskette vor Ort abgedeckt. Die Zentren der Kfz-Branche sind in und um Pune, Chennai, Bengaluru sowie New Delhi. Auch im Bundesstaat Gujarat sind Kfz-Unternehmen in größerem Umfang anzutreffen. Kleine Zulieferer sind aber im ganzen Land verteilt. 

    Die Unternehmen produzieren überwiegend für den lokalen Markt. Insbesondere für Zweiradhersteller ist aber auch der Export wichtig. Zahlreiche Zulieferer orientieren sich ebenfalls über die Landesgrenze hinaus und streben eine stärkere Einbindung in internationale Lieferketten an. 

    Produktionsvolumen steigt weiter

    Kfz-Hersteller freuen sich derzeit über eine wachsende Produktion. Im Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) wurden rund 4,6 Millionen Pkw produziert

    Branchenvertreter zeigen sich zuversichtlich, dass die Produktion von Pkw auch im nächsten Finanzjahr weiter wachsen wird. Allerdings weisen sie darauf hin, dass der Schwung durch nachgeholten Konsum im Nachklang der Coronapandemie aufgebraucht ist. Dementsprechend geringer dürften die Wachstumsraten 2024/2025 ausfallen. 

    Dennoch sorgt die gute Binnenkonjunktur für eine weiterhin gute Fahrzeugnachfrage in Indien. Der Fokus der Regierung auf Infrastrukturinvestitionen könnte ebenfalls belebend wirken, da er die Nachfrage nach Lkw weiter stützt.  

    Mittelfristig wird die Fahrzeugflotte deutlich größer. Laut Branchenangaben gibt es derzeit 340 Millionen Fahrzeuge im Land. Bis 2028 sollen es jährlich 8 Prozent mehr werden.

    Fahrzeugbestand in Indien in Millionen Stück

    Kategorie

    2023

    2028*)

    Zweiräder

    257

    365

    Pkw

    47

    72

    Lkw und Busse

    13

    19

    Traktoren

    14

    19

    * Prognosen.Quelle: Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA) 2024

    Hersteller investieren in neue Fertigung

    Das Industriekonglomerat JSW steigt groß ins Automobilgeschäft ein. Ende 2023 kaufte sich das Unternehmen einen 35 Prozent-Anteil an MG Motor India. Anfang 2024 folgte die Ankündigung, groß im Bereich Elektromobilität zu investieren. Umgerechnet 4,8 Milliarden US-Dollar (US$) sollen in den Bau zweier Werke in Odisha fließen. Neben einem Werk für E-Fahrzeuge soll auch eine Batteriefertigung mit einer Kapazität von 50 Gigawattstunden entstehen. Zudem ist eine Kupferschmelze und eine Lithiumraffinerie geplant. 

    Maruti Suzuki investiert ebenfalls kräftig. Mit 4,2 Milliarden US$ will die Firma ein neues Werk im Bundesstaat Gujarat errichten. Zudem soll mit dem Geld die bereits dort vorhandene Fabrik um eine 4. Produktionslinie erweitert werden. Damit dürften die Produktionskapazitäten von rund 750.000 Einheiten jährlich auf geschätzt 2 Millionen Einheiten wachsen. Die Erweiterung der bestehenden Anlage soll bis Frühjahr 2027 abgeschlossen sein. Die Finalisierung des Fabrikneubaus ist für Frühjahr 2029 eingeplant. Insgesamt strebt Maruti Suzuki eine Produktionskapazität von 4 Millionen Pkw bis 2031 an. 

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Indien

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. US$)*)

    Projektstand

    Anmerkungen

    Zwei Fertigungen im Bereich Elektromobilität durch JSW in Odisha

    4.804

    Absichtserklärung unterzeichnetRund 3 Milliarden US$ sollen in die Herstellung von E-Fahrzeugen und Batterien fließen. Die restlichen 1,8 Milliarden US$ gehen in den Bau einer Fabrik für Komponenten im Bereich Elektromobilität
    Bau eines neuen und Erweiterung eines bestehenden Werkes durch Maruti Suzuki4.202AngekündigtEs handelt sich um das 2. Werk von Maruti Suzuki in Gujarat
    Umbau und Erneuerung eines alten Werkes durch Hyundai Motors India721Absichtserklärung unterzeichnetEs handelt sich um das alte Werk von General Motors in Talegaon nahe Pune
    Bau eines Werkes durch Toyota Kirloskar Motor396Inbetriebnahme geplant für 2026Es ist das 3. Werk am Standort Bidadi nahe Bengaluru
    Bau von zwei Fabriken für Elektrofahrzeuge durch Omega Seiki Mobility200AngekündigtWahrscheinlicher Standort der Fabriken wird in Südindien sein
    Investitionen von Mahindra & Mahindra in das Zweiradgeschäft150AngekündigtInvestitionen unter der Dachmarke Classic Legends, zu der Mahindras Beteiligung an den Marken Java, Yezdi und BSA gehört
    Bau von zwei Fabriken für Komponenten im Bereich Elektromobilität durch Omega Seiki Mobility96AngekündigtUnter anderem sollen Batterien und Antriebsstränge gefertigt werden
    Durchschnittlicher monatlicher Wechselkurs für Dezember 2023 laut Bundesbank 1 US$ = 83,27 indische Rupien.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Toyota investiert fast 400 Millionen US$ in eine weitere Fabrik in der Nähe von Bengaluru. Dem Vernehmen nach ist eine Kapazität von 100.000 Fahrzeugen pro Jahr angepeilt. Die Anlage Toyotas dritte in der Region soll ab 2026 in Betrieb gehen. 

    Hyundai steckt ebenfalls Geld in die Fertigung in Indien. Nachdem die Koreaner das ehemalige Werk von General Motors in der Nähe von Pune erworben haben, wurden nun Pläne für die weitere Entwicklung des Standortes bekannt. Demnach will Hyundai 721 Millionen US$ in die Anlage stecken. Älteren Meldungen zufolge sollen bereits 2025 erste SUV-Modelle vom Band laufen. 

    Weiterhin viel Aufmerksamkeit erregen mögliche Investitionen von Tesla in Indien. Die Regierung umwirbt das Unternehmen offen und hofft auf eine Gigafabrik. Elon Musk drängt aber zunächst auf Senkung der hohen Einfuhrzölle für elektrische Pkw, um die Nachfrage vor Ort realistisch testen zu können. Lokale Automobilproduzenten positionieren sich jedoch gegen niedrigere Einfuhrzölle. Momentan ist unklar, wie sich die Lage entwickeln wird.   

    Zulieferer sind optimistisch

    Nach einem erfolgreichen Jahr 2022/2023 mit Umsätzen in Höhe von fast 70 Milliarden US$ blicken die Automobilzulieferer optimistisch in die Zukunft. Die Umsätze im 1. Halbjahr des laufenden Finanzjahres 2023/2024 deuten darauf hin, dass ein noch besseres Ergebnis erzielt werden wird. Die zunehmende Kundennachfrage nach margenstärkeren Kfz hilft den Zulieferern genauso wie ein steigendes Geschäft mit Ersatzteilen, denn auch der Gebrauchtwagenmarkt wächst. 

    Umsätze in der Kfz-Zulieferindustrie in Indien in Milliarden US-Dollar, Veränderung in Prozent
    Kategorie

    Wert

    Veränderung zum Vorjahr

    Branchenumsatz 2022/2023

    69,7

    23,2

      Lieferungen an Hersteller (Original Equipment Manufacturers; OEM)

    59,3

    39,5

      Importe

    20,3

    10,9

      Exporte

    20,1

    5,2

      Verschleiß-, Reparatur-, Zubehör- und Tuningteile (Aftermarket)

    10,6

    6,6

    Branchenumsatz 1. Halbjahr 2023/2024

    36,1

    6,5

      Lieferungen an Hersteller (Original Equipment Manufacturers; OEM)

    30,8

    7,7

      Importe

    10,6

    3,6

      Exporte

    10,4

    2,7

      Verschleiß-, Reparatur-, Zubehör- und Tuningteile (Aftermarket)

    5,5

    1,7

    Finanzjahr vom 1. April bis 31. März.Quelle: Automotive Component Manufacturers Association (ACMA) 2024

    Wenngleich die Umsätze der heimischen Zulieferer weiter zunehmen, ist Indien nach wie vor auf Importe angewiesen, um die Nachfrage zu decken. Sowohl 2022 als auch im Folgejahr bis einschließlich November 2023 legten diese insgesamt deutlich zu. Lediglich Kfz-Elektrik bildete im Jahr 2022 eine Ausnahme, Motoren zeigten im Jahr 2023 ein Ausreißer nach unten. Nach Angaben des Branchenverbandes der Zulieferindustrie spielen Einfuhren aus anderen asiatischen Ländern eine deutlich größere Rolle als Importe aus Europa.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Indien von Januar bis November 2023 in Millionen US-Dollar; Veränderung zum Vorjahreszeitraum in Prozent
    HS-Kategorie

    Jan.-Nov. 2023

    Veränderung

    aus Deutschland Jan.-Nov. 2023

    HS 8511, 8512 Kfz-Elektrik

    766,9

    2,7

    52,7

    HS 8706, 8707, 8708 Karosserien, Stoßstangen etc.

    5.622,3

    10,8

    849,4

    HS 8544.30 Zündkabelsätze

    115,5

    18,4

    12,9

    HS 8407.31-34, 8408.20 Motoren

    514,1

    -12,6

    19,2

    HS 8483.40 Getriebe und Getriebeteile

    550,9

    9,4

    83,5

    Summe

    7.569,7

    8,0

    1.017,7

    Bei den Angabe für 2023 handelt es sich um vorläufige Werte.Quelle: Indian Department of Commerce 2024

    (Stand: Februar 2024)

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • E-Mobility

    Die Anzahl an Elektrofahrzeugen in Indien nimmt zu. Die Zulassungszahlen wachsen in einigen Fahrzeugklassen deutlich stärker als in anderen.

    Indien hat sich vorgenommen, bis 2070 klimaneutral zu werden. Ein Baustein auf dem Weg dorthin ist die Mitgliedschaft in der "EV30@30-Initiative". Die teilnehmenden Nationen streben bis zum Jahr 2030 einen Elektrofahrzeuganteil bei Neuzulassungen von 30 Prozent an. 

    Es gibt jedoch noch andere Regierungsziele, nach denen der Anteil der elektrischen Fahrzeuge bis 2030 für Pkw auf 30 Prozent, für Lkw und Busse auf 70 Prozent und für Zwei- sowie Dreiräder auf 80 Prozent steigen soll. Nicht für alle Fahrzeugkategorien wird dieses Ziel einfach zu erreichen sein. Der Anteil von Elektrofahrzeugen aller Kategorien an den gesamten Neuzulassungen lag 2023 bei 6,4 Prozent. In der Gruppe der Pkw lag der entsprechende Anteil lediglich bei 1,7 Prozent.

    E-Mobilität ist besonders in Städten von Bedeutung

    Während Elektromobilität im ländlichen Raum und in kleineren Städten noch eine untergeordnete Rolle spielt, gewinnt sie in urbanen Zentren an Bedeutung. Zunehmend beschleunigen Elektrobusse die Verkehrswende. Zudem sind häufiger elektrisch angetriebene Rikschas anzutreffen, die den Transport von Personen und Gütern auf der "Letzten Meile" elektrifizieren. Elektrische Roller (E-Scooter) sorgen zudem dafür, dass Elektromobilität auch beim Einstieg in den Individualverkehr oder als Mobilitätslösung für die Kurzstrecke Verbreitung findet. 

    Die Zulassungszahlen in allen E-Fahrzeugkategorien legten 2023 um 49 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Während die Zunahme für Pkw 119 Prozent betrug, lag sie für Zweiräder bei 36 Prozent. 

    Bei elektrischen Pkw, Rollern und auch Bussen haben heimische Hersteller eine starke Marktstellung. Ihnen ist es gelungen, robuste Modelle zu entwickeln, welche die Kunden ansprechen und im preissensiblen indischen Markt bestehen. Bei den Busproduzenten oder auch den Zweiradherstellern handelt es sich zum Teil sogar um Unternehmen, die erst wenige Jahre alt sind. 

    Prognosen für die zukünftige Marktdurchdringung sind mit Vorsicht zu genießen, auch weil unklar ist, welche Förderung zukünftig erfolgen wird. Oft genannt wird ein Marktanteil von Elektrofahrzeugen im Umfang von 40 Prozent im Jahr 2030, bei einem Verkauf von 10 Millionen E-Fahrzeugen. 

    Prognostizierte Marktdurchdringung von elektrischen Fahrzeugen in Indien in Prozent
    Fahrzeugart

    Marktdurchdringung 2025

    Marktdurchdringung 2030

    Zweiräder

    26

    75

    Dreirädrige Kfz*)

    48

    90

    Kommerziell genutzte Pkw

    2

    15

    Busse

    8

    37

    * umfasst Autorikschas.Quelle: KPMG 2023

    Zugleich soll die Wertschöpfung im Bereich E-Mobilität 2030 bei 100 Milliarden US-Dollar (ohne Batterien) liegen. Dies kann sich jedoch deutlich ändern, denn Indien hat in der Region Kaschmir Lithiumreserven im Umfang von 5,9 Millionen Tonnen entdeckt. Erste Auktionen zur kommerziellen Nutzung fanden Ende 2023 statt. Ein Teil der Rohstoffe dürfte sicherlich den Weg in eine heimische Batterieproduktion finden.      

    Neue Förderung für Elektromobilität steht aus

    Im März 2024 läuft die 2. Phase des Programms "Faster Adoption and Manufacturing of Electric Vehicles" (FAME II) aus. Dabei handelt es sich um eine breit angelegte Förderung der Zentralregierung für E-Fahrzeuge. Zuschüsse zum Kaufpreis machten die Elektrofahrzeuge für Kunden erschwinglicher vom Bus bis zum Roller. Bis Anfang Februar 2024 wurde dadurch der Kauf von mehr als 1,3 Millionen Fahrzeugen unterstützt 88 Prozent davon sind elektrische Zweiräder.

    Derzeit gibt es lediglich Spekulationen, wie die weitere Förderung in Form von FAME III gestaltet werden kann, welchen Umfang und welche Laufzeit die neue Subvention haben wird. Von einem Fokus auf Elektrobusse bis hin zu einer an lokale Mindestwertschöpfung gebundene Förderung kursieren zahlreiche Prognosen. Anders als von vielen Beobachtern erwartet wurden im Rahmen der Vorstellung des Zwischenhaushaltes am 1. Februar 2024 keine weiteren Details bekannt. Eher allgemein sprach die indische Finanzministerin zu diesem Anlass nur von einem Ausbau der Ladeinfrastruktur und staatliche Garantien beim Kauf von Bussen.    

    Auch zahlreiche Regionen fördern die Elektromobilität. Subventionen gibt es sowohl für Verbraucher als auch für Hersteller. Zusätzlich zu diesen staatlichen Unterstützungen kommen verstärkte Bemühungen von Stadtverwaltungen, die Busflotten zu elektrifizieren. Auch dies unterstützen Zentralregierung sowie manche Bundesstaaten und bisweilen sogar internationale Geber. 

    Mehr Ladestation sind notwendig

    Ein Hindernis auf dem Weg zur Elektrifizierung des Verkehrs ist die unzureichende Ladeinfrastruktur. Die Denkfabrik OMI Foundation beziffert die Anzahl der öffentlichen Ladestationen für Ende Dezember 2023 auf 10.185 Stück. Mit 3.075 Einheiten soll es die meisten Stationen in Maharashtra geben, gefolgt von New Delhi mit 1.886 Ladesäulen. 

    Um die Elektrifizierungsziele zu erreichen, sind deutlich mehr Lademöglichkeiten notwendig. Laut Regierungsangaben benötigen allein die neun bevölkerungsreichsten Städte des Landes bis 2030 gut 18.000 öffentliche Stromladesäulen. Der Industrieverband Confederation of Indian Industry geht sogar davon aus, dass bis 2030 indienweit 1,32 Millionen Ladesäulen benötigt werden. Um das Ziel zu erreichen, müssten jährlich durchschnittlich 400.000 Ladesäulen errichten werden.   

    (Stand: Februar 2024)

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • Rahmenbedingungen

    Indische Einfuhrregelungen können komplex sein und sollten vorab genau geprüft werden. Es gibt verschiedene Anlaufstellen. Auch die Steuersätze unterscheiden sich.

    Hohe Importzölle bei Kfz und Kfz-Teilen

    Der Handel mit Kfz und Kfz-Teilen ist immer wieder einer der Streitpunkte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU. Indien möchte die heimische Industrie schützen und strebt mit der "Aatmanirbhar Bharat" genannten Wirtschaftsstrategie eine Verringerung von Importen an. 

    Der Einfuhrregelzollsatz (MFN - WTO Meistbegünstigung) für komplette neue Pkw (HS 8703) beträgt je nach Hubraum und Wert des Fahrzeugs 70 Prozent oder 100 Prozent. Vertreter der deutschen Automobilindustrie fordern hier seit einiger Zeit einen einheitlichen und niedrigeren Satz. Bei Gebrauchtwagen liegt der Zollsatz bei 125 Prozent und für komplette Nutzfahrzeuge beträgt er 40 Prozent. Für zerlegte Nutz- und Personenkraftwagen für die Industriemontage gelten je nach Zerlegungsgrad (semi knocked down oder completely knocked down) Zollbegünstigungen. Kfz-Teile (HS 8708) sind mit einem Einfuhrzollsatz von 15 Prozent belegt. 

    Nichttarifäre Handelshemmnisse sind ein Problem

    Neben den Zöllen berichten Branchenvertreter vermehrt über andere Formen der Handelsbeschränkungen. Insbesondere Zertifizierungen stellen ein Problem dar. Oft werden dabei international anerkannte Standards leicht abgeändert. Für die so neu geschaffenen Standards (lokal auch als Quality Control Orders bezeichnet) werden Zertifizierungen durch das Bureau of Indian Standards benötigt, um die Produkte einführen und verarbeiten zu können. Deutsche Unternehmensvertreter beklagen, dass die Übergangsfristen zu neuen Standards oft sehr kurz sind und es nicht immer möglich ist, die aus Deutschland eingeführten Produkte zügig unter den neuen Standards zertifizieren zu können.  

    Steuersätze für Fahrzeuge unterscheiden sich

    Kfz mit Verbrennungsmotor unterliegen dem aktuell höchsten Steuersatz der Umsatzsteuer "Integrated Goods and Services Tax" (IGST; oft nur GST) von 28 Prozent. Zudem wird momentan eine Ausgleichsabgabe (GST Compensation Cess) in Höhe von 1 bis 22 Prozent erhoben, abhängig von Länge, Motorentyp und Hubraum der Fahrzeuge. Für Elektroautos beträgt die Umsatzsteuer lediglich 5 Prozent und die Compensation Cess entfällt. 

    In indischen Medien wird momentan über mögliche Steuersenkungen für Fahrzeuge mit Hybridantrieb spekuliert. Rein indische Hersteller wie Tata Motors oder auch Mahindra konzentrieren sich eher auf eine Elektrifizierung der Fahrzeugflotte. Fahrzeugproduzenten wie Maruti Suzuki und Toyota scheinen jedoch zugunsten steuerlicher Vergünstigungen für Hybridantriebe zu argumentieren. Sie haben Zugang zu entsprechender Technologie aus Japan, welche in diesem Bereich eine Führungsrolle einnimmt. Daher würden sie besonders von niedrigeren Steuern profitieren. Derzeit ist unklar, ob die Regierung den Wünschen nach Steuersenkungen nachkommt. 

    Besteuerung von Pkw in Indien in Prozent

    Kategorie

    Steuersatz GST

    Steuersatz Compensation Cess

    Gesamtbesteuerung

    Pkw (Benzin, Erdgas, Flüssigerdgas); kleiner als 4 Meter Länge, Hubraum kleiner als 1.200 Kubikzentimeter

    28

    1

    29

    Pkw (Diesel); kleiner als 4 Meter Länge, Hubraum kleiner als 1.500 Kubikzentimeter

    28

    3

    31

    Pkw (Hybrid); größer als 4 Meter Länge, Hubraum ab 1.501 Kubikzentimeter

    28

    15

    43

    Pkw; größer als 4 Meter Länge, Hubraum kleiner als 1.501 Kubikzentimeter

    28

    17

    45

    Pkw; größer als 4 Meter Länge, Hubraum ab 1.501 Kubikzentimeter

    28

    20

    48

    Pkw; größer als 4 Meter Länge, Hubraum ab 1.501 Kubikzentimeter, mehr als 169 Millimeter Bodenfreiheit

    28

    22

    50

    Elektroautos

    5

    0

    5

    Quelle: Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM) 2024

    Informationen zu den Einfuhrabgaben sind bei der indischen Zentralverwaltung für indirekte Steuern und Zölle abrufbar. Die Vorschriften zur Einfuhr und das Inverkehrbringen von Kfz sind im Kapitel 87 der indischen Einfuhrliste (Anhang 1, Import, zur ITC (HS) Classifications of Export Import Items) festgeschrieben. Diese können beim indischen Generaldirektorat für Außenhandel abgerufen werden.

    Darüber hinaus stellt GTAI ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Tipps für den Markteinstieg

    • Branchencluster beachten. Zentren sind die Regionen um Pune, Chennai, Bengaluru und New Delhi.
    • Die Preissensivität ist hoch. Preise sollten nicht nur durch den Hinweis auf die Produktqualität, sondern auch mit Dienstleistungen (z.B. Ersatzteilversorgung) begründet werden.
    • Sorgfältig ausgewählte, lokale Partner sind hilfreich, insbesondere beim Vertrieb.

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Indien (Deutsch-Indische Handelskammer)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Road Transport and Highways

    Bundesministerium für Straßentransport und Autobahnen, beispielsweise zuständig für Gesetzgebung und Besteuerung im Automobilbereich
    Society of Indian Automobile Manufacturers (SIAM)Verband der Automobilhersteller
    Automotive Component Manufacturers Association of India (ACMA)Verband der Kfz-Zulieferer
    Automotive Research Association of India (ARAI)Automobilforschungsverband, zuständig für Zertifizierungsfragen
    Federation of Automobile Dealers Associations (FADA)Verband der Automobilhändler
    Society of Manufacturers of Electric Vehicles (SMEV)Verband der E-Mobilhersteller
    Auto Components IndiaFachzeitschrift
    Auto Guide IndiaFachzeitschrift
    Autocar ProfessionalFachzeitschrift
    Auto Expo ComponentsFachmesse 
    Auto ExpoFachmesse (Voraussichtlich im Januar 2025 in New Delhi)
    Automotive Testing ExpoFachmesse (Voraussichtlich April 2025 in Chennai)
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