Indiens Automobilindustrie wächst weiter

Die gute Konjunktur in Indien stärkt auch die Automobilindustrie. Im 1. Quartal des laufenden Finanzjahres 2024/2025 (1. April bis 31. März) nahm die Fahrzeugproduktion in Indien erneut zu. Experten sprechen zwar von abkühlendem Wachstum, dennoch sind die Zuwachsraten beachtlich.

Indien wird rund 5 Millionen Pkw produzieren

Linear hochgerechnet auf das gesamte Finanzjahr ergibt sich eine Produktion von knapp über 4,8 Millionen Pkw. Traditionell sind jedoch besonders das 3. und 4. Quartal stärker als der Anfang des Finanzjahres, sodass eine Produktion von 5 Millionen Pkw möglich ist. Im vergangenen Finanzjahr 2023/2024 wurden die Marke knapp verfehlt. 

Prognosen des Datenportals Centre for Monitoring the Indian Economy (CMIE) zufolge soll die gesamte Fahrzeugproduktion 2024/2025 moderat zulegen. Das dürfte einen mittleren einstelligen Prozentbetrag beim Wachstum bedeuten. 

Allerdings wird das Wachstum sich nicht gleichmäßig über die Branche verteilen. So geht CMIE beispielsweise davon aus, dass die indischen Zweiradhersteller im laufenden Finanzjahr 8,1 Prozent mehr verkaufen werden und ihre Produktion entsprechend zulegt. Die robuste Nachfrage aus urbanen Zentren sowie ein gestiegener Bedarf aus ländlichen Regionen dienen den Analysten als Begründung für die Prognose. Die Ratingagentur ICRA sieht die Pkw-Produktion im Bereich von 3 bis 6 Prozent gegenüber den Vorjahr wachsen.  

Besonders die beiden letzten Finanzjahre brachten hohe Zuwachsraten bei Absatz und Produktion von Kfz. Nun kühlt sich das Wachstum leicht ab, nachdem der aufgestaute Konsum nach der Coronapandemie weitgehend nachgeholt wurde. 

Deutsche Premiumhersteller verzeichnen Absatzplus

Obere Einkommensgruppen investieren in Pkw der Ober- und Luxusklasse. So waren die ersten sechs Monate 2024 das bisher beste Halbjahr für Mercedes-Benz in Indien. Die Stuttgarter konnten 9.262 Pkw absetzen (8,6 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Damit lagen sie vor den Wettbewerbern BMW (inklusive Mini: 7.098 Fahrzeuge; Plus 21 Prozent) und Audi (2.477 Fahrzeuge; Minus 28,7 Prozent). 

Insgesamt wuchs der Absatz der Oberklassehersteller im 1. Halbjahr 2024 um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das 2. Halbjahr erwarten Experten eine leicht stärkere Zunahme. 

Elektroautofabriken werden gefördert

Im März 2024 gab Indiens Regierung den Start eines neuen Förderprogramms für Elektromobilität bekannt. Das vom Ministry of Heavy Industries verwaltete "Electric Mobility Promotion Scheme" soll Investoren für den Bau von elektrischen Pkw in Indien anziehen. 

Unternehmen verpflichten sich, mindestens 500 Millionen US-Dollar (US$) in eine neue Fertigung vor Ort zu investieren. Innerhalb von drei Jahren nach der Genehmigung der Investition soll die Produktion mit einer lokalen Wertschöpfung von mindestens 25 Prozent starten. Nach weiteren zwei Jahren soll dieser Wert mindestens 50 Prozent betragen. Im Gegenzug für die Investition erhalten Unternehmen Zollvergünstigungen bei der Einfuhr elektrischer Pkw. Anstatt 70 oder gar 100 Prozent Zollgebühren fallen für die Einfuhr von bis zu 8.000 Elektroautos jährlich nur noch 15 Prozent an. Die Einfuhrvergünstigungen sind ebenfalls auf fünf Jahre begrenzt und beziehen sich auf CKD-Fahrzeuge (Completely Knocked Down).

Experten sehen die Subventionsgestaltung als Werben um Tesla. Lange hatte der Konzern Zugeständnisse beim Zoll gefordert, um den Markt testen zu können. Zuletzt hatte sich das Interesse der Amerikaner aber merklich abgekühlt, sehr zum Verdruss der indischen Seite. Nun machen sich andere Hersteller hochpreisiger Elektrofahrzeuge Hoffnung, von der Förderung profitieren zu können. Zahlreiche der bereits investierenden Firmen versuchen, eine Aufweichung der Investitionsregelungen zu erlangen. Sie möchten, dass auch bereits getätigte Investitionen anerkannt werden, um die zollreduzierten Importe tätigen zu dürfen.    

Neue Regeln für Ladestationen werden vorbereitet

Laut dem nationalen Zulassungsverzeichnis Vahan wurden 2023/2024 knapp 1,7 Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen – eine Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Finanzjahr zuvor. Erneut dominierten elektrische Zweiräder mit einem Anteil von 56 Prozent. Dreiräder, darunter zählen E-Rikschas, machten 38 Prozent aus. Auf elektrische Pkw entfielen circa 5 Prozent der Neuzulassungen.

Eine großflächige und zuverlässige Ladeinfrastruktur für die E-Fahrzeuge zu schaffen, bleibt weiterhin eine Herausforderung. Laut dem Bureau of Energy Efficiency gab es im Juli 2024 erst 23.731 Ladestation in Indien. Derzeit befinden sich neue Richtlinien in der Abstimmungsphase. Diese werden unter anderem die Aspekte rund um Aufstellung und Betrieb von Ladestationen in Indien regeln.

Zulieferindustrie investiert Milliarden

Laut Schätzungen der Rating- und Analyseagentur ICRA sollen die Unternehmensumsätze der Kfz-Zulieferindustrie im Finanzjahr 2024/2025 um 5 bis 7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen. ICRA prognostiziert, dass die Zulieferindustrie im Finanzjahr 2024/2025 zwischen 2,4 Milliarden und 3 Milliarden US$ investieren wird. Das Geld fließt beispielsweise in die Elektromobilität. 

Mehr Importe von Kfz-Teilen aus Deutschland

Indien importierte im Jahr 2023 Kfz-Teile im Wert von 8,3 Milliarden US$, rund 10 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Importe aus Deutschland legten ähnlich stark zu und erreichten 988 Millionen US$.